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Eine Partei auf Selbstzerstörungskurs

Ines Pohl, Washington5. August 2016

Die republikanische Partei findet kein Mittel, den wütenden Spitzenkandidaten Donald Trump zu bändigen. Dabei waren es die Republikaner selbst, die diesen Geist gerufen haben, analysiert Ines Pohl aus Washington.

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Donald Trump im Mai 2015 (Foto: Getty Images/AFP/B. )
Bild: Getty Images/AFP/B. Smialowski

Je wirrer die Zeiten sind, desto mehr empfiehlt es sich, den Augenblick für einen Moment zu verlassen und ein paar Schritte zurück zu gehen. Zum Beispiel zum Anfang dieses Wahljahres. Als zwar eigentlich noch völlig offen war, wer die Nominierungen zum Präsidentschaftskandidaten der beiden großen Parteien gewinnen würde - und doch weite Teile der Welt davon ausgingen, dass Jeb Bush für die Republikaner und Hillary Clinton für die Demokraten am Ende um den Einzug ins Weiße Haus kämpfen würden.

Es gab kaum eine Jahresvorschau, die nicht genau das beklagte, weil es doch in hohem Maße undemokratisch sei, wenn mit Bush und Clinton nur Mitglieder dieser beiden Dynastien eine Chance auf eines der wichtigsten politischen Ämter haben.

Weniger als 100 Tage bis zum Wahltag

Nun ist alles ganz anders gekommen. Zwar ist Hillary Clinton die Präsidentschaftskandidatin der Demokraten, aber sie musste deutlich länger kämpfen als gedacht. Am Ende hat sie mutmaßlich nur so klar gegen ihren Konkurrenten Bernie Sanders gewonnen, weil die demokratische Parteiführung auf Zack war, und den Außenseiter früh und mit allen Mitteln bekämpft hat. Eine Taktik, die aufflog und am Abend vor dem Parteitag die Parteichefin Debbie Wasserman Schultz zum Rückzug zwang. Und damit für viele einmal mehr bestätigt wurde, wie korrupt und manipulierbar die Demokraten mittlerweile sind.

Die Republikaner haben offensichtlich weniger gut aufgepasst und konnten keine Strategie finden, den Außenseiter Donald Trump abzudrängen. Wider alle Prognosen mussten Jeb Bush und andere anerkannte Parteigrößen das Feld räumen und dem Alleinunterhalter Trump die Show überlassen.

Jeb Bush (Foto: Reuters/B. Snyder)
Jeb Bush gibt im Februar 2016 auf - ihm hat sein berühmter Nachname keinen Vorteil gebrachtBild: Reuters/B. Snyder

Zwei Trümpfe für Trump

Trump gewann mit zwei Trümpfen, die er bis zum Wahltag am 8. November nicht bereit sein wird, aus der Hand zu geben.

Sein stärkster Trumpf ist seine Außenseiterkarte. Mit guten Argumenten kann er behaupten, mit dem politischen System nur wenig zu tun zu haben. Zwar ist der Geschäftsmann eng mit den handelnden Personen verbandelt, aber in der Tat weder in den Strukturen der Republikaner noch in den der Demokraten gefangen. Entsprechend groß ist die Glaubwürdigkeit, die er bei vielen Amerikanerinnen und Amerikanern genießt. Insbesondere bei jenen, die davon überzeugt sind, dass das Establishment ein exklusiver Club von Politikerinnen und Politikern ist, die sich die Pöstchen intern hin und herschieben, die in erster Linie auf das eigene Wohlergehen fixiert sind und darüber weite Bevölkerungsschichten aus den Augen verloren haben.

Abgeordnete der Demokraten protestieren für schärfere Waffengesetze (Foto: Reuters/U.S. Rep. Katherine Clark)
Keine Einigung im Kongress: Abgeordnete der Demokraten protestieren für schärfere Waffengesetze und gegen das NichtstunBild: Reuters/U.S. Rep. Katherine Clark

Sein anderer Trumpf ist das Versprechen, Amerika wieder großartig zu machen, so, wie es früher einmal war. Dabei sind viele seiner Argumente rassistisch, xenophob und frauenfeindlich. Aber eines geht darüber hinaus: Nämlich die Aussicht, dass mit einem Präsidenten Trump endlich wieder ergebnisorientiert Politik gemacht wird. Und nicht, wie in den vergangenen Jahren, eine Politik der Verhinderung. Die Republikaner haben sich die Mächtigkeit dieses Argumentes allein selbst zuzuschreiben. Denn es ist ihre demokratiefeindliche Verweigerungstaktik, die eine reguläre Regierungsarbeit der Obama Administration verhindert hat.

Korruptes politisches System

Es sind im wesentlichen diese beiden Argumente, aus denen Trump sich das Sicherheitsnetz gewoben hat, das ihn umgibt. Wenn ihn jetzt Spitzenpolitiker wie Paul Ryan angreifen und ihm die Gefolgschaft aufkündigen, oder bekannte Republikanerinnen wie Meg Whitman ins Hillary Clinton Lager wechseln, ist das für viele Trump Unterstützer einzig ein weiterer Beleg, wie verbandelt die politische Elite ist, und wie korrupt das ganze System.

Donald Trump ist nur möglich, weil seine Kritik einen wahren Kern hat. Auch wenn er ein gefährlicher Nutznießer dieser Botschaft ist, bleibt sie dennoch richtig.

Die politische Führung dieses Landes, das sich so gerne als stärkste Demokratie bezeichnet, hat die Verbindung zu weiten Teilen der Bevölkerung verloren. Die Wählerinnen und Wähler fühlen sich in ihren Ängsten und Nöten nicht gehört und wahrgenommen. Die Unfähigkeit der beiden großen Parteien in den vergangenen Jahren, politische Lösungen zu finden und die Glaubwürdigkeitsverluste durch Lügen und korrupte Strukturen haben ihr übriges getan, die Türen für einen Populisten wie Trump weit aufzustoßen.

Führung ohne Antwort

Bisher hat die Parteiführung der Republikaner keine Antwort gefunden, wie sie auf Trumps zunehmend auch nach innen gerichtete Attacken reagiert. Sich beleidigt vom selbstgewählten Spitzenkandidaten zu distanzieren, dürfte am Ende nur Trump stärken. Und eine Möglichkeit, sich doch noch für einen anderen Spitzenkandidaten zu entscheiden, gibt es nicht. Nach den Parteistatuten kann nur Trump selbst den Weg für die Nominierung eines anderen republikanischen Präsidentschaftskandidaten frei machen, indem er zurücktritt. Zumindest im Moment ist das nur schwer vorstellbar.

Trump hat jetzt schon klar gemacht, wer daran schuld sein wird, wenn er scheitern sollte: Es ist das korrupte System, zu dem dann auch die republikanische Partei gehören wird.