1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Regierung boykottiert Gespräche

Theresa Krinninger23. Juni 2015

Burundis Regierung scheint fest entschlossen: Trotz neuer Gewalt sollen in wenigen Tagen Parlamentswahlen stattfinden. Jetzt haben die Vereinten Nationen versucht, in dem politischen Streit zu vermitteln. Vergeblich.

https://p.dw.com/p/1FmQl
Pierre Nkurunziza
Bild: I.Sanogo/AFP/GettyImages

Eigentlich wollte der neue UN-Sondergesandte für Burundi wieder Bewegung in die Gespräche bringen. Nachdem sein Vorgänger vor zwei Wochen hingeschmissen hatte, waren die Verhandlungen ins Stocken geraten. Abdoulaye Bathily hatte dafür Akteure aus den verschiedenen politischen Lagern, sowie Vertreter der Zivilgesellschaft und die religiösen Führer des Landes eingeladen. Doch die Regierungspartei tauchte gar nicht erst auf.

"Wir informieren die nationale und internationale Gemeinschaft, dass der Wahlkampf absolute Priorität hat". So erklärte der Vorsitzende der Regierungspartei CNDD-FDD, Pascal Nyabenda, das Nichterscheinen seiner Partei. Man wolle nicht an einem Dialog teilnehmen, der die Wahlen stören könnte.

Die Wahlen werden also wie geplant am 29. Juni 2015 stattfinden. Dann soll das burundische Volk zunächst ein neues Parlament wählen. Zwei Wochen später stehen dann die Präsidentschaftswahlen an. Sie stehen heftig in der Kritik, denn Präsident Pierre Nkurunziza (Titelbild) kandidiert für eine dritte Amtszeit. Regierungsgegner versuchen seit Monaten die Wahlen zu verhindern, weil sie ein weiteres Mandat für verfassungswidrig halten.

Nach den Protesten nun Anschläge

Wochenlang hatte es Proteste gegen Nkurunzizas Kandidatur gegeben. Als sich die Lage gerade zu entspannen schien, erschütterte in den letzten Tagen eine Anschlagsserie das Land. Beim schlimmsten Angriff am Sonntagabend sind nach Polizeiangaben vier Menschen getötet und mindestens 27 verletzt worden. Unbekannte hatten in der Stadt Ngozi im Norden Burundis eine Handgranate in eine Bar geworfen, teilte die Polizei mit. Die Regierung und ihre Gegner schieben sich die Schuld gegenseitig zu: Ein ranghoher Polizeibeamter sprach von einer "Terrorkampagne". Die Behörden vermuten die Attentäter hätten das Ziel, Burundi zu destabilisieren und die Wahlen zu verhindern. Die Opposition hingegen spricht von einem Vorwand der Regierung, um ein gewaltsames Vorgehen gegen Kritiker zu rechtfertigen.

Pascal Nyabenda, CNDD-FDD-Partei Burundi
Pascal Nyabenda, Chef der burundischen Regierungspartei CNDD-FDDBild: C. de Souza/AFP/GettyImages

Trotz der chaotischen Situation beharrt die Regierung auf den Wahltermin und zeigt sich uneinsichtig. Dafür hagelt es Kritik von allen Seiten: Die Europäische Union drohte am Montag mit Sanktionen gegen "diejenigen, deren Aktionen zu Gewalttaten, Unterdrückung und gravierenden Menschenrechtsverletzungen geführten haben", hieß es in einer Stellungnahme der EU-Außenminister.

Die EU finanziert etwa die Hälfte der Jahresetats Burundis. Sie hat bereits einen Teil der Entwicklungshilfe gekürzt, ebenso wie Belgien und die Niederlande. Auch Deutschland hat Gelder eingefroren.

Bujumbura Burundi Protest Gewalt
Wochenlang hatten Regierungsgegner gegen ein drittes Mandat von Präsident Nkurunzia protestiertBild: picture-alliance/D. Kurokawa

Gleichzeitig mehren sich Anzeichen, dass das ostafrikanische Land weniger als eine Woche vor den Parlamentswahlen alles andere als bereit ist - obwohl der Termin bereits um mehr als einen Monat nach hinten verschoben worden war.

Wahlkommission ist optimistisch

Claver Ndayicariye, Chef der burundischen Wahlkommission (CENI), sieht das anders. Seiner Meinung nach läuft alles in geregelten Bahnen. Die Wahlkommission sei bestens vorbereitet: "Alle technischen und logistischen Vorkehrungen sind getroffen, die Wahlhelfer sowie das Material sind bereit", sagte Ndayicariye im DW-Interview. Auch die finanziellen Mittel stünden bereits seit mehreren Wochen zur Verfügung.

Etwa 17 Parteien drohten bereits vor Wochen, die Wahlen zu boykottieren. Doch Ndayicariye zufolge stehen alle Oppositionsparteien auf den Wahllisten. Die Wahlkommission habe noch keine offiziellen Boykott-Mitteilungen erhalten.

Regierungsgegner äußerten kürzlich heftige Kritik an der Wahlkommission, die in ihren Augen zum "Werkzeug" von Pierre Nkurunziza und seiner Regierungspartei verkommen sei. Sie verurteilen die Ernennung zweier neuer Wahlkommissionsmitglieder auf Anordnung des Parlaments, nachdem ihre Vorgänger aus dem Land geflohen waren.

Schlechte Vorzeichen für die Wahl

Bereits am vergangenen Freitag hatten die Vereinten Nationen gewarnt, dass Burundis Zukunft gefährdet sei. Laut UN-Sonderberichterstatter Pablo de Greiff sind die Voraussetzungen für demokratische Wahlen nicht gegeben. Die Regierung respektiere weder das Recht auf freie Meinungsäußerung noch das auf Versammlungsfreiheit. Der UN-Beauftragte berichtete über Gewalt und Einschüchterungsversuche durch die Regierungspartei und ihre militante Jugend. Fehlende Transparenz in den Parteien und eine Instrumentalisierung der Justiz bedrohten massiv die Zukunft des Landes. Doch die mahnenden Worte stoßen in Bujumbura auf taube Ohren. Der Versuch der UN, die Regierung jetzt zu einer politischen Lösung zu bewegen, ist gescheitert.

Am Rande des geplatzten Krisentreffens sagte der Sprecher der größten burundischen Menschenrechtsorganisation APRODH, er glaube nicht, dass die Opposition den Termin einfach so hinnehmen werde. "Es wird zu einem Kräftemessen kommen zwischen beiden Lagern". Nach Angaben seiner Organisation sind in den seit anderthalb Monaten anhaltenden Unruhen 70 Menschen getötet und 500 verletzt worden. Mehr als 500 Oppositionelle säßen in Gefängnissen, während weitere von Polizei oder Geheimdienst festgehalten würden.

Flüchtlinge aus Burundi in Tansania
Zehntausende sind auf der FluchtBild: Reuters/T. Mukoya

Dem APRODH-Vorsitzenden Pierre-Claver Mbonimpa zufolge sollen zahlreiche Häftlinge gefoltert worden sein. Mehr als 100.000 Menschen sind vor der Gewalt in die Nachbarländer geflüchtet. Sie alle werden ihre Stimme beim Urnengang am 29. Juni und bei den Präsidentschaftswahlen am 15. Juli womöglich nicht abgeben können. Die Regierungspartei CNDD-FDD hatte die Zahl der Toten während der Proteste gerade mal auf mehr als 40 beziffert.

Mitarbeit: Oumilkheir Hamidou und Eric Topona