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Ruhe bitte!

24. April 2002

Der alltägliche Lärm zerrt an den Nerven: 80 Prozent aller Deutschen fühlen sich regelmäßig gestört. Mit dem "Tag gegen Lärm" macht die Deutsche Gesellschaft für Akustik gegen die lästige Geräuschkulisse mobil.

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Bild: AP

Für den Kinderstar Ernie aus der Sesamstraße ist sein Quietsche-Entchen ein richtig guter Freund. Doch wahrscheinlich weiß Ernie gar nicht, dass Quietschtierchen das Gehör dauerhaft schädigen können. Direkt ans Ohr gehalten, ist die Ente so laut wie ein mittleres Rock-Konzert. "15 Prozent aller Deutschen sind inzwischen so schwerhörig, dass sie nicht mehr die normale Geräuschlandschaft wahrnehmen können", weiß der Sozio- und Psychoakustiker Leo Ensel von der Deutschen Gesellschaft für Akustik.

Lärm ist nicht unbedingt laut

Hahn
Bild: AP

Vom Philosophen Immanuel Kant ist überliefert, dass der einen Hahn aufkaufte und anschließend verspeiste, weil ihn der Vogel regelmäßig bei der Arbeit gestört hatte. Jeder kennt den leisen, tropfenden Wasserhahn, der einen zur Weißglut treiben kann. Geräusche werden dann als Lärm empfunden, wenn sie in irgendeiner Weise störend wirken, vermeidbar sind und als nicht sinnvoll wahrgenommen werden. Lärm als akustischer Abfall.

Lästig und / oder schädlich

Wissenschaftler der Arbeitsgruppe Hörforschung an der Universität Gießen unterscheiden dabei zwischen lästigem und hörschädigendem Lärm. Lästig könne beispielsweise das Geräusch eines Rasenmähers während der Mittagszeit oder laute Musik sein. Lästiger Lärm kann den Forschern zufolge zu Stress führen. Schlafstörungen, Lustlosigkeit oder auch Aggressivität sind die Folgen.

Bauarbeiter mit Preßlufthammer
Bild: APTN

Bei hörschädigendem Lärm kann das Ohr in Mitleidenschaft gezogen werden. Nach Angaben der Berufsgenossenschaften ist Lärmschwerhörigkeit die häufigste Berufskrankheit. Über drei Millionen Menschen seien Lärm am Arbeitsplatz ausgesetzt. Die Ursachen liegen den Berufsgenossenschaften zufolge zumeist in unzureichendem Lärmschutz in Betrieben der Metallbranche oder auf dem Bau. Die Behandlungskosten für Lärmschwerhörigkeit lägen bei 150 Millionen Euro im Jahr.

Freizeitlärm macht schwerhörig

Viele Jugendlichen in Deutschland werden nach Einschätzung des Schweriner Arztes Henning Wiegels im Alter von 40 Jahren im Durchschnitt so schlecht hören wie heutzutage die 60-Jährigen. Wichtige Ursache dafür sei der Freizeitlärm. Eine Lärmbelastung von mehr als 85 Dezibel, verteilt über einen Acht-Stunden-Tag, gilt als gehörschädigend. Zum Vergleich: In einer Disco wird diese Gesamtbelastung in zwei Stunden erreicht, ein voll aufgedrehter Walkman schafft das in vier Minuten.

Tanzfläche einer Discothek
Bild: AP

"Gehörschäden sind irreversibel und auch mit dem besten Hörgerät wird nicht mehr die volle Hörfähigkeit erreicht", mahnt HNO-Arzt Wiegels. Selbst Kinderspielzeug ist häufig der Auslöser für Schwerhörigkeit. Besonders bedenklich seien Knall-Pistolen. Der Schuss aus einer Spielzeug-Pistole ist mit 180 Dezibel so laut wie der aus einem echten Gewehr, haben Hörforscher der Universität Ulm herausgefunden. ap/(arn)