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Der Schubladenhasser

2. Juni 2009

Der Musiker Rummelsnuff hat als Berliner Clubliebling angefangen. Jetzt bringt er bald seine zweite Platte raus. Und ist für die Mehrheit der Musiknation immer noch ein Phänomen.

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Porträt des Musikers Rummelsnuff
Bild: Marlis Schaum

Der Name klingt ja irgendwie niedlich. "Rummelsnuff". Ein bisschen nach Kirmes und Stofftier. Abseits der Bühne passt das, dann ist Rummelsnuff fast schüchtern, aber auf der Bühne wirkt er martialisch, wiegt seinen Schrankoberkörper hin und her, lässt die Melonen-Bizeps zucken. Seine Stimme lässt die Speiseröhre zittern und die Elektrobeats wummern bis in die Leber. Der Mann, der eigentlich Roger Baptist heißt, 42 Jahre alt ist und in Großenhain in Sachsen aufwuchs, wird im persönlichen Gespräch aber erst dann ungehalten, wenn man ihn fragt, was das denn für Musik sei, die er da mache.

Der Musiker Rummelsnuff bei einem Konzert in Köln
Körper her!Bild: Marlis Schaum

"Naja, man muss ja für alles Schubladen finden, nicht wahr?", brummt er dann, "Der Einfachheit halber hat sich der Rummelkäpt’n für den Begriff derbe Strommusik entschieden. Gelegentlich nennt er es auch Elektropunk, Gassenhauer." Der Nachteil von Schubladen sei, dass man damit automatisch so viel anderes ausschließe und bei Rummelsnuff gebe es eigentlich alles, auch Gitarrenrock, Balladen und destruktive Electronic Body Music. Dann blinzelt er herausfordernd unter dem kahlen Kopf hervor. Und wartet auf die unvermeidliche Frage nach seinem gestählten Körper, mindestens 110 Kilo bei einer Größe von 1,75 Meter.

Zuckmuskeln und Augenzwinkern

"Ich habe immer schon viel Sport gemacht, aber so um 1999 rum, hatte ich halt eine musikalische Pause und da habe ich sehr viel Kraftsport gemacht, klassischen Kraftsport, Gewichte stemmen und so", sagt er. Er fing Feuer, legte ordentlich Muskeln an, hat ein-, zweimal am Tag trainiert, nebenher selbst als Trainer gearbeitet und "den Kopf abgeschaltet". Heute sind die Muskeln eines seiner Markenzeichen, auf der Bühne lässt er die Brust rhythmisch zucken, man muss schon extrem kritisch sein, um darin mehr zu sehen als ein Augenzwinkern.

Der Musiker Rummelsnuff posiert
Posen fürs ImageBild: Marlis Schaum

"Klar gab es auch welche, die aus Glatze und Ostherkunft und Körperkult sofort die rechte Nummer heraufbeschworen haben. Genauer hingucken, kann ich da nur sagen, genauer hinhören, vielleicht auch mal mit mir sprechen, gerne ausführlicher." Aber diese Töne seien weniger geworden. Vielleicht, weil jemand mal einen Blick ins Publikum geworfen hat. Da tanzen Schwule begeistert neben zierlichen Metalpogern, Trendmädchen zappeln neben ihren Jurastudenten und den Mitgliedern der "Proletarischen Jugend" aus Duisburg. Männer sind allerdings in der Mehrheit.

Popeye und neue Zärtlichkeit

"Inzwischen hat sich da aber vielleicht so etwas Zärtliches in die Musik eingeschlichen, unbemerkt, das mir anfangs nicht aufgefallen ist, das jetzt da ist", sagt Rummelsnuff, "denn mittlerweile fühlen sich auch Frauen angesprochen." Seine Mutter findet das, was er macht allerdings immer noch ein bisschen absonderlich. "Sie freut sich aber, dass es beachtet wird." Seine Platten erscheinen allerdings bis jetzt nur in einer 2000-er Auflage. Das ist wenig, für sein Indielabel "Zickzack" aber viel.

Portr�des Musikers Rummelsnuff
Naja, den Ausdruck mag er halt gerne...Bild: Marlis Schaum

Rummelsnuff scheint das egal zu sein. Es gehe ihm um den Spaß an der Musik, immer schon, sagt er. Erfahrung mit diversen Bands hat er genug, nie die ganz großen, aber immer experimentell, immer anders als die anderen. Da können ihm Kritiker noch so viele Etiketten wie "Käpt’n Raubein" oder "Popeye trifft Hans Albers" aufkleben. Die Kapitänsmütze trägt er gerne, weil er meint, dass sie ihm steht, aber zur See gefahren ist er nie. "Richtig im Zeitgeist liege ich nicht, aber wenn es so bleibt, wie es jetzt ist, habe ich eine gute Position von der aus ich weiter arbeiten kann." Also kein Exot, der bald wieder weg ist vom Fenster? "Ich bin doch noch gar nicht am Fenster! Was lange währt, bleibt endlich länger am Fenster, oder nicht?"

Autorin: Marlis Schaum

Redaktion: Dеnnis Stutе