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Revolution im deutschen Tarifrecht

Constantin Schreiber10. Februar 2005

Der öffentliche Dienst erhält ein neues Tarifrecht. Der Bund, die deutschen Kommunen und die Gewerkschaften im öffentlichen Dienst wollen das Regelwerk umkrempeln und flexibler gestalten. Hier die wichtigsten Änderungen.

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Schily und Bsirske berichten über die VerhandlungsergebnisseBild: AP

Am Ende waren alle zufrieden. Fast jedenfalls. Otto Schily lobte das konstruktive Vorgehen der Gewerkschaften, Verdi-Chef Bsirske sprach von einem runden Konzept, nur in Einzelpunkten läge man nicht voll auf einer Linie. Gemeint ist der Tarifabschluss für den öffentlichen Dienst. Weil die Länder an den Verhandlungen nicht beteiligt waren, gilt der Tarifvertrag zunächst allein für die 2,3 Millionen Beschäftigten des Bundes und der Länder. Da sich aber viele Bereiche wie etwa Wohlfahrtsorganisationen ebenfalls an den Vereinbarungen orientieren, betrifft der Vertrag bis zu acht Millionen Arbeitnehmer. Und das sind die wichtigsten Neuerungen:

Neue Entgelttabelle

Ein neues einheitliches Tarifsystem soll die bisher geltenden, komplizierten Zuweisungsmerkmale ersetzen. Die Unterscheidung zwischen Angestellten und Arbeitern wird abgeschafft. Ab jetzt gibt es nur noch 15 Entgeltgruppen, die nach Qualifikation und Berufsbild unterteilt sind. Die bisher festgeschriebenen Lebensaltersstufen werden durch sechs so genannte Erfahrungsstufen ersetzt. Und: Führungsfunktionen können von nun an auf Zeit und auf Probe besetzt werden.

Bezahlung nach Leistung

In Zukunft soll besonderer Arbeitseinsatz und große Leistung von Arbeitnehmern durch einen Bonus belohnt werden. Acht Prozent der Entgeltsumme werden dann dieser Leistungsbezahlung vorbehalten. Das heißt, jemand der sich besonders in seinem Beruf einsetzt, erhält dann nicht nur 92 Prozent seines Gehalts, sondern dementsprechend mehr. Die Leistungsbezahlung beginnt ab 2007 mit einem Prozent und wird dann gesteigert.

Arbeitszeit

Lange wurde über flexiblere Arbeitszeiten diskutiert, jetzt sollen sie umgesetzt werden. Das Wort "Arbeitszeitkorridor" umschreibt die neue Regelung, nach der betrieblich bis zu 45 Wochenarbeitsstunden vereinbart werden können. Individuelle Vereinbarungen waren bisher nicht möglich. Auch Mehrarbeit kann zuschlagsfrei angeordnet werden, wenn sie im Zeitraum zwischen 6 und 20 Uhr fällt. Dafür gibt es dann einen Freizeitausgleich. Festgeschrieben wurde auch eine einheitliche Wochenarbeitszeit von 39 Stunden – bisher waren es 38,5 Stunden im Westen und 40 Stunden im Osten.

Ost–West–Angleichung

Nach und nach sollen bis 2007 gemäß den neuen Tarifregeln die Einkommen der ostdeutschen Beschäftigten auf 97 Prozent des Westniveaus angehoben werden. Tarifarbeitnehmer im Westen erhalten in den kommenden drei Jahren je eine Einmalzahlung von 300 Euro. Weihnachts- und Urlaubsgeld werden zu einer Jahressonderzahlung zusammengefasst. Sie soll ab 2007 je nach Beschäftigungsgruppe 60 bis 90 Prozent eines Monatseinkommens entsprechen.