Raketen für die Hisbollah?
28. April 2010Wie schlagkräftig ist die schiitische Hisbollah wirklich? Israel befürchtet schon seit einiger Zeit, dass die radikalen Islamisten im Südlibanon ihre Waffenarsenale aufrüsten. Ähnliche Befürchtungen äußerte jetzt auch US-Verteidigungsminister Robert Gates. Nach einem Treffen mit seinem israelischen Amtskollegen Ehud Barak am Dienstag (27.04.2010) zeigte Gates sich besorgt über die Entwicklungen in der Region. Jüngsten Erkenntnissen des Pentagons zufolge versorgen Syrien und der Iran die Hisbollah mit immer ausgefeilteren Raketen und Flugkörpern.
Besser gerüstet als viele Staaten?
"Die Hisbollah hat inzwischen weit mehr Raketen als die meisten Regierungen der Welt", warnte Gates. Bis zu 40.000 Raketen, vermutet die israelische Regierung, sollen es mittlerweile sein. Bei ihrer letzten Militäroffensive gegen die Hisbollah im Südlibanon vor vier Jahren ging die israelische Armee noch von rund 14.000 Flugkörpern aus. Erst vor rund zwei Wochen hatte Israels Staatspräsident Shimon Peres die syrische Regierung beschuldigt, die Hisbollah mit Scud-Raketen zu beliefern. Diese sollen eine Reichweite von mehreren hundert Kilometern haben – genug, um auch größere Städte im Landesinneren von Israel zu erreichen. Peres hatte der Regierung in Damaskus in diesem Zusammenhang Doppelzüngigkeit vorgeworfen: Syrien spreche von Frieden, liefere aber gleichzeitig Raketen, die Israel bedrohten. Israels Verteidigungsminister Ehud Barak bekräftigte diese Anschuldigungen in Washington. Die Syrer lieferten der Hisbollah "Waffensysteme, die das empfindliche Gleichgewicht im Libanon stören und die Stabilität der gesamten Region gefährden".
"Eine große Lüge!"
Das arabische Dementi kam prompt. Die Vorwürfe seien völlig aus der Luft gegriffen, hieß es aus Damaskus und Beirut. Und auch Ägyptens Außenminister Ahmed Abul Gheit, der sonst nicht mit Kritik an der Hisbollah spart, wies die israelischen Vorwürfe als "lachhaft" zurück. Raketen könne man nicht einfach verstecken oder schmuggeln, empörte sich Abul Gheit. Das ganze sei eine große Lüge. Auch Libanons Ministerpräsident Saad Hariri hält die Anschuldigungen aus Israel und den USA für unbegründet. Hariri verglich sie sogar mit der Diskussion um angebliche Massenvernichtungswaffen im Irak kurz vor dem Einmarsch der westlichen Truppen. Israel versuche, einen Vorwand für einen möglichen Krieg gegen den Libanon zu finden, sagte Hariri. Dies wiederum bestritt Israels Verteidigungsminister Ehud Barak. Israel habe nicht vor, auf Konfrontationskurs mit dem Libanon oder mit Syrien zu gehen. "Aber", so kündigte Ehud Barak in Washington an, "wir werden die weiteren Entwicklungen sehr aufmerksam beobachten."
Autor: Thomas Latschan (afp, ap, dpa, rtr)
Redaktion: Anne Allmeling