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"Realitätsfern, disziplinlos und arrogant"

3. November 2011

Cannes blickt auf Athen – Die G20 reden über Griechenland +++ Was erwarten die USA vom Gipfel? +++ Hedgefonds – sie sollten eigentlich auch ein Gipfelthema sein +++ Griechenlandhilfe aus China gäbe es nicht zum Nulltarif

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Beim Treffen der zwanzig führenden Volkswirtschaften der Welt im französischen Cannes ist die Verärgerung über Georgis Papandreou mit Händen zu greifen. Zur Erinnerung: In der letzten Woche hatten die Eurozonenländer einen Plan beschlossen, der Griechenland vor einer sofortigen Pleite bewahren und dem Land eine Chance eröffnen sollte, vom hohen Schuldenstand runterzukommen. Dazu hatte es zwei Gipfel auf europäischer Ebene gebraucht. Mit der Ankündigung von Regierungschef Papandreou, das Volk darüber entscheiden zu lassen, dieses Angebot anzunehmen oder nicht, war das Hilfspaket praktisch entwertet. Die Unsicherheit über den Zeitpunkt und den Ausgang des Referendums hatten die Spekulanten wieder auf den Plan gerufen - die Finanzmärkte, die schon beruhigt schienen, waren wieder in Aufruhr geraten. Unter diesen Vorzeichen hat heute der G20-Gipfel begonnen.

US-Präsident Obama muß sich vorkommen, als sei er im falschen Film. Eigentlich sollten auf dem Treffen andere Themen besprochen werden – jetzt dreht sich alles um die Griechen. Und die sind ein europäisches Problem, kein amerikanisches. Das könnten zwei verlorene Tage für Obama werden, der sich zu Hause bereits im Wahlkampf befindet. Er kann jetzt nicht auf internationalem Parkett punkten – das ist nicht gut für seine Kampagne. Selbst wenn er wieder gewählt werden sollte – und sicher ist das ganz und gar nicht – wird er zwei Jahre später, in der zweiten Hälfte seiner dann zweiten Amtszeit eine "Lame Duck" sein: Ein Präsident auf Abruf, der nichts mehr bewegen kann. Er hat also nicht mehr viel Zeit.

Ein Thema dieses Gipfels sollte die Eindämmung jener Spekulationen sein, die weltweit die Nahrungsmittel verteuern oder ganze Volkswirtschaften stürzen können, zum Beispiel mit einer Finanztransaktionssteuer. In Europa hat diese Idee viele Freunde, in den angelsächsischen Ländern dagegen nicht. Deshalb und wegen der wie ein Damoklesschwert über allen hängenden Griechenkrise ist es nicht wahrscheinlich, daß sich die G20-Staaten auf ihre Einführung verständigen werden.

Die Möglichkeiten der Euroländer, den Griechen beizustehen, sind beschränkt. Selbst, wenn die die Hilfe einfach mal akzeptieren würden. Aus den USA kann Hilfe nicht kommen, weil die Amerikaner selbst hoch verschuldet sind und nah am Rande einer Rezession wandeln. So richtet sich der hilfesuchende Blick hoffend auf Peking. Wir haben diese Alternative einmal genauer unter die Lupe genommen und feststellen müssen, dass das offizielle China von den Hilferufen aus Europa kaum beeindruckt ist. Schließlich, so ein ehemaliger Minister, seien die Europäer an der Misere selbst schuld, weil sie "realitätsfern, disziplinlos und arrogant" agierten.

Moderation: Dirk Ulrich Kaufmann

Redaktion: Rolf Wenkel