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Grünes Ruanda

4. September 2008

Unsere Afrika-Korrespondentin Christine Harjes wusste von der strikten Sauberkeit der Ruander - aber mit so strengen Regeln hatte sie nicht gerechnet. Hier ist ihre Post aus Kigali.

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Lernen von früher Jugend an, Müll zu vermeidenBild: Marie-Christine Werner
"Ich geb’s zu: Ich hab‘s provoziert. Als ich in Ruanda am Flughafen ankomme, trage ich meine Mitbringsel aus dem Nachbarland Burundi in lauter Plastiktüten an der Passkontrolle vorbei. Nichts passiert – die Beamten begrüßen mich wie immer freundlich und fragen mich, was ich in Ruanda vorhabe. Meine Plastiktüten interessieren sie überhaupt nicht. Enttäuscht gehe ich weiter zum Gepäckband. Mit Rucksack und den Tüten beladen mache ich mich auf den Weg zum Ausgang. Da – jetzt passiert doch etwas. Eine Zollbeamtin in dunkelblauer Uniform stürzt auf mich zu und zeigt missbilligend auf meine Tüten. Die sind nämlich in Ruanda verboten. Dass man bei der Einreise aber tatsächlich alle Tüten abgeben muss, das konnte ich mir nicht vorstellen. Jetzt habe ich meinen Beweis, überlasse die verpönte Verpackung der Dame vom Zoll und balanciere meine Körbe, Ketten und Holzfiguren aus Burundi mit bloßen Händen zum Auto. Der Taxifahrer grinst, als er mich und mein ganzes Zeugs ins Zentrum von Kigali fährt. Hier sind übrigens auch Plastiksandalen verboten. Präsident Kagame hat’s mit der Umwelt – und mit der Ästhetik.
Jutetasche
Jute statt Plastik - gilt erst recht in RuandaBild: picture-alliance/ dpa
Genauso wenig wie Plastikschlappen an den Füßen sieht man in Kigali nackte Männeroberkörper. Die sind nämlich auch verboten. Und wer gegen das Verbot verstößt, zahlt eine saftige Strafe. Das Gleiche gilt für Kaugummi-auf-die-Straße-Spucker und Müll-nicht-in-den-Papierkorb-Werfer. Ich habe noch nie so eine saubere afrikanische Stadt wie Kigali gesehen. Den Höhepunkt ruandischer Reinlichkeitsbemühungen kann der Besucher jeden letzten Samstag im Monat beobachten. Anderen Aktivitäten kann man da sowieso nicht nachgehen, weil alle – wirklich alle vom Präsidenten bis zum Dorfbewohner – mit Aufräumen beschäftigt sind. Die Geschäfte haben geschlossen; von morgens um sieben bis mittags darf niemand Auto fahren. Eine ungewohnte Ruhe liegt über den grünen Hügeln von Kigali. Mit Schaufeln, Eimern und Harken ausgerüstete Frauen und Männer hocken in kleinen Gruppen am Straßenrand, zupfen Unkraut, pflanzen Blumen und sammeln den wenigen Müll auf Kigalis vielen Grünflächen ein. Umuganda heißt das monatliche Großreinemachen und es geht um mehr als Sauberkeit. Durch die gemeinsame Arbeit lernen sich die Nachbarn untereinander besser kennen. Hutu und Tutsi. Wegen Umuganda sei er jetzt mit seinen Hutu-Nachbarn befreundet, erzählt mir ein ehemaliger Tutsi-Kindersoldat. Umuganda hilft in Ruanda Vertrauen aufzubauen, sagt er und dass es so hoffentlich nie wieder zu einem Genozid kommen kann.