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Rassismus verändert sich

Ulrike Mast-Kirschning20. März 2007

Durch neue und alte Rassismus-Formen werden in vielen Teilen der Welt immer noch Menschen ausgegrenzt. Am internationalen UN-Tag gegen Rassismus wird auf die anhaltende Diskriminierung aufmerksam gemacht.

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Springerstiefel können ein Symbol des Rassismus in Deutschland sein. Nicht alle Rechtsextremisten können aber an ihrem Aussehen erkannt werden
Springerstiefel sind ein Symbol des Rassismus in Deutschland. Nicht alle Rechtsextremisten sind an ihrem Aussehen zu erkennenBild: picture-alliance/dpa

Doudou Diène, UN-Sonderberichterstatter für Rassendiskriminierung, warnte in den vergangen Monaten vor einem zunehmenden Rassismus in den westlichen Gesellschaften. Kürzlich bescheinigte er sogar den als tolerant geltenden Schweizern eine "Schwäche der politischen Strategie und der Justiz" im Kampf gegen Rassismus und Diskriminierung in ihrem Land.

Die Rechte auf Gleichheit und Würde des Menschen stehen bei den Menschenrechten zwar im Mittelpunkt, sind aber trotzdem weiterhin bedroht. Andere Hautfarben, Kulturen oder Religionen - manchmal auch all das zusammen - führen in vielen Gesellschaften zur rassistischen Ausgrenzung von Menschen. Rassismus ist dabei kein Phänomen, das auf die Zeit des Kolonialismus in Europa und den transatlantischen Sklavenhandel begrenzt ist. Vielmehr unterliegt der Nährboden, so die Erkenntnis der Vereinten Nationen, einer ständigen Transformation. Der Internationale Tag gegen den Rassismus am 21. März möchte, wie der Name schon sagt, diesem Rassismus entgegen wirken.

Aktionspläne erstellen

Die Internationale Woche gegen Rassismus 2007 geht vom 17. bis 25. März
Die Internationale Woche gegen Rassismus 2007 geht vom 17. bis 25. März

Die Weltkonferenz gegen Rassismus im südafrikanischen Durban hatte 2001 festgehalten, dass rassistische Diskriminierung nach wie vor ein weltweites Problem ist. Die Weltkonferenz hat die Staaten dazu aufgefordert, nationale Aktionspläne zu erstellen, auch wegen der Herausforderungen durch die Globalisierung: "In dem Abschlussdokument der Durbaner Weltkonferenz gegen Rassismus wurde explizit festgehalten, dass gerade Flüchtlinge und Migranten sowie Migrantinnen und Migranten mit einem prekären Status besonders in der Gefahr stehen, Opfer von rassistischer Diskriminierung zu werden weltweit", sagt Petra Follmar-Otto, vom Deutschen Institut für Menschenrechte in Berlin. Und diese neuen Formen von Rassismus würden sich dann in den verschiedenen Staaten mit alten, zum Teil kulturell auch sehr stark verwurzelten Rassismus-Formen ergänzen.

Petra Follmar-Otto beschreibt weiter, dass rassistische Diskriminierung entstehe, wenn in einer Gesellschaft Gruppen konstruiert würden, denen bestimmte Merkmale zugeschrieben werden, die angeblich dann für alle Mitglieder dieser Gruppe zutreffen. Wenn damit dann die Abwertung und Ausgrenzung der Individuen in dieser Gruppe begründet werde, entwickle sich aus der multikulturellen schnell eine diskriminierende Gesellschaft. Diese Erfahrung müssten viele Menschen machen, auch im Alltag des demokratischen Deutschlands, zum Beispiel bei der Wohnungssuche, auf dem Arbeitsmarkt, in der Sprache oder im Fußballstadion.

Fremde ist Heimat

"Und indem man von Ausländerfeindlichkeit oder von Fremdenfeindlichkeit spricht, impliziert man ja, dass die Menschen, die rassistisch diskriminiert werden, nach wie vor Fremde sind", erklärt Follmar-Otto weiter. Das sei aber in vielen Fällen gar nicht so. Viele von ihnen würden schon seit Generationen in Deutschland leben oder einen deutschen Pass haben. Sie würden nur angesichts bestimmter Merkmale, wie Hautfarbe oder Namensklang, nach wie vor als fremd wahrgenommen.

Unter großen Schwierigkeiten wurde in Deutschland vor kurzem eine Anti-Diskriminierungsrichtlinie der EU in nationales Recht umgesetzt. Den von der UN-Konferenz in Durban geforderten nationalen Aktionsplan, gibt es aber immer noch nicht.

Petra Follmar-Otto glaubt, dass sich Deutschland von anderen europäischen Staaten wie Großbritannien oder den Niederlanden unterscheidet. Diese Staaten würden eine langjährige Anti-Diskriminierungskultur haben - während Rassismus in Deutschland nach wie vor nicht klar und offen genug thematisiert würde.

Einstellung ändern

Tabuisiert wird das Thema Rassismus aber nicht nur in Deutschland, sondern in vielen Teilen der Welt. Nicht allein die modernen Migrationsbewegungen in die reicheren Länder konfrontieren die Gesellschaften damit, neue Identitäten zu entwickeln. Selbst einer traditionell multikulturellen Gesellschaft, wie der indischen, falle es schwer kulturell verwurzelte Formen von Rassismus zu überwinden. Trotz der Abschaffung des Kastensystems sind die Dalit, ehemals Mitglieder der Kaste der Unberührbaren, teilweise extremen Formen von rassistischer Diskriminierung ausgesetzt. Das UN-Komitee zur Beseitigung jeglicher Form von Diskriminierung hatte erst zu Beginn dieses Monats beklagt, dass die systematischen Schmähungen der Dalit bis zu Folterungen, außergerichtlichen Tötungen und sexueller Gewalt gegen die Dalit-Frauen reichen. Nach Angaben von "Human Rights Watch" hat Indien bislang versäumt, Gesetze zu erlassen und wirkungsvolle Aktionen zum Schutz der Dalit zu ergreifen. Ein Vorgehen, das für die Beendigung rassistischer Diskriminierung überall entscheidend ist.

Petra Follmar-Otto glaubt allerdings, dass ein Kampf gegen den Rassismus nicht nur mit rechtlichen Instrumentarien geführt werden kann: "Ganz zentral kann man gegen Rassismus nur vorgehen, wenn man die Einstellung in den Köpfen der Menschen verändert", sagt sie. Außerdem nennt sie Schlagworte wie Bewusstseinsbildung, Öffentlichkeitsarbeit und Kampagnen, mit denen der Kampf gegen den Rassismus angegangen werden müsse. Auf der anderen Seite gehöre aber genauso dazu, den Menschen, die von rassistischer Diskriminierung betroffen sind, die Möglichkeiten zur Verfügung zu stellen, die sie im Sinne eines "empowerment" ermächtigen, sich selbst gegen die Verletzung ihrer Rechte zur Wehr zu setzen.