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Gesellschaft

Ranking definiert Attraktivität deutscher Unis

Helena Kaschel
24. Februar 2017

Deutschlands Universitäten ziehen ausländische Studenten an. Entscheidend für die Attraktivität sind jedoch nicht der gebührenfreie Zugang, sondern die Positionierung bei Hochschulrankings.

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Symbolfoto Studenten
Bild: picture-alliance/Geisler-Fotopress/C. Hardt

"Nur noch Deutschland bietet gebührenfreie Hochschulbildung," meldeten am Donnerstag zahlreiche Medien. Im Bundestagswahljahr 2017 hätte eine solche Aussage das Potential, die bereits vielfach geführte Debatte um Studiengebühren in Deutschland neu anzufachen.

Doch die Schlagzeile von "billiger Bildung" entpuppt sich bei näherer Betrachtung als irreführend. Sie bezieht sich auf eine Studie mit dem Titel "Antworten auf die Massifizierung", die von der Hamburger Körber-Stiftung beauftragt und vom US-amerikanischen "Boston Center for International Higher Education" durchgeführt wurde.

Demnach sei Deutschland "das einzige Land, in dem die Politik noch immer an einer beitragsfreien öffentlichen Hochschulbildung für nahezu alle Studierenden festhält". Allerdings vergleicht die Studie lediglich 13 Länder, darunter zehn G-20-Staaten. 

In Wirklichkeit kommen auch andere Länder grundsätzlich ohne Studiengebühren aus. In Frankreich etwa müssen Studierende ausschließlich eine Immatrikulationsgebühr zahlen, in Österreich werden nur Nicht-EU-Ausländer zur Kasse gebeten, in Tschechien muss nur zahlen, wer auf Englisch studieren möchte. Auch Norwegen und Dänemark erheben für Einheimische und Studenten aus EU-Ländern keine Studiengebühren.

In Deutschland fallen außer einem Semesterbeitrag keine Kosten für die Hochschulausbildung an. Nur Langzeitstudenten müssen in einigen Bundesländern extra zahlen. Trotzdem kann man die Situation nicht mit den USA oder Großbritannien vergleichen, wo die Studiengebühren inzwischen bis zu 40.000 Euro im Jahr betragen.

TUM Technische Universität München - Forschungsreaktor FRM II
An keiner anderen deutschen Universität sind so viele ausländische Studierende eingeschrieben wie an der TU MünchenBild: picture-alliance/dpa/I. Kjer

Angst vor Verschuldung

Als Gründe für die gebührenfreie Hochschulbildung nennt Brigitte Göbbels-Dreyling, stellvertretende Generalsekretärin der Hochschulrektorenkonferenz. Tradition und ein "völlig unterschiedliches Verständnis von der Rolle der Bildung". In Deutschland verstehe man Hochschulbildung als "ein öffentliches Gut, eine Ausbildung von Fachkräften, von der auch die Öffentlichkeit profitiert". Im angelsächsischen Raum sehe man dagegen "eher die Vorteile, die der Einzelne daraus zieht, etwa bessere Berufsaussichten und ein höheres Einkommen".

Ein weiterer Grund für das gebührenfreie Studium in Deutschland sei das Ziel, auch Kindern aus einkommensschwachen Familien eine universitäre Ausbildung zu ermöglichen. "In Deutschland gab es in den 60er und 70er Jahren eine Diskussion um einen möglichst breiten Zugang zu Hochschulen, verbunden mit der Forderung nach einem kostenlosen Studium", erklärt Göbbels-Dreyling. Außerdem hätten in Deutschland relativ viele Menschen Angst, sich mit einem Studium zu verschulden, während es in den Vereinigten Staaten und in Asien selbstverständlich sei, für die Hochschulausbildung zu sparen und Kredite aufzunehmen.

Viele Masterstudenten aus den USA 

Macht das kostenlose Studium Deutschland für ausländische Studenten attraktiv? Ja und nein, meint Göbbels-Dreyling.  "Wenn wir um internationale Studierende werben, ist das ein wichtiges Argument." Tatsächlich kämen viele aufgrund des kostenfreien Studiums nach Deutschland.

Auf der anderen Seite, so die stellvertretende Generalsekretärin der Hochschulrektorenkonferenz, wird kritisiert, dass sogenannte 'high potentials', die es sich leisten können, auch gerne in die USA oder nach Großbritannien gehen, weil sie aufgrund der hohen Gebühren den Eindruck haben, dass die Bildung dort besser sei."

Doch ausgerechnet aus den USA zieht es viele Studenten nach Deutschland. "Zu uns kommen zum Beispiel Amerikaner, um einen Masterabschluss zu machen", sagt Ulrich Grothus, stellvertretender Generalsekretär des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD). "Doch es gibt auch sehr gute Studierende, die sagen 'Es gibt noch bessere Alternativen, und ich kann sie mir leisten'."

Einige hielten es vielleicht für ein schlechtes Zeichen, "dass man an einer ausgezeichneten Universität wie der TU München ohne Studiengebühren studieren kann", sagt Grothus. Vor allem in Asien gebe es das Vorurteil, dass eine öffentlich finanzierte Hochschulbildung nicht gut sein kann.

Infografik Herkunftsländer ausländischer Studenten in Deutschland 2015
Die Grafik zeigt Bildungsausländer, also Studierende, die ihren Schulabschluss nicht in Deutschland erworben haben

Für Ausländer attraktiv, in Deutschland umstritten

Grothus glaubt aber nicht, dass das kostenlose Studium für die meisten ausländischen Studierenden der ausschlaggebende Faktor ist, um nach Deutschland zu kommen. Wichtiger seien Hochschulrankings. Gleichzeitig habe der Wegfall der Studiengebühren dem Image Deutschlands als internationalem Hochschulstandort nicht geschadet. "Wir sind mit Frankreich zusammen das wichtigste nicht-englischsprachige Gastland," betont Grothus.

Genug Kapazitäten hätten die deutschen Universitäten für die ausländischen Studenten allemal, etwa durch die Quote für Nicht-EU-Ausländer bei Numerus-Clausus-Fächern. "Die nehmen - in Anführungsstrichen - einheimischen Studenten nicht den Ausbildungsplatz weg. Es kommt uns sogar zupass, dass sich Ausländer stärker als Deutsche für die Disziplinen interessieren, für die Deutschland einen sehr guten Ruf hat, nämlich die Ingenieur- und Naturwissenschaften", sagt der stellvertretende DAAD-Generalsekretär. Diese Absolventen könne man gut gebrauchen, sowohl in ihren Heimatländern als auch in Deutschland.