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Regulieren oder abschaffen?

15. Oktober 2009

Die Milchquote ist nicht der Weisheit letzter Schluss, aber sie hat die Preise lange Zeit einigermaßen stabil gehalten. Zu dieser Folgerung kommt der Europäische Rechnungshof in seinem Sonderbericht.

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Streik der Milchbauern in Brüssel (Foto: DW/ Marina Maksimovic)
Streik der Milchbauern in BrüsselBild: DW

Sie demonstrieren, verschütten ihre Milch auf den Feldern und fordern faire Preise. Seit Monaten gehen die europäischen Milchbauern auf die Barrikaden, weil sie von 20 Cent pro Liter einfach nicht leben können. Für ihre Interessenvertreter ist der Fall klar: "Das Problem ist nicht, dass wir zu viele Milchbauern haben, das Problem ist, dass wir zu viel produzieren", sagt Gérard Choplin vom europäischen Bauernverband Via Campesina. Jedes Jahr gebe es weniger Bauern, jedes Jahr werde aber auch mehr produziert. Es müsse genau umgekehrt sein. Choplin fordert, wie der Europäische Milchviehhalter-Verband auch, eine weitere Regulierung der Milchmengen auf europäischer Ebene. Die Abschaffung der so genannten Milchquote bis 2015 sei seiner Meinung nach ein Fehler.

Quote hat Preise stabil gehalten

Rückenwind bekommen die Landwirte durch einen Bericht des Europäischen Rechnungshofs. Der hat untersucht, wie sich die gängigen Maßnahmen der EU auf den Milchmarkt auswirken. Das Fazit des Rechnungshofs: Die Milchquote hat die Preise lange Zeit relativ stabil gehalten. Werden die Märkte nicht mehr reguliert, könne das weit reichende Folgen haben, sowohl für die Milchmengen als auch die Preise, sagt Francis Joret: "Durch die Deregulierung wird die Produktion geschätzt um vier Prozent steigen. Die Preise werden dagegen voraussichtlich um zehn Prozent sinken."

Bauern versprühen Milch über das Feld (Foto: AP)
Bauern versprühen Milch über das FeldBild: AP

Gleichzeitig geht der Rechnungshof davon aus, dass sich die Milcherzeugung auf große Höfe konzentrieren wird, während die kleinen Produzenten nach und nach aussteigen. Schon seit Mitte der 90er Jahre habe sich in den alten Mitgliedstaaten die Zahl der Höfe halbiert. Auch die Quote habe das nicht verhindern können. Ein Argument, das auch die EU-Kommission immer wieder vorbringt. Sie setzt für die Zukunft auf die steigende Nachfrage aus Asien und Russland. Nach Ansicht des Rechnungshofs seien die europäischen Erzeuger auf dem Weltmarkt allerdings nur bedingt wettbewerbsfähig. Er empfiehlt, sich lieber auf die Nachfrage in der EU zu konzentrieren. Eine Forderung, die auch Gérard Choplin vom Bauernverband Via Campesina unterstützt: "Wir wollen uns doch in Europa selbst ernähren und nicht aus importierten Soja Milchpulver herstellen. Und dann fangen wir wieder an das Milchpulver zu exportieren, alles mit dem Geld der Steuerzahler, das geht doch nicht“.

Weichen noch nicht gestellt

20 Cent pro Liter ist zu wenig (Foto: dpa)
20 Cent pro Liter ist zu wenigBild: picture alliance/dpa

Ob Deregulierung oder Marktsteuerung, diese Entscheidung hat die EU-Kommission eigentlich längst getroffen - zugunsten des freien Marktes. Der Rechnungshof wolle seinen Bericht auch nicht als politisches Signal verstanden wissen, sagt Edward Fennessy: "Ich finde nicht, dass wir damit die Milchquote unterstützen. Wir wollen das Augenmerk auf einige Auswirkungen politischer Entscheidungen lenken. Wir stellen diese einmal getroffenen Entscheidungen nicht in Frage. Das ist nicht unsere Aufgabe." Eines aber ist sicher: Der Bericht des Rechnungshofes wird die Weichenstellung für die künftige Milchmarktpolitik nicht leichter machen.

Autor: Sylvie Ahrens
Redaktion: Heidi Engels