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Radikaler Bauernführer Andrzej Lepper ruft zu bürgerlichem Ungehorsam auf

13. August 2002

- Warnung vor sozialen Unruhen

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Warschau, 12.8.2002, PAP, poln.

Der Vorsitzende der "Selbstverteidigung" Andrzej Lepper hat am Montag (12.8.) in Krakau erklärt, er rufe die Polen zum bürgerlichen Ungehorsam gegenüber dem Staat auf, der dadurch zum Ausdruck gebracht wird, dass Mieten und Rechnungen für Strom und Gas nicht bezahlt werden.

Andrzej Lepper weilte zusammen mit einer Gruppe von Abgeordneten der "Selbstverteidigung" zwei Tage lang in Malopolska. Er besuchte unter anderem Wieliczka, Zakopane und Tarnow. In Krakau fand eine Pressekonferenz statt, auf der der Vorsitzende der "Selbstverteidigung" den Standpunkt seiner Partei zu den Sorgen der Bevölkerung, dem Getreideaufkauf und zu den Selbstverwaltungswahlen Stellung nahm.

"Die Menschen sind in die Verzweiflung, an den Rand des Existenzminimums getrieben worden. Sie haben keine Arbeit und diejenigen, die Arbeit haben, erhalten häufig keinen Lohn dafür, sie haben auch keine entsprechende soziale Versorgung, und angesichts dieser Situation droht uns eine soziale Explosion", sagte Andrzej Lepper.

"Die Regierung ist für diese Situation verantwortlich, sie tut aber nichts, um etwas daran zu ändern. Angesichts dieser Lage rufen wir zu passivem bürgerlichen Ungehorsam gegen den Unrechtsstaat auf. Er wird darin bestehen, dass die Menschen ihre Rechnungen nicht bezahlen werden, das heißt die Mieten, die Rechnungen für Gas und Strom. Die Rentner und Pensionäre, die fünfhundert Zloty im Monat erhalten, sollten für nichts zahlen. Woher sollen sie auch das Geld dafür nehmen?"

Das, was vor kurzem in Stettin geschehen sei, wo der Direktor einer Firma zusammengeschlagen wurde, weil er ein halbes Jahr lang den Arbeitern keinen Lohn gezahlt hatte, sei der Anfang eines sozialen Aufruhrs. Die "Selbstverteidigung" erkläre sich solidarisch mit denjenigen, die von der Staatsanwaltschaft festgehalten worden sind, weil sie den Direktor zusammengeschlagen haben, so Lepper. "Ich habe in meinem eigenen Namen und im Namen der Partei ein Schreiben an das Gericht und die Staatsanwaltschaft gerichtet, in dem ich mich für diejenigen verbürge, die festgenommen worden sind. Nicht sie haben eine schändliche Tat begangen, wie die Presse schrieb. Der Direktor war es, der sich schändlich verhielt, indem er seinen Arbeitern ein halbes Jahr lang ihren Lohn vorenthielt. Und Geld hatte er, denn er kaufte in dieser Zeit ein neues Bürogebäude und renovierte es. Die Arbeit nicht zu entlohnen ist ein Verbrechen. Wir sind nicht für Gewalt und auch nicht dafür, dass Menschen zusammengeschlagen werden, aber wir haben Verständnis für diejenigen, die an den Rand des Existenzminimums getrieben worden sind und keine Mittel zum Leben haben. Wir haben auch der Polizei eine Erklärung zukommen lassen, dass wir das Verhalten der Polizisten, die bei diesem Vorfall anwesend waren und den Direktor nicht in Schutz nahmen, befürworten. Und es ist sehr gut, dass sie nicht eingegriffen haben, denn es hätte zum Blutvergießen kommen können", sagte Andrzej Lepper.

Er übte scharfe Kritik an der Regierung und an Landwirtschaftsminister Jaroslaw Kalinowski wegen des Getreideaufkaufs in diesem Jahr, der seiner Meinung nach sehr schlecht vorbereitet worden ist. "Und wieder wird es aus diesem Grunde Straßenblockaden geben, denn wie sollen die Landwirte sonst gegen die Unfähigkeit der Regierung protestieren? Am Montag gab es in Niederschlesien die ersten Blockaden. In den kommenden Wochen werden die Landwirte Straßen in weiteren Landesregionen blockieren. Einen so schlecht organisierten Getreideaufkauf und einen so unfähigen Landwirtschaftsminister, wie Kalinowski es ist, hatten wir in den vergangenen zwölf Jahren nicht mehr. Wäre der Landwirtschaftsminister ein Mann von Ehre, dann träte er von selbst zurück. Wir werden den Rücktritt Kalinowskis im Sejm nicht beantragen, denn es würde uns an der notwendigen Unterstützung der Abgeordneten fehlen", sagte Lepper.

Der Vorsitzende der "Selbstverteidigung" kündigte an, seine Partei werde bei den Selbstverwaltungswahlen ihre Leute aufstellen. Sie seien darauf vorbereitet. Die Partei werde bei den Wahlen auf allen Ebenen ihre Kandidaten haben. Und sie rechne mit guten Ergebnissen. Die "Selbstverteidigung" werde eigenständig in die Selbstverwaltungswahlen schreiten. Sie werde mit keinem ein Bündnis schließen, erklärte Lepper. (TS)