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Roboter statt Glyphosat

Nils Zimmermann
4. Juni 2018

Es ist so einfach, mit Glyphosat Unkraut zu beseitigen - wenn es nur nicht den Ruf hätte, schädlich für Mensch und Umwelt zu sein. Mal angenommen, es gäbe Roboter, die Unkraut jäten. Wer bräuchte dann noch Glyphosat?

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Illustration Jäteroboter
Bild: Prof. Simon Blackmore, Harper Adams University, England, 2018

Bislang greifen viele Landwirte zum Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat, um unerwünschte Pflanzen auf ihren Feldern abzutöten. Würde man solche Pflanzen einfach jäten, käme man dagegen ganz ohne Chemikalien aus. Das ist allerdings sehr arbeitsintensiv und damit teuer. Noch - denn die Forschung arbeitet an Lösungen.

Es würden immer mehr sensible und präzise Sensoren und Instrumente entwickelt, die die "Komplexität der wachsenden Umwelt" auf jedem Quadratmeter Ackerland messen können, erzählt Professor Simon Blackmore, Leiter der Forschergruppe Robotic Agriculture an der Harper Adams University in England. Sie können die Zustände der Böden, deren Wassergehalt, die vorhandenen Schädlinge und Krankheiten, die Art und den Zustand der Pflanzen automatisch bestimmen.

Da solche Sensoren in den kommenden Jahren und Jahrzehnten in fliegenden Drohnen und bodengestützten mobilen Robotersystemen zunehmend integriert sein werden, wird die Landwirtschaft der Zukunft sehr anders sein als die heutige, glaubt Blackmore.

"Wir entwickeln jetzt eine ganze Reihe von intelligenten Maschinen, die möglicherweise den Traktor und den Mähdrescher ersetzen könnten", sagte Blackmore. "Und wir entwickeln Systeme, mit denen wir Herbizide ersetzen können. Ein Projekt, das ich entwickle, heißt Laser-Jäten."

Frankreich Glyphosat Symbolbild
Der Unkrautvernichter Glyphosat hat Gegner und Befürworter gleichermaßen. Bild: Getty Images/AFP/J.-F. Monier

Laserkanone gegen Unkraut

Der "Hyperweeder"-Roboter von Blackmore ist mit Kameras und einem Computer ausgestattet. Über eine Software für die maschinelle Bildverarbeitung und Mustererkennung von bis zu 26 Pflanzen kann er Unkraut identifizieren. Er analysiert die Form der Pflanze, um festzustellen, wo das "Meristem" ist - das ist die Stelle, an der neues Wachstum stattfindet. Dann beschießt der Roboter das Meristem mit seiner Miniatur-Laserkanone. So wird die Pflanze auf 95 Grad erhitzt, was ihr weiteres Wachstum stoppt.

In einer anderen Version des Hyperweeder-Roboters gibt es statt der Laserkanone eine Sprühpistole. Sie kann ein Herbizid - zum Beispiel Glyphosat - direkt auf das Unkraut spritzen und es so vernichten. Der Vorteil: Wenn Herbizide von einem solchen Roboter nur auf die Blätter von Unkrautpflanzen präzise aufgetröpfelt würden und dabei weder an die Blätter der Kulturpflanzen noch auf den Boden kämen, könnten mehr als 99 Prozent solcher Chemikalien eingespart werden. Damit wäre die Umwelt weniger belastet und es gäbe viel weniger Herbizidrückstände auf geernteten Lebensmitteln. Auch die Kosten würden sinken, da Herbizide pro Liter verkauft werden.

Lösungen für kleine Felder gebraucht

Zur Zeit gibt es eine solche "Präzisionslandwirtschaft", wie Blackmore sie nennt, noch nicht, aber eines Tages wird sie helfen, Kosten zu reduzieren, Erträge zu verbessern und die Umwelt zu schonen. Davon ist Blackmore überzeugt. Eine wachsende Weltbevölkerung und begrenzte Flächen würden eine "nachhaltige Intensivierung" der Landwirtschaft nötig machen, meint der Wissenschaftler. Dabei helfen Methoden der Präzisionslandwirtschaft, mit denen auf einer gegebenen Fläche mehr Nahrung mit weniger Energie und weniger Herbiziden kultiviert werden können, als bis dato.

Die Landwirte sollten sich von der undifferenzierten landwirtschaftlichen Methoden mit einem hohen Einsatz von Chemikalien und von extrem schweren Maschinen verabschieden, sagt Blackmore. Dafür brauche man aber neue Werkzeuge. Vor allem fehlt es bislang noch an geeignete Technologien mit denen Ertrag und Qualität auf kleinen Feldern optimiert werden können. Riesige moderne Traktoren können Größenvorteile erzielen, aber sie brauchen große Felder - und die durchschnittliche Größe der landwirtschaftlichen Felder in Asien beträgt nur einen Hektar.

Schwere Maschinen verursachen hohe Kosten

Zudem sind schwere Maschinen wie die heutigen Traktoren schlecht für die Böden. Sie verdichten und beschädigen den Untergrund, über den sie fahren. Verdichtete Böden müssen jedes Jahr vor der nächsten Pflanzsaison gepflügt oder geeggt werden, um sie wieder aufzulockern und für das Pflanzenwachstum geeignet zu machen. Das wird "bis zu 90 Prozent der Energie" gebraucht, die in den Feldanbau investiert wird, so Blackmore, und auch "viele zu bezahlende Stunden für Traktorfahrer."

China Internationale Gemüse Sci-Tech Fair in Shouguang
Freundlicher Helfer für den heimischen Kleingarten? Aber wer genau hinschaut sieht: Der sprüht gerade Pestizide auf die Tomate....Bild: picture-alliance/Zumapress/S. Qing

Leichtere Maschinen schädigen die Böden weniger. Am schonendsten sind landwirtschaftliche Methoden, die das Pflügen minimieren oder ganz eliminieren. Wenn robotergestützte Präzisionslandwirtschaftssysteme künftig das Pflügen überflüssig machen, dann könnten die Landwirte Kosten reduzieren  - vorausgesetzt, dass der Robotereinsatz nicht zu teuer ist.

Durch eine informationsintensivere Landwirtschaft, bei der jeder Quadratmeter Ackerland je nach Bedingungen unterschiedlich gepflegt wird, und in der zunehmend Roboter eingesetzt werden, könnte die gesamte Nahrungsmittelproduktion kostengünstiger werden, so Blackmore.

"Wir können nicht mehr nach Durchschnittswerten arbeiten", meint Blackmore. "Statt einer einheitlichen Landwirtschaft, die versucht, landwirtschaftliche Felder zu homogenisieren und schwere Maschinen einsetzt, um Größenvorteile zu erzielen, brauchen wir eine flexible Landwirtschaft, die lokale Bodenbedingungen, Wetter, Mikroklima, Schädlinge und andere Faktoren berücksichtigt."

Es wird zwar noch einige Jahre dauern, bis solche Maschinen in der Landwirtschaft weit verbreitet sind, aber Blackmore ist zuversichtlich, dass sie die Zukunft prägen werden.

Aber werden solche Roboter am Ende Herbizide wie Glyphosat völlig überflüssig machen? Vielleicht nicht - aber wenn landwirtschaftliche Jäte-Roboter eines Tages zum Alltag gehören, werden sie zumindest die Menge an Gift, die Landwirte für den Anbau von Feldfrüchten auf unkrautfreien Feldern benötigen, drastisch reduzieren.