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"Das ist nicht tolerabel"

23. August 2015

Rechtsradikale gegen Polizisten: Schlachtähnliche Szenen spielten sich am Wochenende vor einem Notquartier für Flüchtlinge im sächsischen Heidenau ab. Die Politik ist entsetzt und fordert harte Strafen.

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Stanislaw Tillich in Heidenaum (Foto: picture alliance/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/O. Killig

Sachsens Landesregierung hat die Krawalle vor dem Flüchtlingsheim in Heidenau bei Dresden scharf verurteilt. Ministerpräsident Stanislaw Tillich sagte nach einem Besuch in der Notunterkunft, in Heidenau seien Grenzen überschritten worden. "Egal ob Asylbewerber, Hilfskräfte oder Polizisten aus blindem Hass angegriffen werden: Dieses ist nicht tolerabel und dementsprechend auch mit aller Konsequenz zu verfolgen", betonte der christdemokratische Regierungschef. Der Staat werde sein Gewaltmonopol durchsetzen. Zugleich mahnte Tillich zu Toleranz und Hilfsbereitschaft und warnte vor fremdenfeindlicher Hetze.

Rechtsradikale und Rassisten hatten am Wochenende zwei Nächte in Folge vor der Notunterkunft für Flüchtlinge randaliert und Polizisten angegriffen. Zwei Beamte wurden verletzt, wie eine Polizeisprecherin am Sonntag berichtete.

Ausschreitungen vor Asylunterkunft in Heidenau (Foto: picture alliance/dpa)
Der Hass scheint grenzenlos: sogar Brandsätze wurden geworfenBild: picture-alliance/dpa/A. Burgi

Einrichtung eines Kontrollbereichs

Laut Dresdens Polizeipräsident Dieter Kroll gilt seit Sonntagabend eine Sicherheitszone in Heidenau. "Wir rufen hier nicht den Ausnahmezustand aus", sagte Kroll. Aber die Maßnahme ermögliche der Polizei etwa eine anlasslose Feststellung von Personalien. Außerdem könnten leichter Platzverweise ausgesprochen werden.

Die Polizei richtete sich derweil auf neue Ausschreitungen ein. In den sozialen Netzwerken gebe es Aufrufe zu weiteren Protesten gegen die Unterkunft, sagte ein Sprecher. Auch die Gegenseite mobilisiere ihre Anhänger im Netz.

In die Nähe der Notunterkunft - einem früheren Baumarkt - wurden zuletzt nur noch Unterstützer von Flüchtlingen gelassen. Schaulustige und erkennbar rechte Gegner des Heims wies die Polizei ab.

Linke attackierten mutmaßlich Rechte

Rund 250 Angehörige der linken Antifa-Szene skandierten vor der Unterkunft laut Willkommensgrüße für Flüchtlinge. Die meisten der Teilnehmer waren schwarz gekleidet und teils mit Tüchern oder Sturmhauben maskiert. "Kein Spielraum für Nazi-Schläger", hieß es auf Plakaten. Auch eine vom Grünen-Landessprecher Jürgen Kasek angemeldete Kundgebung sollte die Solidarität mit den Flüchtlingen betonen.

Beim Abzug der Demonstranten zum Bahnhof, den die Polizei begleitete, kam es schließlich doch noch zu Übergriffen, nachdem zunächst alles friedlich verlief. Linke Aktivisten attackierten eine Gruppe von Menschen, die sie offensichtlich dem rechten Spektrum zuordneten. Die Polizei ging dazwischen und setzte Reizgas ein. Augenzeugen sprachen von einigen Verletzten.

Antwort "mit aller Härte"

Bundesjustizminister Heiko Maas und Vizekanzler Sigmar Gabriel (beide SPD) forderten, Polizei und Justiz müssten "mit aller Härte" gegen rechte Gewalttäter vorgehen. Gabriel kündigte an, an diesem Montag die Flüchtlinge in ihrer Unterkunft zu besuchen. Der Wirtschaftsminister ist das erste Mitglied der Bundesregierung, das sich vor Ort ein Bild macht. Innenminister Thomas de Maizière (CDU) sagte im deutschen Fernsehen: "Alle Asylbewerber und Flüchtlinge, ganz gleich ob sie später bleiben werden, haben das Recht auf eine anständige Unterbringung und Aufnahme, auf ein faires Verfahren." Wer das verhindern wolle, "der verlässt den Konsens der Demokraten".

Sigmar Gabriel (Foto: dpa)
Wird die Notunterkunft besuchen: Sigmar GabrielBild: picture-alliance/dpa/H. Schmidt

Die oppositionellen Grünen forderten ein Eingreifen der Kanzlerin. "Ich warne vor einem neuen rechten Terrorismus à la NSU. Die Zögerlichkeit von Angela Merkel, hier die richtigen Worte zu finden, kann ich nicht mehr verstehen", sagte die Fraktionschefin im Bundestag, Katrin Göring-Eckhardt.

Die Deutsche Polizeigewerkschaft bescheinigte der gesamten Politik Konzeptionslosigkeit, während der Zuzug von Flüchtlingen steige. "Im Ergebnis werden Gewalt, Extremismus und auch Rechtsterrorismus folgen."

wa/haz (dpa, afp, rtr, epd)