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Rajoy verzichtet - zumindest vorerst

22. Januar 2016

In die Bemühungen um die Regierungsbildung in Spanien kommt allmählich Bewegung. Ministerpräsident Rajoy verzichtet vorerst, dies aber mit Kalkül: Er setzt auf ein Scheitern der Linken und dann auf Neuwahlen.

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Rajoy verzichtet auf Regierungsbildung
Bild: Reuters/J. Medina

Gut einen Monat nach der Parlamentswahl in Spanien hat Ministerpräsident Mariano Rajoy (Artikelbild) im Ringen um die Macht zumindest vorerst das Handtuch geworfen. Der konservative Politiker habe den Auftrag von König Felipe VI. zur Bildung einer Regierung abgelehnt, teilte das Königshaus in Madrid mit. Zuvor hatte der Monarch fünftägige Beratungen mit den Chefs aller im Parlament vertretenen Parteien beendet.

Die Volkspartei (PP) von Regierungschef Rajoy war aus der Parlamentswahl am 20. Dezember zwar erneut als stärkste Kraft hervorgegangen, sie hatte aber die absolute Mehrheit verloren. Beim Versuch einer Regierungsbildung kam der 60-Jährige bisher nicht voran. Die Chefs der anderen größeren Parteien verweigerten ihm säümtlich die Unterstützung.

Warten auf ein Scheitern der Anderen

Trotz seines jetzt geäußerten Verzichts eine Regierung zu bilden, könnte Rajoy aber dennoch an der Macht bleiben, falls sich die linken Parteien nicht auf ein Bündnis einigen können und so Neuwahlen nötig werden. Dass er auf ein solches Scheitern der Rivalen setzt, machte Rajoy auch deutlich. "Ich verzichte auf gar nichts. Ich bleibe Kandidat auf die Präsidentschaft der Regierung. Nur habe ich noch nicht die nötige Unterstützung", sagte er.

Unterdessen äußerte der Chef der Protestpartei Podemos (Wir können), Pablo Iglesias, erstmals seine Bereitschaft, mit den Sozialisten (PSOE) eine neue Regierung zu bilden. Nach seinen Worten gibt es dafür auch Unterstützung von Felipe VI. Der spanische König habe den Vorschlag als "vernünftig" bezeichnet, versicherte der 37 Jahre alte Politik-Dozent.

Pablo Iglesias, Podemos
Podemos-Chef Iglesias: Erst wollte er nicht mit den Sozialisten reden, jetzt will er es dochBild: Getty Images/AFP/P. de Melo Moreira

Signale der Annäherung gab es auch von den Sozialisten. Deren Führer Pedro Sánchez bedankte sich für den Vorschlag von Iglesias und er setzte hinzu: "Die Wähler von PSOE und Podemos würden es nicht verstehen, wenn wir uns nicht verständigen könnten."

Die Differenzen sind unübersehbar

Rein mathematisch gesehen könnten die Sozialisten zusammen mit Podemos eine absolute Mehrheit im Parlament erreichen, vorausgesetzt, sie würden noch mehrere kleinere Links- und nationalistische Regional-Parteien mit ins Boot nehmen. Die Hürden für eine solche Koallition sind aber unübersehbar: Die Sozialisten lehnen unter anderem das von Podemos geforderte Recht auf Unabhängigkeit für die Region Katalonien strikt ab.

Auch bei vielen anderen Punkten gibt es Differenzen. Deshalb hatten beide Parteien im Wahlkampf und auch direkt nach der Wahl eine Zusammenarbeit ausgeschlossen. Besonders deutlich hatte sich Podemos-Chef Iglesias abgegrenzt. Er hatte nicht nur die Regierungspartei PP, sondern auch die sozialistische PSOE als "Kaste" der Machteliten kritisiert.

Nun hat Iglesias seinen Kurs aber geändert. Er will jetzt in einer linken Parteien-Allianz Stellvertreter eines Regierungschefs Sánchez werden. Podemos teilte mit, dass Gespräche mit diesem Ziel schon am Wochenende beginnen könnten. Ob sich eine solche Koalition tatsächlich formen läßt, erscheint vielen Beobachtern zweifelhaft. Sicher ist nur: Nach den Parlamentswahlen hat in Spanien derzeit weder das linke noch das rechte Lager eine eigene Mehrheit im Parlament.

haz/ml (rtr, dpa, afp)