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Politik

Steinmeier sucht die Verständigung

Martin Fritz
5. Februar 2018

Die Olympischen Winterspiele sind der Anlass für die erste Reise von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nach Ostasien. Aber bei seinen Gesprächen in Tokio und Seoul steht der Konflikt mit Nordkorea im Mittelpunkt.

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Weihnachten mit dem Bundespraesidenten
Bild: picture-alliance/SvenSimon

Knapp fünf Tage nehmen sich Steinmeier und seine Frau Elke Büdenbender für die Aufenthalte in Japan und Südkorea Zeit. Am Freitagabend gehört das Ehepaar zu den Ehrengästen der Eröffnung der Olympischen Winterspiele in Pyeongchang. Am Samstag folgen Begegnungen mit IOC-Präsident Thomas Bach und deutschen Athleten im Deutschen Haus. Zum Abschluss schauen Steinmeier und seine Frau einem Biathlon-Sprint der Damen und dem Skispringen der Herren zu.

Doch die Reise beginnt mit einem Besuch der japanischen Hauptstadt Tokio am Dienstag und Mittwoch. Die japanische Seite hätte sich herabgesetzt gefühlt, wäre Steinmeier zuerst nach Seoul gefahren. Als G-20-Land ist Südkorea ein weniger enger Partner von Deutschland als die G7-Nation Japan. Zwar hatte Steinmeiers Vorgänger Joachim Gauck erst vor knapp 15 Monaten Japan mit Stationen in Tokio, Kyoto und Nagasaki ausführlich besucht. Aber bei der Entscheidung für den Japan-Abstecher dürfte Steinmeier wohl an die Krise um Nordkorea gedacht haben.

Japans Premierminister Shinzo Abe
Premierminister Abes Sicht auf den Korea-Konflikt ist etwas anders als die deutsche Bild: AFP/Getty Images/J. Silva

Deutschland als Vermittler?

Schon während seiner sieben Jahre als Außenminister hatte er sich immer wieder mit den Spannungen in Ostasien befassen müssen. In dieser Region ist anders als in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg keine friedensfördernde Sicherheitsarchitektur entstanden. Stattdessen ging auf der koreanischen Halbinsel der Kalte Krieg bis heute weiter. Seit der Verschärfung der Spannungen zwischen Nordkorea und den USA gilt Deutschland als möglicher Vermittler, auch weil es direkte diplomatische Beziehungen zwischen Berlin und Pjöngjang gibt. Steinmeier kennt die japanische Position gut, da er als Außenminister 2014 und 2016 in Japan war.

Allerdings muss der Bundespräsident bei dem Gespräch mit Japans konservativem Premierminister Shinzo Abe am Dienstagabend eine schwierige Gratwanderung bewältigen. Zwar betont Abe gerne das gemeinsame Engagement von Deutschland und Japan für Frieden und Sicherheit. Aber im Umgang mit der Nordkorea-Krise gibt es Meinungsunterschiede. Abe unterstützt die harte Haltung von US-Präsident Donald Trump gegenüber Nordkorea zu "100 Prozent" und fordert ungeachtet der Annäherung zwischen Seoul und Pjöngjang eine Fortsetzung der Sanktionspolitik. Das dürfte Japans Regierungschef beim Besuch von US-Vizepräsident Mike Pence am Mittwoch in Tokio erneut zum Ausdruck bringen.

Südkorea PK Moon Jae-in
Bei dem Gespräch mit Südkoreas Präsident Moon Jae In wird Nordkorea ebenfalls im Mittelpunkt stehen Bild: Reuters/Jung Yeon-Je

Meinungsunterschiede zu Nordkorea

Dagegen wurde Trump von Steinmeier mehrfach öffentlich kritisiert. Noch als Außenminister hatte er im August 2016 bei einer Fragestunde im Bundestag den damaligen US-Präsidentschaftsbewerber einen "Hassprediger" genannt. Auch nach seiner Wahl zum Bundespräsidenten im Februar 2017 blieb Steinmeier auf dieser Linie. In einem Interview wenige Monate später warnte er vor den Folgen der neuen US-Außenpolitik. Er sei sehr besorgt über die Veränderungen, sagte Steinmeier. Man könne nicht davon ausgehen, dass es sich schnell zurechtbiege. Daher müsste Europa geschlossener auftreten und am internationalen Schachspiel teilnehmen. Dieser Gedanke könnte auch den programmatischen Kurzvortrag zur "europäischen Perspektive auf die regionale Stabilität in Ostasien" bestimmen, den Steinmeier am Mittwoch vor der internationalen Presse in Tokio halten wird.

Auf offenere Ohren als in Japan dürften Steinmeiers Gedanken bei Südkoreas Präsident Moon Jae In treffen, der anders als Trump auf Verständigung setzt, um die Atom- und Raketenrüstung von Nordkorea unter Kontrolle zu bekommen. Steinmeier wird Moon am Donnerstag zu Gespräch und Mittagessen treffen. Am Abend diskutiert der Deutsche mit südkoreanischen Nordkorea-Experten über Erfahrungen mit der deutschen Vereinigung.

Japans Kaiser - Akihito
Auch ein Empfang durch das japanische Kaiserpaar steht in Japan auf dem Programm - Kaiser Akihito ist nur noch ein Jahr im Amt Bild: Reuters/Imperial Household Agency of Japan

Graffiti zu einem Mauer-Jubiläum

Dazu setzt der Bundespräsident bereits in Tokio ein Signal: An die Außenmauer der deutschen Botschaft haben zwei Graffitikünstler – der Deutsche Justus „COR" Becker und der Japaner Joji „imaone" Tsuda – ein gemeinsames Werk gesprayt. Das Kunstwerk soll daran erinnern, dass die teilende Mauer durch Deutschland am Montag genauso lange verschwunden ist wie sie gestanden hat, nämlich 28 Jahre, 2 Monate und 26 Tage. Aus diesem Anlass wird das Graffiti mit Steinmeier enthüllt.

Außer Wintersport, Mauerkunst und Nordkorea warten noch zwei protokollarische Höhepunkte: In Tokio gewähren Japans Kaiser Akihito und seine Frau Michiko dem deutschen Präsidenten die Ehre einer Audienz, obwohl es sich formal nur um einen Arbeitsbesuch in Japan handelt. Eigentlich ist ein Plausch mit dem Tenno, der im Frühjahr 2019 zurücktreten wird, nur bei einem Staatsbesuch üblich. In Seoul wird Steinmeier zum Ehrenbürger der südkoreanischen Hauptstadt ernannt.

Trotz des dichten Programms nimmt sich der Deutsche noch die Zeit, eine alte Freundschaft in Japan zu pflegen: Für den späten Dienstagabend hat sich Steinmeier mit seinem früheren Amtskollegen als Außenminister, Fumio Kishida, in einer Tokioter Kneipe zum Bier verabredet.