1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Reaktionen zur Kenyatta-Entscheidung

Hilke Fischer5. Dezember 2014

Im Internet wird die Entscheidung, die Anklage gegen Kenias Präsidenten Kenyatta vor dem IStGH fallen zu lassen, überwiegend wohlwollend kommentiert. Grund dafür ist auch geschicktes Taktieren Kenyattas.

https://p.dw.com/p/1DzxE
Kenianerinnen feiern, dass die Anklage gegen Kenyatta fallengelassen wurde Foto: REUTERS/Noor Khamis
Bild: Reuters/Noor Khamis

"Hallelujah!" - "Gott sei Dank!" - "FAANTAASTISCH!!!!!!!!!!!!" In den sozialen Medien und den Kommentarfeldern der Websites kenianischer Zeitungen sind nach Bekanntwerden der Nachricht, dass die Anklage gegen Uhuru Kenyatta vor dem Internationalen Strafgerichtshof fallen gelassen wird, wahre Begeisterungsstürme losgebrochen. "Das ist das perfekte Weihnachtsgeschenk für den Präsidenten", schreibt ein Leser der "Daily Nation". "Ich habe schon angefangen, zu feiern, bin auf dem Weg in die nächste Bar. Am Montag bin ich dann hoffentlich wieder nüchtern", schreibt ein anderer auf der Website des "Standard".

Kenias Präsident sollte der Prozess wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit gemacht werden. Er soll bei den Unruhen nach den Wahlen 2007 zu Mord, Vertreibung und Vergewaltigung aufgestachelt haben. Mehr als 1000 Menschen kamen bei den Ausschreitungen ums Leben.

Uhuru Kenyatta Foto: REUTERS/Thomas Mukoya
Beliebter denn je: Präsident Uhuru KenyattaBild: Reuters/Thomas Mukoya

Stimmungsmache gegen den Westen

Die Anklage vor dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) hat die Beliebtheit des kenianischen Präsidenten noch weiter gesteigert. Geschickt gelang es ihm, im nationalen Parlament und bei der Afrikanischen Union Stimmung gegen den IStGH zu machen und ihn in Kenia als "neokoloniales Instrument" zu brandmarken. Der Appell an die Eigenständigkeit und den afrikanischen Stolz scheint gefruchtet zu haben: "Afrika muss frei bleiben!", kommentiert ein Leser der "Daily Nation". Und ein anderer: "Westlicher Imperialismus wird nicht noch einmal in Kenia möglich sein. Unser Präsident hat all seine Ressourcen aufgewandt, um sie in ihrem eigenen Spiel zu schlagen."

Für viele Kenianer birgt das Fallenlassen der Anklage auch die Hoffnung, dass sich die Regierung nun voll und ganz auf die aktuellen Probleme im Land konzentrieren kann: In den vergangenen Tagen hat die somalische Terrorgruppe Al-Shabaab mehrfach Übergriffe im Norden Kenias verübt und dutzende Menschen getötet. An die Chefanklägerin Fatou Bensouda gerichtet schreibt ein Standard-Leser: "Bensouda, wegen Dir musste Uhuru viel Zeit vergeuden, die er hätte nutzen sollen, um die verdammten Terroristen zu bekämpfen."

Chefanklägerin Fatou Bensouda Foto: REUTERS/Toussaint Kluiters/United Photos/Pool
Chefanklägerin Fatou BensoudaBild: Reuters

Respekt vor den Opfern

Doch es gibt auch kritische Stimmen: "Ich bin froh, dass sie unseren Präsidenten aus der Verantwortung genommen haben", schreibt ein Nation-Leser. "Aber ich werde nicht feiern, aus Respekt vor den 1300 unschuldigen Opfern, die sterben mussten, und all denen, die ihren Besitz verloren haben."

Die Anklage hatte das Verfahren aus Mangel an Beweisen eingestellt. Sie hatte sich im Vorfeld mehrfach darüber beschwert, dass die Behörden sich weigerten, Dokumente herauszugeben. Zuletzt gingen dem Gericht die Zeugen aus. Die kenianische Regierung steht in dem Verdacht, die sie durch Drohungen oder Bestechungsgelder dazu gebracht zu haben, ihre Aussagen zurückzuziehen. "Die Regierung hat Beweisstücke versteckt und Bank- und Telefonverbindungen aus der Zeit nicht herausgegeben. Der Fall hätte nur dann Erfolg gehabt, wenn Uhuru nicht mehr an der Macht gewesen wäre", glaubt der Kenianer Phestus Mwangi, der die Nachricht auf der Facebook-Seite des DW-Kiswahili-Programms kommentiert. "Die Wahrheit ist begraben worden", schreibt dort auch Benjamin Korir.

Wahlen Kenia 2007 Auschreitungen Foto: YASUYOSHI CHIBA/AFP/Getty Images
Nach den Wahlen vor knapp sieben Jahren kam es in Kenia zu gewaltsamen AuseinandersetzungenBild: Getty Images

Die Verfahren gegen Kenias Vize-Präsidenten William Ruto und den Journalisten Walter Osapiri Barasa, der Zeugen im Prozess gegen Kenyatta und Ruto beeinflusst haben soll, sind weiterhin in Den Haag anhängig. In den sozialen Medien fordern viele Kenianer, dass auch sie nicht weiter verfolgt werden. Im Falle Ruto ist die Beweislage ähnlich dünn wie bei Kenyatta. Inwieweit der IStGH im Fall der Gewaltexzesse in Kenia tatsächlich zur Gerechtigkeit, die sich die Opfer erhoffen, beitragen kann, ist mehr als fraglich. Kiguhe Mbwaya aus Kenia schreibt auf Facebook: "Wenn Kenyatta wirklich daran Schuld sein sollte, dann wird am Ende Gott sein Urteil fällen."