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Radikale gewinnen in Serbien

29. Dezember 2003

Die extrem-nationalistische Serbische Radikale Partei (SRS) hat am Sonntag (28.12.) die vorgezogenen Parlamentswahlen in Serbien gewonnen. Die Regierungsbildung bleibt aber unklar.

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Wahlsieger: Tomislav Nikolic von den serbischen UltranationalistenBild: AP


Die Reformparteien in Serbien haben bei den Parlamentswahlen keine Mehrheit erringen können. Nach übereinstimmenden, stabilen Hochrechnungen vereinigten sie rund 42 Prozent der Stimmen auf sich, verfehlten damit aber die absolute Mehrheit. Stärkste Partei wurde die SRS mit voraussichtlich 82 der 250 Mandate im Parlament.

Trotz ihres Wahlsieges fehlen der Serbischen Radikalen Partei aber notwendige Koalitionspartner für eine Regierungsmehrheit. Vertreter der reformorientierten demokratischen Parteien im zukünftigen Parlament haben gegen eine Regierungsbildung mit der SRS des als Kriegsverbrecher angeklagten Ultranationalisten Vojislav Seselj ausgesprochen.

Monarchisten als Mehrheitsbeschaffer?

Zweitstärkste politische Kraft mit 53 Mandaten wurde die national-konservative Demokratische Partei Serbiens (DSS) des früheren jugoslawischen Präsidenten Vojislav Kostunica. Den dritten Platz belegt mit 37 Abgeordneten die bisher regierende Demokratische Partei (DS) des im März ermordeten Ministerpräsidenten Zoran Djindjic.

Die Fünf-Prozent-Klausel zum Einzug in die Volksvertretung schafften die Expertenpartei G 17 Plus mit 34 Mandaten, die monarchistische Koalition SPO-NS (23 Mandate) und die Sozialisten des wegen Kriegsverbrechen vom UN-Tribunal angeklagten ehemaligen jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milosevic (21 Mandate).

Die Radikale Partei hat bei ihrem Wahlerfolg insbesondere davon profitiert, dass viele Serben enttäuscht von den Reformen der letzten Jahre sind, die den Lebensstandard vieler Menschen nicht verbessert haben. Nach der Ermordung des Ministerpräsidenten Zoran Djindjic im März 2003 waren die von ihm angestoßenen Wirtschaftsreformen zunehmend ins Stocken geraten.

Spitzenpolitiker der demokratischen Parteien haben sich unmittelbar nach Bekanntwerden des Wahlergebnisses für baldige Gespräche über eine Regierungsbildung ausgesprochen. Der angesehene Belgrader Soziologe Vladimir Goati appellierte zuvor an diese Parteien, trotz ihrer tiefen Zerstrittenheit gemeinsam die neue Regierung zu bilden. Im anderen Fall drohten Neuwahlen mit einer weiteren Radikalisierung der Wähler.

Schatten der Vergangenheit

Milosevic und Seselj haben als Listenführer den formellen Einzug ins Parlament geschafft. Doch selbst die Führungen ihrer Parteien rechnen nicht damit, dass die beiden vom Haager UN-Kriegsverbrechertribunal nach Belgrad entlassen werden. "Seselj hat seinen Platz, wird aber kein Abgeordneter", sagte Tomislav Nikolic, sein Stellvertreter.

Wie die gegenwärtige Mitte-Links-Koalition wird sich auch die neue Regierung in Belgrad Forderungen des Westens gegenüber sehen, mit dem Haager Tribunal zusammenzuarbeiten oder wichtige Wirtschaftshilfe zu verlieren. Dabei geht es vor allem um die Festnahme und Auslieferung des Militärchefs der bosnischen Serben, Ratko Mladic.

Die meisten der 18 Mitglieder der bisher regierende Koalition DOS haben den Einzug in die Volksvertretung nicht geschafft. Auch die ungarische und albanische Volksgruppe werden im Parlament nicht vertreten sein. Die Albaner im Süden Serbiens haben die Wahl boykottiert und die Ungarn scheiterten an der Fünf-Prozent-Klausel.

Die Wahlbeteiligung lag bei knapp 60 Prozent. Wahlberechtigt waren rund 6,5 Millionen Menschen.