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Rekordausgaben für Arzneimittel

14. September 2010

Arzneimittel kosten in Deutschland laut einer neuen Studie zum Teil fünf Mal mehr als in anderen europäischen Ländern. Die Gesamtausgaben für Medikamente stiegen voriges Jahr in Deutschland auf eine Rekordsumme.

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Tabletten (Foto: Bilderbox)
Pillen kosten in Deutschland oft doppelt so viel wie in anderen EU- LändernBild: Bilderbox

Hohe Preise für Pharmazeutika haben die Arzneimittelausgaben in Deutschland auf ein neues Rekordniveau getrieben. Teure Blutdrucksenker sowie Schmerz-, Krebs- und Asthmamittel hätten die Arzneikosten der gesetzlichen Kassen im vergangenen Jahr um 4,8 Prozent auf 32,4 Milliarden Euro steigen lassen. Dies geht aus dem am Dienstag (14.09.2010) in Berlin präsentierten Arzneiverordnungs-Report 2010 hervor. Mit deutlich geringeren Preisen wie etwa in Schweden sowie mehr Nachahmer-Mitteln (Generika) könnten 9,4 Milliarden Euro gespart werden, sagte Herausgeber Ulrich Schwabe.

Teure Arzneien wegen Preisfreiheit

Philipp Rösler (Foto: AP)
Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP)Bild: AP

Ein Grund für die hohen Preise ausgerechnet in Deutschland als größtem Arzneimittelmarkt Europas sei, dass fast alle anderen EU-Staaten die Preise regulierten, sagte Schwabe. Neben Deutschland ließen nur Dänemark und Malta den Pharma-Unternehmen die Freiheit, die Preise für patentgeschützte Arzneimittel selbst festzulegen. Der Preis für das Omeprazol-Generikum Omep zur Hemmung von Magensäure sei zum Beispiel in Deutschland Anfang des Monats auf einen Schlag von 60 auf 43 Euro gesunken - in Schweden koste es aber umgerechnet nur 9 Euro. "Das ist kein Einzelfall", sagte Schwabe.

Die Pharma-Branche habe allerdings auch unabhängig von den Einnahmen in Deutschland ein Interesse daran, die Preise hier hoch zu halten. Denn in vielen EU-Staaten würden die Preise für Medikamente über einen internationalen Vergleich festgelegt. Hohe Preise in Deutschland trieben damit auch die regulierten Preise in anderen europäischen Staaten in die Höhe.

Politik könnte Lösung bringen

Kontrolle von Tabletten-Packungen (Archivfoto: dpa)
Ein Medikament, zwei unterschiedliche Preise in unterschiedlichen Ländern - keine Seltenheit in EuropaBild: picture-alliance/ dpa

Die von der Koalition derzeit geplante Nutzenbewertung für neue, teuere Patent-Arzneimittel werteten die Experten positiv. Sie soll Grundlage für Rabattverhandlungen zwischen Kassen und Herstellern werden. Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) habe den ersten Schritt getan, um den Markt in den kommenden Jahren zu normalisieren, sagte der Mitherausgeber des Arzneiverordnungs-Reports und Chef der AOK Schleswig-Holstein, Dieter Paffrath.

Die Pharmabranche übte heftige Kritik an dem Report, der auf 740 Millionen Verordnungen basiert. Die Geschäftsführerin des Verbands forschender Arzneimittelhersteller, Cornelia Yzer, nannte ihn wegen der Sparpläne "Schnee von gestern". Die Niedrigpreise in Schweden rührten zudem auch von dort fehlender Mehrwertsteuer her, sagte Frau Yzer. Der Geschäftsführer des Verbands der Pharmazeutischen Industrie, Henning Fahrenkamp, sagte, der Report übersehe die immensen Fortschritte etwa in der AIDS-Therapie.

Autorin: Shenjun Liu (dapd, dpa, rtr)
Redaktion: Martin Schrader