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Rumänien: Eskalation im Streit zwischen Präsident und Regierungschef

15. März 2007

In Rumänien wird ein Bruch der Regierungskoalition immer wahrscheinlicher. Nun wurden auch die Wahlen zum Europaparlament verschoben. Kurz nach dem EU-Beitritt riskieren die Politiker in Bukarest Sanktionen aus Brüssel.

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Präsident Traian BasescuBild: AP Photo

Der Machtkampf zwischen dem rumänischen Staatschef Traian Basescu und Premierminister Calin Popescu-Tariceanu hat einen neuen Höhepunkt erreicht. Per Eilverordnung der Regierung wurden am Montag (12.03.2007) die für Mitte Mai geplanten Wahlen zum Europaparlament verschoben. Auf Vorschlag des liberalen Ministerpräsidenten Tariceanu stimmte eine Mehrheit des Kabinetts für die Verlegung der Wahlen auf den Herbst. Als Grund dafür wurde offiziell die angespannte innenpolitische Lage angegeben.

Neue politische Mehrheiten in Bukarest?

Präsident Basescu übte umgehend scharfe Kritik an dem Beschluss. Er sieht darin einen neuen Beweis dafür, dass Tariceanu das Spiel der Opposition mache. Es sei offensichtlich, dass in Rumänien eine neue politische Mehrheit die Macht an sich reißen wolle, erklärte Basescu. Er meinte damit den offensichtlichen Schulterschluss der regierenden Liberalen mit der Opposition aus Sozialdemokraten, der nationalistischen Partei Großrumänien und der Konservativen Partei. Gegen den Beschluss stimmten nur die Minister der mitregierenden Demokratischen Partei, die dem Präsidenten nahe stehen, sowie die unabhängige Justizministerin Monica Macovei.

Deutsche Abgeordnete warnt

Dieser Streit stand denn auch im Mittelpunkt des Bukarest-Besuches von Susanne Kastner, Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages und Vorsitzende der deutsch-rumänischen Parlamentariergruppe. Zur aktuellen politischen Lage in Rumänien erklärte sie: "Den politischen Emotionen muss jetzt die Weisheit entgegenkommen, damit Rumänien und die Rumänen nicht die für den Aufbau des Landes nötige EU-Finanzierung verlieren", warnte Frau Kastner. Hintergrund dieser Aussage ist die mögliche Aktivierung von Schutzklauseln durch die Europäische Kommission, wenn Rumänien die begonnen Reformen – vor allem im Justizwesen – nicht konsequent fortführt. Sollten derartige Klauseln in Kraft gesetzt werden, könnten die EU-Finanzhilfen, die sich bis 2013 auf rund 30 Milliarden Euro belaufen, gekürzt werden.

Zerbricht die Koalition?

Nach den monatelangen innenpolitischen Querelen wird ein Bruch der Allianz zwischen Liberalen und Demokraten immer wahrscheinlicher. Es gibt immer mehr Anzeichen dafür, dass Tariceanu eine liberale Minderheitsregierung anführen will, die von der Unterstützung der Sozialdemokraten im Parlament – und damit de facto von einer "mitregierenden Opposition" – abhängen würde. Seinen erfolgreichen Außenminister Mihai-Razvan Ungureanu hat der Premier bereits abgesetzt. Grund dafür war die Unterstützung Ungureanus für die Position des Staatspräsidenten in der Frage des Truppenabzugs aus dem Irak – Basescu wollte die Verpflichtungen seines Landes respektieren, Tariceanu hatte den Abzug gefordert.

Darüber hinaus läuft ein Amtsenthebungs-Verfahren gegen Basescu im rumänischen Parlament. Oppositon und die mitregierenden Liberalen setzten eine Kommission ein, um Vorwürfe gegen den Präsidenten wegen angeblich verfassungswidrigen Verhaltens zu untersuchen. Ihre Ergebnisse soll die Kommission am 21. März vorlegen.

In Bukarest wartet man auf den nächsten Schritt des Ministerpräsidenten: Die Absetzung der reform-orientierten Justizministerin Macovei, die entscheidend zum EU-Beitritt ihres Landes beigetragen hat. Unterstützt wird sie nur noch von der Demokratischen Partei und Basescu selbst. Die anderen Parteien sind gegen sie, weil Macovei eine verstärkte Kontrolle des Vermögens aller Politiker gefordert hatte.

Robert Schwartz, Cristian Stefanescu
DW-RADIO/Rumänisch, 12./13.3.2007, Fokus Ost-Südost