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Reformen häppchenweise

Martin Schrader27. April 2002

Wie geht es weiter in der Wirtschaftspolitik, falls die SPD nach der Bundestagswahl erneut das Ruder der Regierung übernehmen sollte? Aufschluss darüber liefert das Wahlprogramm.

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Kontinuität oder Wandel? Gerhard Schröder und Willy BrandtBild: AP

Falls die SPD erneut den Kanzler stellen sollte, werden die Themen Wirtschaft und Finanzen in den nächsten vier Jahren den zweiten Rang in der Hierarchie der politischen Prioritäten einnehmen – hinter der Außen-, aber weit vor der Familien- und Innenpolitik. Das ging aus dem Wahlprogramm der Partei hervor, das der SPD-Vorsitzende und Bundeskanzler Gerhard Schröder am Mittwoch (24.04.) der Öffentlichkeit präsentierte.

Die mehr als hundert Jahre alte Partei betonte darin ihren Ruf als sparsame Hüterin der öffentlichen Kassen. "Wir haben den Weg in den Schuldenstaat gestoppt und zu unserem Markenzeichen gemacht. Unser Ziel bleibt, 2006 einen ausgeglichenen Bundeshaushalt vorzulegen." Das bedeutet, dass die Einnahmen des Bundes die Ausgaben am Ende der nächsten Legislaturperiode nicht übersteigen dürfen. Durch "solide Finanzpolitik" wolle man die Preise stabil halten, das Wirtschaftswachstum ankurbeln und neue Arbeitsplätze schaffen.

Experten vermissen sachliche Auseinandersetzung

Wirtschaftsexperten wie der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Norbert Walter, hielten diese Äußerungen für zu schwammig. "Ich vermisse hier die sachliche Auseinandersetzung", so Walter im Interview mit DW-WORLD. "Angesichts eines solchen Programms fühlt sich die deutsche Wirtschaft im Dunkeln gelassen."

Andere Politiker würden sich freilich ebenso wenig festlegen, so Walter. "Im Moment überbieten sich die Parteien im Vermeiden jeder klaren Aussage." Man müsse sich aber vor Augen halten, dass alle politischen Partei gewählt werden wollten. Sie hätten deshalb Angst, Wähler durch die Ankündigung klarer Schnitte zu verschrecken.

Sparen ja, aber wo?

Wo soll am stärksten gespart werden? Diese Frage beantwortete das Programm tatsächlich nur in vagen Worten. Subventionen sollen gekappt werden. Unsicher blieb indes, welche Subventionen das sein sollen. Es hieß lediglich, man wolle "neue Prioritäten" setzen. Soziale Leistungen sollen beispielsweise "gezielter" eingesetzt werden. Die Parteistrategen scheinen sich sinkende Ausgaben durch eine Verzahnung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe für Arbeitslose zu erhoffen. Sie beteuerten aber im gleichen Absatz, es sei keine Senkung der Arbeitslosenhilfe geplant – zumindest nicht auf das Niveau der Sozialhilfe.

Vollbeschäftigung bleibt das zentrale Ziel der SPD für den Arbeitsmarkt. Um dies zu erreichen, will sie niedrig entlohnte Jobs für Arbeitnehmer attraktiv und für Arbeitgeber bezahlbar machen. Dazu wolle man im Einkommensbereich zwischen 325 und 800 Euro Zuschüsse bereit halten. Besondere Hilfen beim Aufbau von Arbeitsplätzen sollen die neuen Bundesländer erhalten. Eine klare Aussage trifft die Partei in ihrem Grundsatzpapier über die Ökosteuer. Die letzte Stufe werde plangemäß am 1. Januar 2003 in Kraft gesetzt. "Danach wird es keine weitere Anhebung geben."

Rezepte zu schwach?

Nationale und internationale Beobachter fanden ähnlich wie Walter wenig Lob für dieses Programm. Der Kommentator der Financial Times aus London kritisierte den Mangel an konkreten Zielen: "Eine Verlangsamung bei den Reformen bei gleichzeitiger Fortsetzung stückchenweiser Sozialprogramme sind ein langweiliges Rezept für die wirtschaftliche Stagnation. Schröder muss sich bis September neue Ideen einfallen lassen."

Ins gleiche Horn stieß die "Tagespost" aus Würzburg. Sie erinnerte die SPD daran, dass der Unions-Kanzlerkandidat Edmund Stoiber eine inhaltliche und keine personelle Auseinandersetzung plane. "Da sieht die SPD blass aus mit diesem Wahlkampfkonzept." Ob diese Analyse tatsächlich zutrifft, werden die Wählerinnen und Wähler bereits in der kommenden Woche überprüfen können. Dann will die Union ihr Wahlkampfprogramm vorstellen.