Große Worte, wenig Inhalt
8. Oktober 2012In seiner mittlerweile siebten außenpolitischen Rede präsentierte sich der republikanische Präsidentschaftskandidat Mitt Romney als gemäßigter Konservativer, der die Politik des amtierenden Präsidenten scharf verurteilte, aber wenig konkrete Gegenvorschläge machte und es außerdem mit der Wahrheit nicht so genau nahm.
Zentraler Punkt Romneys in seiner gut 20-minütigen Ansprache am Virginia Military Institute waren die Angriffe auf die amerikanischen Vertretungen in Kairo und Bengasi, bei denen in Libyen der Botschafter und drei amerikanische Sicherheitskräfte ums Leben gekommen waren.
Die Angriffe, so Romney, seien "Ausdruck eines größeren Kampfes, der sich im Nahen und Mittleren Osten abspielt, einer Region, die sich jetzt in der Mitte des grundlegendsten Aufstandes seit einem Jahrhundert befindet." Die Obama-Regierung sei zwar nicht direkt schuld an dem Tod der vier Amerikaner in Bengasi, so Romney, habe aber durch politisches Versagen das Klima dafür geschaffen.
Romneys zentrale Botschaft: "Es liegt in der Verantwortung des Präsidenten, Amerikas Macht zu nutzen, um Geschichte zu beeinflussen, nicht um aus dem Hintergrund zu agieren und unser Schicksal dem Zufall zu überlassen." Hier habe Obama versagt.
Romney: Iran isolieren, mit Israel kooperieren, Afghanistan verlassen
"Hoffnung ist keine Strategie", erklärte Romney - blieb aber selbst wenig konkret, wie er seine Außenpolitik, sollte er gewählt werden, anders gestalten will als die derzeitige Regierung. Den Iran international isolieren und die Sanktionen verschärfen, mit Israel militärisch zusammenarbeiten, die Soldaten aus Afghanistan bis Ende 2014 abziehen, im Nahostkonflikt eine Zwei-Staaten-Lösung anstreben - all das sind auch Ziele, die die Obama-Regierung verfolgt.
Noch vor kurzem hatte Romney erklärt, die Palästinenser seien nicht bereit zum Frieden und das Problem nicht zu lösen, was einen Sturm der Entrüstung auf Seiten der Palästinenser ausgelöst hatte. Seine Rede war auch der Versuch, Pannen wie diese wieder gutzumachen.
In Bezug auf Syrien forderte Romney die Bewaffnung der Rebellen, ließ aber unklar, von wem genau die Lieferungen kommen sollen. Der ehemalige Gouverneur von Massachusetts sagte lediglich, er wolle sicherstellen, dass die Mitglieder der Opposition "die Waffen bekommen, die sie brauchen, um Assads Panzer, Hubschrauber und Kampfjets zu besiegen."
"Sehnsucht nach amerikanischer Führung im Nahen Osten"
Schlicht falsch war seine Behauptung, die Obama-Regierung habe keinerlei Freihandelsabkommen in den letzten vier Jahren unterzeichnet: Im Oktober 2011 unterzeichnete der Präsident entsprechende Vereinbarungen mit Panama, Kolumbien und Südkorea. Der Republikaner sprach auch davon, dass es eine "Sehnsucht nach amerikanischer Führungsstärke im Nahen Osten" und anderswo gebe, und dass das "21. Jahrhundert ein amerikanisches Jahrhundert sein kann und muss".
Madeleine Albright, langjährige US-Außenministerin unter Präsident Bill Clinton, erklärte, Romney habe viel "Rhetorik" präsentiert, aber wenn es um die Details gehe, vermittle er den Eindruck, er wisse nicht genau, "welche Mittel er in einem internationalen Umfeld einsetzen müsse, und was die Rolle der USA im 21. Jahrhundert" sei. Albright kritisierte unter anderem, dass Romney erneut Russland als einen der Hauptfeinde ausgemacht habe. "Das ist der Ton des kalten Krieges", erklärte sie, der nicht angemessen sei. So sei Russland sehr hilfreich im Schmieden der Koalition gegen den Iran.
Außenpolitisches TV-Duell am 22. Oktober
Romneys Forderung, außenpolitische Hilfe von Bedingungen abhängig zu machen, beispielsweise in Ägypten, werde in Ansätzen bereits angewandt, erklärte Albright. Sie warnte aber davor, die ägyptische Regierung zu sehr unter Druck zu setzen. "Dann sieht es so aus, als würden sie nur unsere Befehle befolgen und nicht im Sinne derer handeln, die sie gewählt haben."
Über das Thema Außenpolitik kann Romney am 22. Oktober mit Präsident Obama direkt diskutieren, bei der dritten und letzten TV-Debatte der beiden. In der ersten Debatte vergangene Woche hatte Romney eine gute Figur gegen einen sichtlich irritierten Obama gemacht. Romneys Wahlkampf, der auch durch diverse außenpolitische Fehltritte ins Schleudern geraten war, hatte dadurch wieder Auftrieb bekommen. Das nächste Duell bestreiten aber zunächst die beiden Stellvertreter: Romneys Kandidat, der Abgeordnete Paul Ryan, wird Mitte Oktober auf den amtierenden Vizepräsidenten Joe Biden treffen.