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Tipps vom Finanzfachmann

4. Februar 2010

Wolfgang Klinz, Vorsitzender des EU-Parlamentsausschusses zur Wirtschaftskrise, will Griechenland seine Täuschungsmanöver in der Finanzpolitik nicht mehr durchgehen lassen. Ein Sonderbeauftragter könne helfen.

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Wolfgang Klinz sitzt am Schreibtisch und hält ein Papier in der Hand (Foto: dpa)
Wolfgang Klinz (FDP) fordert eine Aufsicht für GriechenlandBild: picture-alliance/dpa

DW-WORLD.DE: Braucht die griechische Regierung einen EU-Sonderbeauftragten, der das Sparprogramm überwacht?

Wolfgang Klinz: Es wäre gut, wenn es jemanden gäbe, der auf der griechischen Seite mit dabei ist. So macht es auch der Internationale Währungsfonds. Der Fonds schickt einen "special envoy", der quasi auf den Knien des Finanz- und Wirtschaftsministers sitzt und ihnen sagt, was zu tun ist. Aber so weit gehe ich gar nicht. Die griechische Regierung muss ihre Pläne selbst machen und das hat sie ja auch getan. Sie muss sie auch selbst umsetzen.

Aber es wäre gut, in Form eines Hohen Beauftragten einen Widerhall zu haben, mit dem die griechische Regierung die eine oder andere Problematik besprechen kann, die sich sicherlich bei der Umsetzung der Sparpläne herausstellen wird. Der Beauftragte könnte Tipps geben, wie es weitergehen soll - und eventuell könnte er auch als Blitzableiter dienen.

Kann ein Beauftragter Täuschungsmanöver in Zukunft verhindern?

Das Logo von Eurostat
Freier Zugang für Eurostat - fordert Klinz

Wenn jemand die EU täuschen will, wird es sehr schwer sein, ihn bei diesem Täuschungsversuch zu stoppen. Aber ich halte ich es nicht länger für akzeptabel, dass die europäische Statistikbehörde Eurostat in Griechenland keinen Zugang zu den Statistiken hat, weil Griechenland sagt, es sei ein souveränes Land und das seien Aufgaben, die in seiner eigenen Souveränität lägen. Das kann ich bis zu einem gewissen Grad zwar akzeptieren. Wenn sich aber die Statistiken wiederholt als falsch herausstellen, dann hat Griechenland das Recht verwirkt, ohne den direkten Zugang von Eurostat zu arbeiten.

Wird die Präsenz eines europäischen Hohen Beauftragten im griechischen Finanzministerium nicht eine europafeindliche Stimmung im Land schüren?

Wenn wir zulassen, dass Griechenland mit der Mauschelei durchkommt, wird die Europaskepsis in allen anderen Staaten, die sich bemüht haben, die Verträge einzuhalten, noch größer werden - und das ist ein viel größerer Schaden. Wie soll ich den niederländischen, den französischen oder den deutschen Bürgern klarmachen, dass sie ihre Steuern zahlen und den Euro-Stabilitätspakt einhalten sollen, wenn wir gleichzeitig durchgehen lassen, dass ein anderes Land Jahr für Jahr mit Täuschungsmanövern arbeitet? Das geht nicht.

Ist die Steuerhinterziehung eines der größten Probleme für Griechenland?

Die griechische Regierung muss einsehen, dass es in Griechenland eine Steuerhinterziehung enormen Ausmaßes gibt. Wenn ich mir vorstelle, dass die Pro-Kopf-Quote von Porsche Cayenne in Griechenland höher ist als in jedem anderen Land in Europa, gleichzeitig aber nur fünf Prozent der Bevölkerung ein Einkommen von 100.000 Euro oder mehr als zu versteuerndes Einkommen angeben, dann stimmt etwas nicht. Wenn ich die Yachten im Hafen von Piräus sehe und gleichzeitig feststelle, dass die Leute, denen die Yachten gehören, ein Einkommen haben, was unterhalb von so und soviel ist - deutlicher kann diese Misswirtschaft gar nicht auftreten und sichtbar werden.

Das Interview führte Stamatis Assimenios

Redaktion: Mirjana Dikic / Julia Kuckelkorn