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Rasantes Wachstum der Menschheit im Sekundentakt

Tobias Grote-Beverborg 11. Juli 2006

Mitte des 21. Jahrhunderts soll die Bevölkerungsexplosion weltweit ein Ende finden. Bis dahin brauchen die Kinder und Jugendlichen - zukünftige Mütter und Väter - eine Ausbildung, Arbeit und gezielte Sexualaufklärung.

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Die drei kleinen Chinesen haben gut lachenBild: picture-alliance/ ZB

Nie zuvor gab es so viele Menschen auf der Erde wie heute - 6,5 Milliarden. Während sich die Menschen in Deutschland um sinkende Geburtenraten sorgen, wächst die Weltbevölkerung nach jüngsten UN-Hochrechnungen um zweieinhalb Menschen pro Sekunde: Das ergibt 150 Menschen in der Minute oder über 200.000 am Tag. In einem Jahr wächst die Weltbevölkerung um weitere 80 Millionen Menschen an, etwa so viele, wie Deutschland Einwohner hat. Demografen wie Herwig Birg, Bevölkerungswissenschaftler an der Universität Bielefeld, sprechen deshalb auch von einer Bevölkerungsexplosion.

Staatliche Regelungen helfen nur wenig

Uganda Kinder
Kinder in Uganda - sie brauchen eine AusbildungBild: dpa

Dabei findet das Bevölkerungswachstum zu 95 Prozent in den Entwicklungs- und Schwellenländern statt, in denen acht von zehn Babys geboren werden. Neben Afrika weist vor allem Asien ein rasantes Bevölkerungswachstum auf. In China und Indien könnte sich angesichts der gegenwärtigen Wachstumsrate die Bevölkerung in den nächsten 50 Jahren verdoppeln. Und das, obwohl es in China eine restriktive Familienpolitik gibt, die die Anzahl der Kinder auf ein oder zwei Kinder pro Paar beschränkt und sich Indien ebenso durch staatliche Maßnahmen bemüht, das Bevölkerungswachstum zu bremsen.

Es gibt mehr gebärfähige Frauen auf der Welt

Doch laut Birg liegen die Ursachen nicht in einer verfehlten Familienpolitik: "Der Hauptgrund ist, dass immer noch Hunderte von Millionen von jungen Frauen in das so genannte gebärfähige Alter von 15 bis 45 Jahren hineinwachsen. Diese Menschen sind schon geboren und rücken ein in dieses wichtige Alter und dadurch wächst die Bevölkerung." Die Geburtenrate würde in allen Ländern der Erde, sogar in China und Indien, fallen. "Aber weil eben sehr viele junge Frauen nachrücken, gibt es ein Bevölkerungswachstum bei gleichzeitigem Rückgang der Kinderzahl pro Frau", sagt der Bevölkerungswissenschaftler.

Entscheidung in der Wirtschaftsgesellschaft

Die Herausgeber des jüngsten UN-Bevölkerungsberichts - "World Population to 2005" sehen ein Ende der Bevölkerungsexplosion erst für die Mitte des 21. Jahrhunderts voraus. Bis dahin dürfte die Geburtenrate pro Frau global auf zwei Kinder gesunken sein. Neben der Anti-Baby-Pille und anderen Möglichkeiten der Geburtenkontrolle, die bis dahin weltweit verfügbar sein werden, spielen aber die wirtschaftliche Entwicklung und damit einhergehende verbesserte Verdienstmöglichkeiten eine entscheidende Rolle, wie der Bielefelder Bevölkerungsexperte erklärt: "Die dynamischen Wirtschaftsgesellschaften verlangen von den Menschen eine immer höhere Anpassungsfähigkeit an die Zwänge des Arbeitsmarktes, so dass Kinder Festlegungen bedeuten, die diese Flexibilität ausschließen. Und die Menschen müssen dann leider wählen, entweder eine Familie zu haben oder im Arbeits- und Wirtschaftsleben größtmöglichen Erfolg zu haben."

Die Kinder und Jugendlichen brauchen Ausbildungen und Arbeit

Während sich in Deutschland und anderen europäischen Ländern der Bevölkerungsrückgang und die damit einhergehende Überalterung der Gesellschaft bereits deutlich abzeichnen, kommen auf die Entwicklungsländer in den nächsten Jahren durch den wachsenden Bevölkerungsdruck große Probleme zu: Ein Drittel der Bevölkerung in Entwicklungsländern sind Kinder und Jugendliche, die ausgebildet werden müssen und später Arbeitsplätze benötigen. Inwieweit dies in den unterentwickelten bzw. wirtschaftlich schwachen Regionen möglich ist, wird sich zeigen.

Die Vereinigten Nationen appellieren am Dienstag (11.7.2006), dem Weltbevölkerungstag, sich vor allem um die Kinder und Jugendlichen - das heißt den zukünftigen Vätern und Müttern - zu kümmern. Und zwar durch bessere Gesundheitsvorsorge, mehr Bildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten für junge Frauen, gezielte Sexualaufklärung und Zugang zu Verhütungsmitteln. Denn die endgültige Größe der Weltbevölkerung wird zum großen Teil davon abhängen, für wie viele Kinder sich die heutige Teenagergeneration später entscheiden wird.