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Rugova liegt vorne

25. Oktober 2004

Sie sollte wegweisend sein, doch die Parlamentswahl im Kosovo wurde von den Serben weitgehend boykottiert. Präsident Rugova hat sich bereits zum Sieger erklärt.

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Auf dem Weg zur StimmenabgabeBild: AP

Überschattet von einem massiven Wahlboykott der serbischen Minderheit haben die Wähler im Kosovo am Samstag (23.10.2004) ein neues Parlament bestimmt. Der Chef der UN-Übergangsverwaltung, Sören Jessen-Petersen, warf serbischen Nationalisten in der Provinz vor, potenzielle Wähler eingeschüchtert und von der Stimmabgabe abgehalten zu haben. Auch die Regierung in Belgrad trage eine Mitschuld, da sie die Boykottaufrufe unterstützt habe.

Rugova sieht sich als Sieger

Wahlen in Kosovo Ibrahim Rugova
Ibrahim Rugova während des WahlkampfsBild: AP

Die Wahlkommission gab die Beteiligung mit 53 Prozent an. Unabhängigen Hochrechnungen zufolge siegte die Partei von Kosovo-Präsident Ibrahim Rugova klar, verfehlte aber die absolute Mehrheit. Präsident Rugova hat sich trotzdem bereits zum Sieger der Parlamentswahl erklärt. "Wir haben die Mehrheit errungen", sagte er am Sonntag in Pristina. Seine Partei, die Demokratische Liga Kosovos (LDK), habe bei Abstimmung am Vortag mehr als die Hälfte der Stimmen erreicht. Offizielle Ergebnisse wurden für Montag erwartet.

Serben bringen sich selbst um ihren Einfluss

Jessen-Petersen sagte am Wahlabend in Pristina: "Viele Serben haben sich zur Wahlenthaltung entschlossen, weil Druck auf sie ausgeübt wurde." Ohne diesen Druck hätte es mehr serbische Wähler gegeben. Der serbische Ministerpräsident Vojislav Kostunica und die serbisch-orthodoxe Kirche hatten den Boykottaufruf der Nationalistenführer im Kosovo unterstützt.

Durch ihren Wahlboykott hätten sich die serbisch-nationalistischen Kräfte selbst um ihre Einflussmöglichkeiten auf den zukünftigen Status der UN-verwalteten serbischen Provinz gebracht, sagte Jessen-Petersen. Nur diejenigen serbischen Politiker, die an der Wahl teilgenommen hätten, seien "legitimierte Vertreter" ihrer Volksgruppe und würden in den politischen Gestaltungsprozess eingebunden.

"Auf Anweisung des Westens gehandelt"

Serbenführer Milan Ivanovic warf den moderaten Serben, die sich an der Wahl im Kosovo beteiligt hatten, einen Angriff auf die "nationalen Interessen des serbischen Volkes" vor. "Sie haben auf Anweisung des Westens gehandelt", sagte Ivanovic in Kosovska Mitrovica. Seinen Angaben zufolge beteiligten sich nur 0,27 Prozent der wahlberechtigten Serben an der Abstimmung.

Unter UN-Verwaltung

Formal gehört die zu 90 Prozent von Albanern bewohnte Provinz zum Staatenverbund von Serbien und Montenegro, sie steht jedoch seit 1999 unter UN-Verwaltung. Seit dem Ende des NATO-geführten Kosovo-Kriegs 1999, der zum Abzug der serbischen Armee aus der Provinz führte, haben mehr als 200.000 Angehörige der serbischen Minderheit das Kosovo verlassen. Viele beklagten Diskriminierung durch die albanische Mehrheit. Die verbliebene serbische Minderheit wird auf 80.000 Angehörige geschätzt.

Mehr als 33 politische Gruppierungen und 30 Einzelkandidaten bewarben sich um die 120 Parlamentssitze, von denen zehn für Serben und zehn für andere Minderheiten reserviert waren. Um Ausschreitungen am Wahltag zu verhindern, verstärkte die NATO ihre Truppen im Kosovo, zusätzlich wurden alle Polizeikräfte mobilisiert. Überwacht wurde die Wahl von rund 12.000 in- und ausländischen Beobachtern.

Verhandlungen mit Volksvertretern ab 2005

Zwischenfälle während des Wahlgangs wurden nicht bekannt. Die Abstimmung im weiter von ethnischen Spannungen geprägten Kosovo galt als wegweisend für seinen künftigen Status als multiethnische Demokratie: Die albanische Mehrheit strebt die Unabhängigkeit an, die Serben wollen diese verhindern und stattdessen die Wiederherstellung der Souveränität der Republik Serbien. Die Wahl war seit Beginn der UN-Verwaltung die erste Abstimmung, die von den Provinzbehörden selbstständig organisiert wurde. Im Sommer 2005 sollen Gespräche zwischen Vertretern der albanischen Mehrheit und gewählten serbischen Volksvertretern über die Zukunft des Kosovo stattfinden. (kap)