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Rau will deutsch-chinesischen Dialog fördern

Jens Thurau 29. August 2003

Bundespräsident Rau reist am 10.9.03 nach China. Bei einer Diskussionsrunde der Deutschen Welle mit China-Experten sprach sich Rau für eine Vertiefung der Beziehungen zu China aus.

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Will gute Beziehungen weiter ausbauen: Bundespräsident Johannes RauBild: AP

Eine Woche lang bereist Johannes Rau China: Das Riesenreich mit mehr als einer Milliarde Menschen, das Boom-Land der Weltwirtschaft, das sich um Reformen bemüht - aber dessen Maßstäbe im Rechtssystem und bei den Menschenrechten sich von denen im Westen erheblich unterscheiden. In den 1990er-Jahren war Raus Vorgänger, Roman Herzog, im Fernen Osten. Er sprach danach von seinem schwierigsten Staatsbesuch. Aber China - betonte Rau im Schloss Bellevue bei einer Veranstaltung von DW-TV mit China-Experten - verändere sich in immer schnellerem Tempo: "Ich glaube nicht, dass es meine schwierigste Reise werden wird. Denn in der Tat sind die Beziehungen zwischen Deutschland und China sehr, sehr gut - auf allen Ebenen. Wir sind als Investoren hoch willkommen. Aber es geht weit über das Wirtschaftliche hinaus."

Seit 1999 führt die deutsche Regierung mit China einen Dialog über Rechtsstaatlichkeit. Vor allem für deutsche Wirtschaftsvertreter sind geordnete und zuverlässige Rechtsnormen wichtig. Aufgeschreckt haben im Ausland zuletzt Meldungen über einen chinesischen Anwalt, der in Schanghai Mieter vertreten hat, die die Behörden aus ihren Häusern vertreiben wollten - und der nun selbst vor Gericht steht. In China hat eben - so der Schriftsteller und China-Experte Tilman Spengler - die kommunistische Partei einen direkten Durchgriff auf die Justiz.

Entideologisierung in China

Ausländische Unternehmen, die auf einklagbare Rechte pochen, könnten hier aber als Motor für Änderungen fungieren. Deutsche Firmen machen das seit langem - einige davon wird Rau besuchen.

Auf dem dichtgedrängten Programm des Bundespräsidenten stehen unter anderem Besuche in Peking und Shanghai, an der großen Mauer, in Hongkong und natürlich Gespräche mit Staatspräsident Hu Jintao. Der ist seit März Staatsoberhaupt - und gut im Gespräch mit den anderen Mächtigen der Erde. Er erinnert - meint Spengler - nur wenig an einen kommunistischen Herrscher alter Prägung. Wirtschaftlich pragmatisch und ideologisch flexibel sei dieser Mann. Allerdings sei die Machterhaltung für die Partei auch bei ihm oberstes Prinzip. "Ich habe tatsächlich den Eindruck einer Entideologisierung", betont Spengler. "Dazu muss man aber auch sagen, dass es sich von einem strengen ideologischen oder philosophischen Standpunkt aus betrachtet eher um eine Gurken-Philosophie gehandelt hat - vor allem für chinesische Verhältnisse. Da war ja nichts, was im großen Maßstab sinnstiftend sein kann."

Austausch der Geisteswissenschaftler

China boomt also - und globalisiert sich. 10.000 Chinesen studieren in Deutschland - das ist die größte außereuropäische Gruppe an Studenten. An der Pekinger Universität wird Rau eine Rede zum Thema "Die Rolle Deutschlands und Chinas in der Welt" halten. Ansprechen will er dabei auch, dass sich der ansonsten rege Austausch von Wissenschaftlern noch etwas einseitig gestaltet: "Da sind wir auf gleicher Augenhöhe, was die technischen und naturwissenschaftlichen Disziplinen angeht. Wir sind es aber bislang nicht, was die Geisteswissenschaften angeht. Es gibt keinen erkennbaren Dialog zwischen China und Europa über die Frage: Wohin wollen wir diese Welt entwickeln, wie wollen wir in dieser Welt leben?"

Rau will Verbindungen zwischen China und Deutschland fördern, die nicht nur die Ökonomie betreffen, zum Beispiel an der Universität Nanjing, wo er das Thema Rechtsstaatdialog zum Inhalt seiner Rede machen will. Oder in Schanghai, wo der Bundespräsident die Aufnahmebereitschaft der Chinesen für jüdische Flüchtlinge aus Nazi-Deutschland würdigen wird: "Schanghai war der einzige Ort der Welt, an dem Juden sein konnten, ohne sich in ein Melderegister eintragen lassen zu müssen. Viele tausend Juden haben nur überlebt, weil es Schanghai gab und weil die Stadt Menschen aufgenommen hat."

Nicht schweigen, aber auch nicht brüskieren

Auf seine eigene, leise Art will Rau das Thema Menschenrechte ansprechen - am besten unter vier Augen im Gespräch mit Chinas Mächtigen. Den Gastgeber während eines Staatsbesuchs zu brüskieren, mache wenig Sinn, meint der Bundespräsident. Er sei kein guter Sammler von "Empörungs-Statements". Aber schweigen werde er nicht, versicherte das deutsche Staatsoberhaupt.