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Regierung Balkenende am Ende

20. Februar 2010

Nach drei Jahren ist die niederländische Regierung am Ende: Konservative und Sozialdemokraten konnten sich über die Verlängerung des Afghanistan-Einsatzes nicht einigen. Für die Niederländer bedeutet das wohl: Neuwahlen.

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Jan Peter Balkenende (Foto: dpa)
Jan Peter Balkenende: "Kein gemeinsamer Weg mehr"Bild: picture-alliance/dpa

Die Sozialdemokraten blieben eisern: Für sie kommt eine Verlängerung des Afghanistan-Einsatzes schlicht nicht in Frage. Schließlich war der Abzug der Soldaten in der Regierung beschlossene Sache. Doch die Christdemokraten von Ministerpräsident Jan Peter Balkenende haben sich nach einer Bitte der NATO für eine Verlängerung ausgesprochen – und beharrten darauf. Und so zogen die Sozialdemokraten Konsequenzen und stiegen nach dramatischen Verhandlungen in der Nacht zum Samstag (20.01.2010) aus der Regierungskoalition aus.

Sozialdemokraten setzen sich durch

Der Ministerpräsident sagte am frühen Samstagmorgen, er werde Königin Beatrix die Demission der Minister und Staatssekretäre der zweitgrößten Regierungspartei, der

sozialdemokratischen PvdA, präsentieren. Löst die Königin die Regierung auf, hätten sich einstweilen die Sozialdemokraten mit ihrem Kurs durchgesetzt: Der Afghanistan-Einsatz könnte nämlich nicht verlängert werden, da das halbe Kabinett laut Verfassung keine weitreichenden Beschlüsse mehr fassen darf.

Niederländische Einheit im Auslandseinsatz (Foto: AP)
Zankapfel: Niederländer im AuslandseinsatzBild: AP

Er habe feststellen müssen, dass es keine Möglichkeit für eine fruchtbare Zusammenarbeit mehr gebe, sagte Ministerpräsident Balkenende vor Journalisten in Den Haag. Auch eine 16-stündige Marathonsitzung habe die Drei-Parteien-Koalition nicht retten können. Die sozialdemokratische PvdA habe die Regierung durch ihre Weigerung mit einer "politischen Hypothek" belastet. Eine ausgeglichene Debatte über die Ausweitung der Mission am Hindukusch sei so blockiert worden, kritisierte der Regierungschef.

Der Parteichef der Sozialdemokraten und Vizepremier Wouter Bos hatte sich kategorisch dagegen ausgesprochen, den Einsatz der niederländischen Soldaten in der südafghanischen Provinz Urusgan zu verlängern.

Eine heikle Bitte

NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen hatte vor wenigen Tagen darum gebeten, die Niederländer sollten bis August 2011 in Afghanistan bleiben, um einheimische Sicherheitskräfte auszubilden. Nach bisherigen Plänen wollen die Niederlande im August

dieses Jahres mit dem schrittweisen Rückzug ihrer Afghanistan-Truppe beginnen.

Die niederländische Armee ist seit 2006 in der südafghanischen Provinz Urusgan im Einsatz, derzeit mit 1950 Soldaten. In dem Gebiet haben die radikalislamischen Taliban großen Einfluss. Bei dem Einsatz kamen bislang 21 niederländische Soldaten ums Leben.

Beste Chancen für Rechtspopulisten

Um die islamistischen Aufständischen gut acht Jahre nach ihrem Einmarsch in Afghanistan endgültig zu besiegen, sollen die internationalen Truppen in Afghanistan in den kommenden Monaten um 40.000 auf gut 150.000 Soldaten aufgestockt werden. In Helmand, einer Nachbarprovinz von Urusgan, kämpfen afghanische und internationale Truppen derzeit in der größten Offensive seit dem Sturz der Taliban 2001 gegen die islamistischen Kämpfer.

Die Regierung Balkenende wäre am kommenden Montag drei Jahre im Amt gewesen. Politische Beobachter schließen nicht aus, dass es nun zu vorgezogenen Wahlen in den Niederlanden kommen wird. Die Christdemokraten halten derzeit lediglich 41 Sitze in dem 150 Sitze umfassenden Zehn-Parteien-Parlament. Die Sozialdemokraten sind durch 33 Parlamentarier vertreten. Meinungsumfragen sagen beiden großen Parteien herbe

Verluste voraus. Wäre an diesem Sonntag Wahl, würde den Umfragen zufolge die rechtsgerichtete "Partei für die Freiheit" (PVV) des Populisten Geert Wilders die Zahl ihrer Mandate von derzeit neun auf 24 erhöhen und zweitstärkste Kraft werden.

Autor: Manfred Götzke (dpa,afp,rtr)

Redaktion: Annamaria Sigrist