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"Für Sport machen wir alles"

Astrid Prange, Rio de Janeiro14. August 2016

An Rios Stränden wird nicht nur hart trainiert, sondern auch viel Geld verdient. Die Olympischen Spiele verschaffen insbesondere den vielen Trainern dringend benötigte Extraeinnahmen. Von Astrid Prange, Rio de Janeiro.

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Rio Momente 09 08 Beachvolleyball Mexiko USA (Foto: dpa/J. Etxezarreta)
Bild: picture alliance/dpa/J. Etxezarreta

Um zwölf Uhr mittags sammelt Robenildo Quintino Alves die Bälle ein. Noch ein Plausch hier, noch ein Küsschen da, dann verabschiedet sich der "König des Strands", Pelé da Praia, wie ihn am Strand von Ipanema alle nennen, zum Mittagessen.

Pelé da Praia gehört zum Strand wie das berühmte und besungene "Girl from Ipanema". Seit 40 Jahren verdient er im Sand seinen Lebensunterhalt als Beachvolleyballtrainer. Ein knallharter Job vor einer atemberaubenden Kulisse.

"Ich arbeite am Strand, seit ich ein kleiner Junge bin, etwas anderes kann ich mir nicht vorstellen", erzählt er. "Es ist ein einziges Auf und Ab, anstrengend und nervenaufreibend." Von einem festen Gehalt kann er nur träumen, krank zu werden kann er sich nicht leisten.

Fitness im Freien

Früher galt Robenildo Alves als Exot. Als jemand, der aus den verarmten Vororten der Millionenmetropole anreiste, um etwas von dem Wohlstand der Schönen und Reichen abzubekommen, die sich am Strand von Ipanema sonnten und das Leben genossen.

Heute gilt Pelé da Praia als Pionier für ein Geschäftsmodell, das mittlerweile Hunderte von Sportlern, Trainern und Physiotherapeuten für sich entdeckt haben. Sie bieten ihre Dienste am Strand an und verwandeln die kilometerlangen Strände der Stadt in ein riesiges Freiluft-Fitnessstudio.

Brasilien Sport am Strand von Rio - Pele da Praia (Bild: Astrid Prange/DW)
König von Ipanema: "Pelé da Praia" trainiert seit 40 Jahren Beachvolleyballer am StrandBild: DW/A. Prange De Oliveira

Beachvolleyball, Surfen, Paddeln, Tauchen und "Futevolei" oder Fußvolleyball: Die Olympia-Metropole Rio de Janeiro ist das Mekka für Sportbegeisterte und Sportunternehmer. Allein an den Stränden Copacabana, Ipanema und Leblon bieten mehr als zehn Schulen für "Futevolei" ihre Dienste an.

"Das Klima hier ist lockerer als im Fitnessstudio und der Ausblick schöner", scherzt Eli Pinheiro, der in Leblon, einen Strand hinter Ipanema, eine Schule für "Futevolei" betreibt. "Die Leute wollen eine Pause vom Laufband und etwas Neues ausprobieren."

Spielen am Netz

"Futevolei" bietet diese Abwechslung. Die Sportart entstand in den 60er Jahren an der Copacabana und vermischt Volleyball mit Fußball. Und mit der brasilianischen Leidenschaft, spielerisch Sport zu betreiben: Der Einsatz der Hände ist strengstens verboten, alles andere ist erlaubt, um den Ball übers Netz zu bekommen.

Als Eli Pinheiro vor zehn Jahren mit seinem Training anfing, hatte er den Strand für sich allein. Damals konnte er seine Schüler an einer Hand abzählen. Mittlerweile umfasst die Kundenkartei von "Prof. Black", wie er in Rio genannt wird, rund 100 Schüler. Seine Firma "Black Futevolei" beschäftigt sieben Angestellte und hat zwei "Filialen" im Olympia-Stadtteil Barra am Strand eröffnet.

"Mir reicht es nicht, im Monat umgerechnet zwischen 580 und 850 Euro zu verdienen, davon kann ich meine Angestellten nicht bezahlen", erklärt Pinheiro. "Außerdem möchte ich das Leben genießen: Ich esse gerne und gut, und achte auf meine Kleidung."

Mit seinen rund 100 Schülern, die im Monat im Durchschnitt 200 Reais (57 Euro) bezahlen, gehört "Prof. Black" eindeutig zu den Top-Verdienern am Strand von Rio. Seine Erfolgsgeschichte hat sich herumgesprochen und dazu geführt, dass immer mehr Mitbewerber auf den Markt drängen.

Brasilien Sport am Strand von Rio - Sporttrainer Eli Pinheiro (Bild: Astrid Prange/DW)
Auf Expansionskurs: "Prof. Black (2.v.r.) und sein Team unterrichten "Futevolei" am Strand von LeblonBild: DW/A. Prange De Oliveira

Konkurrenzkampf um treue Kunden

Im vergangenen Jahr zog die Stadtverwaltung von Rio die Notbremse. Unterrichten darf seitdem nur noch, wer als Sportlehrer ausgebildet ist und vom regionalen Sportlehrerverband CREF (Conselho regional de educacao fisica do Estado do Rio de Janeiro) eine Lizenz erhält. Außerdem müssen Trainer für die Nutzung der Fläche am Strand eine jährliche Gebühr an die Stadtverwaltung zahlen.

Da die jährliche Gebühr nicht mehr als umgerechnet 400 Euro im Jahr beträgt, ist die Abgabe für die Mehrheit der Trainer kein Problem. Problematisch sind vielmehr die Auflagen, die damit verbunden sind.

"Sportschulen am Strand dürfen keine Sponsoren haben, doch das ist genau das, was wir brauchen", erklärt Pelé da Praia. Ein Sponsor könnte für Kontinuität und finanzielle Sicherheit sorgen. "Ich könnte dann mehr Kinder unterrichten, die kein Geld haben, um zu bezahlen, und die Krisenzeiten im Winter, wenn es viel regnet und die Kunden ausbleiben, besser überbrücken", versichert er.

Überleben und improvisieren

Von monatlichen Umsätzen über 5000 Euro kann der Volleyballcoach nur träumen. Wenn er seine monalichen Rechnungen beglichen hat, bleibt für eine Reserve in Krisenzeiten kein Geld mehr übrig. "Wenn es am Strand nicht läuft, esse ich weniger und gehe nicht ins Kino", sagt er. "Die Einnahmen reichen zum Überleben, nicht zum Leben.“

Die Olympischen Spiele kommen da gerade recht. Mehrere Beachvolleyball-Teams trainierten am Netz von Pelé, darunter auch die Frauen aus Costa Rica, Australien, den Niederlanden und Deutschland. Der König von Ipanema strahlt. Sein Volleyball-Imperium ist für die nächsten Monate gesichert.