1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Risiken für die Weltwirtschaft

Karl Zawadzky20. März 2003

Ein kurzer Krieg wird die Weltwirtschaft nicht sonderlich belasten. Kommt es jedoch zu einem langen und verlustreichen Krieg, droht der Weltwirtschaft der Absturz in eine Rezession.

https://p.dw.com/p/3PXa
Wirtschaftsfaktor ÖlBild: AP

Unsicherheit ist Gift für die Wirtschaft. Denn in einer Phase der Unsicherheit halten sich die Unternehmer und die Verbraucher mit Ausgaben zurück. Der Wirtschaftskreislauf erlahmt. Eine Unsicherheit ist nun vorbei. Der Krieg hat begonnen. Nun hofft die Wirtschaft, daß er ein schnelles Ende finden wird. Dann können von den Unternehmen Investitionsentscheidungen ebenso nachgeholt werden wie bei den Konsumenten die Käufe von langfristigen Verbrauchsgütern.

Geld ist genug vorhanden, in den letzten Monaten des schwelenden Konflikts jedoch zurückgehalten worden. Da an der Börse zu einem guten Teil Hoffnungen gehandelt werden, sind dort bereits seit Anfang der Woche, also nach der eindeutigen Erklärung von US-Präsident Bush, die Kurse gestiegen. Die direkte Kriegseröffnung hat dann nicht mehr viel verändert, zumal die Bemerkung von Präsident Bush aufmerksam registriert wurde, der Krieg könne länger dauern und schwieriger werden, als von vielen gedacht. Die Börse wartet den Kriegsverlauf ab.

Vorbereitet auf die Risiken

Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement sieht große Risiken und ist auf alle Eventualitäten eingestellt: "Die wirtschaftlichen Folgen eines Krieges, auch dieses Krieges, sind unkalkulierbar. Wichtig ist, daß wir in den Staaten, in den Volkswirtschaften auf alle Eventualitäten vorbereitet sind. Deshalb ist mir wichtig, darauf hinzuweisen, daß beispielsweise die Ölversorgung gesichert ist und keinerlei Anlaß zur Unruhe besteht."

Die Ölförderländer, insbesondere die Mitglieder des OPEC-Kartells, drehen die Ölhähne auf und erhöhen ihre Förderung, um damit einen für die Weltwirtschaft schädlichen Preissprung für das wichtigste Schmiermittel der Weltkonjunktur zu verhindern. Alle Absprachen der OPEC über Höchstgrenzen bei den Fördermengen sind außer Kraft gesetzt worden. Auch bei einem Totalausfall der irakischen Ölexporte ist nach Darstellung der Internationalen Energie-Agentur die Versorgung der Märkte nicht gefährdet. Zum Beispiel die Ölförderung Saudi-Arabiens lag vor Ausbruch des Krieges bei gut acht Millionen Barrel pro Tag und kann bis auf 10,5 Millionen Barrel gesteigert werden. Das würde einen Ausfall der irakischen Förderung mehr als ausgleichen.

Rückgriff auf Reserven

Hinzu kommen große Reserven, die von den Industrieländern mit Blick auf Förderengpässe angelegt worden sind. Ebenfalls verfügen die Raffinerien über Vorräte. Alles zusammen addiert sich auf vier Milliarden Barrel. Zum Beispiel Deutschland hält in unterirdischen Kavernen sowie in oberirdischen Tanks eine strategische Rohölreserve von 25 Millionen Tonnen. Das reicht bei einem Totalausfall der Importe für drei Monate oder bei einer 25prozentigen Importeinschränkung für ein Jahr.

Weder für die Ölzufuhr noch für den Ölpreis sind unbeherrschbare Probleme zu befürchten. Das gilt jedoch nur dann, wenn sich alle nach den Regeln der Ökonomie vernünftig verhalten. Das jedoch ist keineswegs garantiert. Kommt die Wirtschaft in Schwierigkeiten, muß der Staat darauf reagieren. Das heißt für Deutschland und die Europäische Union: Der harte Sparkurs bei den Staatsausgaben ist dann nicht mehr durchzuhalten. Im Gegenteil muß dann der Staat die Wirtschaft ankurbeln.

Langer Krieg - hohe Haushaltsdefizite

EU-Währungskommissar Pedro Solbes hat "keinen Zweifel", daß der Krieg nach den Bestimmungen des Stabilitätspaktes eine "außergewöhnliche Situation" darstellt. Erst einmal wollen die Finanzminister der EU an ihrer stabilitätsorientierten Haushaltspolitik festhalten. Doch gleichzeitig werden sie die weitere Entwicklung sorgsam beobachten.

Droht in der Folge eines langen und verlustreichen Krieges eine Weltrezession, dann ist die Obergrenze von drei Prozent bei den Haushaltsdefiziten nicht mehr zu halten, zumal die Schwergewichte in der EU - Deutschland und Frankreich - diese Grenze bei der Neuverschuldung bereits jetzt überschritten haben.