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Rekordmeister THW Kiel im Visier der Justiz

9. März 2009

Die mögliche Korruptionsaffäre um den THW Kiel weitet sich aus. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den Manager des Handball-Rekordmeisters wie auch gegen einen Ex-Trainer. Sie sollen Schiedsrichter bestochen haben.

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Handballer (Foto: dpa)
Ein gekaufter Sieg? THW-Spieler nach ihrem Sieg über die SG Flensburg-Handewitt beim Champions-League-Finale 2007Bild: picture-alliance / dpa

Die Kieler Staatsanwaltschaft ermittelt seit Montag (09.03.2009) wegen des Verdachts der Untreue gegen den Manager des Handball-Rekordmeisters THW Kiel, Uwe Schwenker, und wegen des Verdachts der Beihilfe gegen Ex-Trainer Zvonimir Serdarusic. "Der Anfangsverdacht hat sich Ende der Woche verdichtet", so Oberstaatsanwalt Uwe Wick zur Begründung.

Was wird dem Tabellenführer in der Handball-Bundesliga vorgeworfen? Nach Recherchen des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" soll der THW Kiel bei mindestens zehn Champions-League-Begegnungen die Schiedsrichter bestochen haben. Vor dem gewonnenen Finale 2007 gegen die SG Flensburg-Handewitt sollen rund 96.000 Euro geflossen sein, heißt es. Als Beweisgrundlage nennt "Der Spiegel" unter anderem Sitzungsprotokolle des Bundesligisten Rhein-Neckar Löwen. Danach soll Ex-THW-Coach Serdarusic über Bestechungen in Zusammenarbeit mit Schwenker berichtet haben. Auch Schwenker selbst habe Manipulationen eingeräumt - einmal bei einem Treffen mit dem Präsidenten des HSV, Andreas Rudolph, im Juli 2007 auf Mallorca und dann nochmals bei einem Gespräch mit Löwen-Verantwortlichen während der letzten Handball-Weltmeisterschaft in Kroatien.

Schwenker und Serdarusic bestreiten Vorwürfe

Uwe Schwenker (Foto: dpa)
Jetzt auch im Scheinwerferlicht der Justiz: Uwe Schwenker, der Manager des THW KielBild: picture-alliance/dpa

Schwenker soll bereits bei der Rückkehr des THW-Teams von der Champions-League-Niederlage in Ciudad Real am Sonntagabend am Hamburger Flughafen von Ermittlungsbeamten in Empfang genommen worden sein. Oberstaatsanwalt Wick selbst bestätigte, dass Beamte des Landeskriminalamtes und der Staatsanwaltschaft mehrere Gebäude in Kiel durchsuchten - darunter auch die Geschäftsstelle des THW. Er wies allerdings darauf hin, dass Schiedsrichter keine offiziellen Amtsträger seien und deshalb ihre Bestechung keine Straftat darstelle. Deshalb gehe es "nur" um Untreue.

Sowohl Schwenker als auch Serdarusic bestreiten die Vorwürfe. Eine vom THW-Manager angekündigte Klage wegen Verleumdung liegt bislang jedoch nicht vor. Serdarusic wiederum teilte der Deutschen Presseagentur kurz und knapp mit, dass er sich zu den Vorwürfen öffentlich nicht äußern werde. Er hatte aber erst vor wenigen Tagen erklären lassen, er habe weder Spiele manipuliert, noch beschuldige er jemandem beim THW Kiel.

Handball-Bundesliga ohne eindeutige Beweise

Zvonimir Serdarusic (Foto: Sven Simon)
Soll den Rhein-Neckar Löwen von den Manipulationen des THW erzählt haben: Ex-Trainer Zvonimir SerdarusicBild: picture-alliance / Sven Simon

Auch der Handball-Bundesliga (HBL) liegen bislang keine eindeutigen Beweise vor. "Es gibt verschiedene Behauptungen, aber weiterhin keine belastenden Unterlagen", betonte HBL-Geschäftsführer Frank Bohmann. "Die Sache wird aber sicher nicht im Sand verlaufen." Die Europäische Handball-Federation (EHF) schaltete sich ebenfalls ein und forderte eine "konsequente Aufklärung". Eine mögliche Bestrafung in einem Manipulationsfall ist aber weder in den Regelwerken der Handball-Bundesliga noch in denen des Deutschen Handball-Bundes (DHB) geregelt.

Dafür gibt es nun umso mehr Vorschläge, wie der Bestechung von Schiedsrichtern künftig ein Riegel vorgeschoben werden kann. So wird auch für den deutschen Handball die Einrichtung eines Kontrollausschusses empfohlen, so wie ihn der Deutsche Fußballbund (DFB) hat. Ebenso gilt die Schiedsgerichtsfunktion nach dem Muster des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) als erwägenswert.

Bundestrainer Heiner Brand erschüttert

Der deutsche Spitzen-Referee Frank Lemme aus Magdeburg sprach sich dafür aus, Handball-Schiedsrichter bei Europacup-Einsätzen nicht mehr von Vertretern der gastgebenden Mannschaft betreuen zu lassen, weil dies möglichen Manipulationen Tür und Tor öffne. Und noch radikaler ist der Vorstoß von HSV-Geschäftsführer Piet Krebs. Er will, dass die Vereine vor einem Spiel überhaupt nicht mehr erfahren, welcher Referee eingesetzt wird.

Ob das alles die Besorgnis von Bundestrainer Heiner Brand verringern kann? Brand zeigte sich erschüttert über das vermeintliche Ausmaß der Affäre. Sie sei dazu angetan, den Handball in seine größte Krise überhaupt zu stürzen. (sti/det/dpa/sid)