Rostock erinnert an dunkles Kapitel
22. August 2012"So etwas darf nie wieder geschehen. Die Stadt entschuldigt sich bei allen Opfern der Anschläge", sagte die zweite Stellvertreterin des Oberbürgermeisters, Senatorin Liane Melzer. Die Tage im August 1992 gehörten zu "den dunkelsten in der jüngeren Geschichte unserer Stadt". Nach den Worten der SPD-Politikerin hat die in Mecklenburg-Vorpommern gelegene Hansestadt aus den Ereignissen gelernt. Vieles habe sich inzwischen geändert.
In einer gemeinsamen Erklärung aller in der Bürgerschaft vertretenen Fraktionen heißt es, der 20. Jahrestag der Ausschreitungen "mahnt uns, uns jeden Tag aufs neue - über alles Trennende im politischen Alltag hinweg - gemeinsam noch energischer einzusetzen" für eine weltoffene, pluralistische, tolerante und demokratische Gesellschaft.
Engagenment gegen Fremdenfeindlichkeit
Die Ausländerbeauftragte der Bundesregierung, CDU-Staatsministerin Maria Böhmer, rief zum konsequenten Einsatz gegen Hass, Gewalt und Fremdenfeindlichkeit auf. Polizei und Sicherheitsbehörden müssten unverzüglich einschreiten, wenn Menschen auch aufgrund ihrer Herkunft bedroht oder diskriminiert würden. "Offensichtliches Versagen wie in Rostock darf sich niemals wiederholen", betonte die Staatsministerin in Berlin.
Sie unterstrich, die Migranten in Deutschland müssten sich auf das Funktionieren des Rechtsstaates verlassen können. Dies sei auch vor dem Hintergrund der Verbrechen der rechtsextremen Terrorgruppe "Nationalsozialistischer Untergrund" von zentraler Bedeutung. Böhmer appellierte darüberhinaus an jeden Einzelnen zu reagieren, wenn er auf Intoleranz und Rassismus treffen sollte.
"Sonnenblumenhaus" brennt
Vom 22. bis zum 26. August 1992 gab es im Rostocker Stadtteil Lichtenhagen die schlimmsten fremdenfeindlichen Ausschreitungen der deutschen Nachkriegsgeschichte. Die im "Sonnenblumenhaus" untergebrachten Asylbewerber wurden von einem immer größer werdenden Mob belagert, ohne dass die Polizei zunächst einschritt.
Die überwiegend jugendlichen rechtsextremen Randalierer warfen Steine und Brandsätze, bis der Plattenbau in Flammen stand. Mehr als 100 Bewohner und ihre deutschen Helfer konnten sich nur durch Flucht auf das Dach vor dem Feuer retten. Auch ein benachbartes Wohnhaus für ehemalige vietnamesische Vertragsarbeiter wurde angegriffen. Die Krawallmacher erhielten Unterstützung von etwa 2000 bis 3000 Sympathisanten und Schaulustigen vor Ort.
In den kommenden Tagen erinnert Rostock mit Demonstrationen, Ausstellungen und Podiumsdiskussionen an den Brandanschlag auf das Asylbewerberheim. Höhepunkt ist am Sonntag eine Gedenkveranstaltung, bei der Bundespräsident Joachim Gauck sprechen wird.
se/hp (dpa, dapd, kna, epd)