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Ramelow erhält Morddrohungen

13. April 2015

Deutschland diskutiert über die Unterbringung von Flüchtlingen. Immer wieder werden Politiker wegen ihrer Haltung dazu angefeindet. Zu ihnen gehört auch Thüringens Ministerpräsident Ramelow. Er erhielt Morddrohungen.

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Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow
Bild: picture-alliance/dpa

"Ich habe drei Morddrohungen erhalten", sagte Ramelow (Die Linke) der "Thüringischen Landeszeitung". Unter anderem per E-Mail habe man ihm gedroht. Zudem sei ihm ein Brief mit weißem Pulver geschickt worden, der kriminaltechnisch untersucht wurde. In einer Gaststätte in der Landeshauptstadt Erfurt habe man ihm zudem "offen Schläge angedroht".

Angefangen hätten die Drohungen mit der Auseinandersetzung um eine mögliche Außenstelle für eine Flüchtlingsaufnahme in Gera-Liebschwitz. Aufgrund der Drohungen wurde der Regierungschef zwischenzeitlich in einem schwerer als üblich gepanzerten Wagen chauffiert.

Auch am Rande des Festakts zum 70. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Buchenwald wurde Ramelow offenbar wegen seiner Haltung in der Flüchtlingspolitik beschimpft: Ein unbekannter Mann soll ihn unter anderem als "bösen Brandstifter" bezeichnet haben. Dort hatte Ramelow zum Eintreten gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit aufgerufen. Die Aufnahme von Bürgerkriegsflüchtlingen sei humanitäre Pflicht und ein Auftrag christlicher Nächstenliebe, hatte er in seiner Rede betont. Wegen der enormen Herausforderungen, vor der nicht nur Thüringen angesichts der großen Flüchtlingswelle stehe, müssten alle Demokraten zusammenstehen, sagte Ramelow. Er sehe sich dabei mit dem Bürgermeister von Tröglitz, der ebenfalls Anfeindungen ausgesetzt ist, verbunden.

Beschimpfungen an der Tagesordnung

Am Osterwochenende hatte der Brandanschlag auf eine geplante Flüchtlingsunterkunft in Tröglitz in Sachsen-Anhalt für Entsetzen gesorgt. Die für 40 Flüchtlinge vorgesehen Unterkunft wurde zerstört. Die Ermittler gehen von einem fremdenfeindlichen Hintergrund der Tat aus. Auch in Sachsen-Anhalt wurden Politiker wegen ihrer Flüchtlingspolitik bedroht. Landrat Götz Ulrich (CDU) erhielt Morddrohungen, der Tröglitzer Bürgermeister Markus Nierth war Anfang März wegen rechtsextremer Anfeindungen zurückgetreten. Führende Politiker hatten nach dem Brandanschlag zu einer offenen Bekämpfung von Rechtsradikalismus aufgerufen.

Brand in zukünftiger Asylbewerberunterkunft
Ausgebranntes Flüchtlingheim in Tröglitz: Die Ermittler vermuten einen fremdenfeinlichen HintergrundBild: picture-alliance/dpa/Hendrik Schmidt

Nach Einschätzung der Flüchtlingsbeauftragten der Bundesregierung, Aydan Özuguz, sind Bedrohungen und Beschimpfungen im Netz zu einem Teil des Alltags von Politikern geworden. Auch sie erhalte nahezu täglich Anfeindungen per Brief, E-Mail oder über soziale Netzwerke wie Facebook, sagte Özuguz der "Welt am Sonntag". Abstellen ließen sich die Drohungen kaum. "Ich habe das Gefühl, da gibt es derzeit keine Grenze". Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich hatte in der vergangenen Woche seine Facebook-Seite wegen Anfeindungen im Netz hatte stillgelegt. Grund seien persönliche Angriffe auf Tillich gewesen, teilte sein Regierungssprecher mit.

Länder und Kommunen fordern mehr Flüchtlingshilfe

In der Frage um den Umgang mit Flüchtlingen in Deutschland streiten Bund und Länder darüber, wer die Kosten der Unterbringungen trägt. Der Bund hatte den Ländern im Dezember zugesagt, für die Unterbringungen von Flüchtlingen - für die vor allem die Kommunen zuständig sind - bis 2016 eine Milliarde Euro bereitzustellen. Angesichts der steigenden Asylbewerberzahlen fordern Länder und Kommunen aber mehr Mittel. SPD-Chef Sigmar Gabriel hatte den Kommunen zuletzt eine stärkere Beteiligung des Bundes an den Kosten für die Flüchtlingsunterbringung in Aussicht gestellt.

Innenminister Thomas de Maizière hat sich zu Gesprächen über das Thema bereiterklärt. Im März hatte er Forderungen über eine höhere Beteiligung des Bundes noch zurückgewiesen. Im Gespräch mit dem ZDF sagte de Maizière nun, die Länder hätten zwar die Einigung mit dem Bund auf Hilfe für je 500 Millionen Euro für 2014 und 2015 akzeptiert, "aber ich freue mich natürlich, wenn es für meinen Politikbereich zusätzliche Mittel geben soll".

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge schätzt, dass in diesem Jahr rund 300.000 Flüchtlinge nach Deutschland kommen, die Länder rechnen mit viel mehr.

sp/wl (dpa, kna, rtr)