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Das große Vorbild

6. Februar 2011

Vor 30 Jahren regierte Präsident Ronald Reagan mit Charme, Redegewandtheit und unerschütterlichem Optimismus die USA. Republikaner sehen ihn heute als großes Vorbild und selbst Barack Obama will von ihm lernen.

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Ronald Reagan (Foto: AP)
Ronald Reagan (1911 - 2004)Bild: AP

Im Januar 2008 erklärte der damalige US-Präsidentschaftskandidat Barack Obama in einem Interview, Präsident Ronald Reagan habe den Kurs der USA so gravierend verändert, wie es Richard Nixon und Bill Clinton nicht geschafft hätten. Das klang, als würde der Demokrat Obama den Republikaner Reagan bewundern und sorgte entsprechend für Aufregung. Und Reagan scheint Obama weiter zu faszinieren. Während seines letzten Weihnachtsurlaubs auf Hawaii studierte der junge Präsident eine Reagan-Biografie.

Barack Obama (Foto: AP)
Schätzt Reagan: Barack ObamaBild: AP

Doch es seien keineswegs die Ansichten Reagans, die Obama teile, erklärt Thomas Mann, Politikexperte des Brookings Instituts in Washington: "Obama geht es bei Reagan nicht um die politischen Inhalte, es geht ihm mehr um die Prozesse und die politische Taktik." Obama habe Reagans Optimismus bewundert, seine Fähigkeit, die Sprache der einfachen Leute zu sprechen und dass er sich nicht mit Kleinigkeiten abgab, sondern stets das große Bild vor Augen gehabt habe. So wollte Reagan, der an diesem Sonntag (06.02.2011) 100 Jahre alt geworden wäre, nichts weniger, als das sowjetische Imperium zum Zusammenbruch zwingen. In seiner achtjährigen Amtszeit führte der ehemalige Gouverneur von Kalifornien Amerika aus einer Phase der Selbstzweifel und der Wirtschaftskrise in Wohlstand und Selbstbewusstsein.

Günstige Umstände

Obama selbst hatte in seinem Interview vor drei Jahren eingeschränkt, dass Reagan damals innenpolitisch die Zeichen der Zeit erkannt habe. Das Land sei nach den Exzessen der 60er und 70er Jahre, nach einem ständigen Wachsen der Regierung, reif für Reagans Philosophie gewesen. Und die lautete: Die Regierung soll sich möglichst raushalten.

Reagan kürzte zunächst Steuern und sorgte für Deregulierung. Mit seinem Optimismus brachte er den Amerikanern wieder Selbstbewusstsein bei, und auf internationalem Parkett war er erfolgreich. Doch auch dabei standen die Sterne günstig, erklärt der frühere Justizminister und langjährige Reagan-Berater Edwin Meese: Die britische Premierministerin Margaret Thatcher stand ihm zur Seite. Und die Sowjetunion wurde geführt vom damaligen Generalsekretär Michail Gorbatschow, an den Reagan am Brandenburger Tor appellieren konnte, die Mauer einzureißen und das Tor zu öffnen.

Die republikanische Partei vereint

US-Präsident Ronald Reagan während seiner Rede vor der Berliner Mauer am Brandenburger Tor 1987 (Foto: AP)
"Mr. Gorbatschow, tear down this wall!" - Reagan 1987 in BerlinBild: AP

Dass Gorbatschow auf die Ereignisse in Deutschland nicht mit dem Einsatz von Gewalt reagierte, habe den Mauerfall beschleunigt und schließlich auch zum Ende der Sowjetunion beigetragen, glaubt Meese. Doch "ohne Ronald Reagan wäre das alles nicht passiert, jedenfalls nicht 1989 und 1991, als die Sowjetunion sich auflöste, sondern viel später." Die Entwicklung sei eine Folge von Ronald Reagans Politik gewesen.

Es gibt aber noch einen anderen Grund, warum auch alle republikanischen Politiker immer wieder öffentlich betonen, dass Reagan ihr großes Vorbild sei, erklärt Thomas Mann: "Er ist die einzige vereinende Figur in einer politischen Partei, deren Risse mit dem Entstehen der Tea Party und ihren radikalen Ansichten zu Tage getreten sind."

Kehrtwende am Schluss

Edwin Meese (Foto: Christina Bergmann, DW)
Reagans langjähriger Berater: Edwin MeeseBild: DW/Ch.Bergmann

Kein anderer republikanischer Präsident seit Dwight D. Eisenhower hat dieses Ansehen. Edwin Meese zählt die Erfolge auf, die Reagan vorweisen kann: "Er hat die US-Wirtschaft wiederbelebt, die in einer tiefen Krise steckte, als er das Amt übernahm, er hat unsere militärische Schlagkraft wiederhergestellt, die zum Ende der 70er Jahre nachgelassen hatte." Außerdem habe Reagan Amerika wieder als eine globale Führungsmacht etabliert, und die Lebensgeister der Amerikaner wiederbelebt.

Vor allem der Republikanischen Partei, da sind sich die beiden Experten einig, hat Reagan wieder eine Richtung und ein Profil gegeben. Meese macht aus seiner Sympathie keinen Hehl: "Es war sein Verfechten der konservativen Prinzipien, der konservativen Sache, der Freiheit des Einzelnen, der freien Marktwirtschaft und der begrenzten Einflussmöglichkeit des Staates, das die konservative Bewegung aufblühen ließ und sich als Alternative präsentierte zum Liberalismus, der seit den 30er Jahren in den USA dominiert hatte."

Sarg von Ronald Reagan (Foto: AP)
2004 stirbt Ronald Reagan an einer LungenentzündungBild: AP

Dabei darf man allerdings nicht vergessen, dass Reagan zum Schluss eine Kehrtwende vollzog. Der Pragmatiker setzte die Steuern wieder rauf, unter seiner Amtszeit wuchs der Staatsapparat, wie Thomas Mann erklärt. Am Ende setzte Reagan sich für eine Welt ohne Atomwaffen ein, hatte ein freundschaftliches Verhältnis zu Michail Gorbatschow und war nicht mehr der Falke in der Sicherheitspolitik, wie es zu Beginn seiner Regierungszeit den Anschein hatte. Doch das alles wird bei den Lobeshymnen heute oft vergessen. Und noch etwas anderes findet kaum Erwähnung: dass er während seiner Amtszeit nicht immer so beliebt war. Seine Umfragewerte lagen zeitweise bei 35 Prozent. So tief sind die seines jungen Kollegen Obama bisher trotz allen Unmuts über dessen Politik noch nicht gesunken.

Autorin: Christina Bergmann
Redaktion: Anne Herrberg