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Rache süß-sauer

Hao Gui4. August 2016

Ein Gerücht geht im chinesischen Internet um: Schauspieler und Künstler aus Südkorea sollen Bildschirm- und Bühnenverbot bekommen. Als Grund wird die geplante Stationierung des US-Raketenabwehrsystems THAAD vermutet.

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Schauspielerin Yoo In-Na (Foto: picture-alliance/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Yoo In-Na ist eine TV-Göttin für junge Zuschauer in China. Die 34-jährige Südkoreanerin spielte eine Rolle in der Serie "Der geheime Garten" und erlangte großen Ruhm. In China wird die Darstellerin aus dem Liebesdrama fast kultisch verehrt. Eine Nachricht des TV-Senders aus der zentralchinesischen Provinz Hunan schockte nun die Fangemeinde. Die neue 28-teilige Staffel, die ab September ausgestrahlt werden soll, muss jetzt ohne Yoo auskommen. Nach Berichten der südkoreanischen Tageszeitung "Korean Joongang Daily" teilte der Sender mit, alle Szenen mit südkoreanischen Schauspielern würden weggeschnitten.

Auch Shin Woo Chul, dem Regisseur von "Der geheime Garten", ist dasselbe Schicksal widerfahren. Shin hatte mit dem chinesischen Investor, der Online-Videothek Youku, eine neue TV-Produktion vertraglich vereinbart. Das Casting war bereits abgeschlossen. Nun teilte der Investor mit, dass der Drehtermin bis auf Weiteres verschoben sei. Ein Firmensprecher von Youku sagte zur Begründung, dass mit Rücksicht auf die aktuellen politischen Umstände die Serie nicht ausgestrahlt werden könne.

Schauspielerin Yoo In-Na (Foto: picture-alliance/dpa)
Schauspielerin Yoo In-NaBild: Getty Images/AFP/Starnews

Eiszeit im Kulturaustausch?

Die Einzelfälle deuten auf eine Eiszeit im Kulturaustausch zwischen China und Südkorea hin. Gerüchte machen im Netz die Runde, laut denen Chinas Aufsichtsbehörde für das Fernsehen Bildschirm- und Bühnenverbot für südkoreanische Künstler erteilt habe. In dem bereits zitierten Bericht der "Joongang Daily" erklärt ein Brancheninsider aus Südkorea, das Verbot habe mit der beschlossenen Stationierung des Raketenabwehrsystems THAAD zu tun.

Anfang Juli beschlossen Südkorea und die USA, dass das US-Abwehrsystem gegen ballistische Raketen bis Ende 2017 auf der koreanischen Halbinsel stationiert werden soll, um mögliche Angriffe aus dem kommunistischen Nordkorea abzuwehren. China und Russland kritisieren das Vorhaben und sehen eigene Sicherheitsinteressen verletzt.

Yoo In-Na (r.) hat in China eine große Fangemeinde. (Foto: EPA)
Yoo In-Na (r.) hat in China eine große FangemeindeBild: picture-alliance/dpa

Ein Gerücht bleibt ein Gerücht

"China werde die Sicherheitsbedrohung, die von der koreanischen Halbinsel ausgeht, nach der Stationierung neu bewerten", sagt Wu Xinbo, Institutsleiter für internationale Beziehungen an der Fudan Universität in Schanghai nach dem US-südkoranischen Beschluss. Mögliche negative Auswirkungen wie etwa Spionage durch das Radar des Abwehrsystems müssten nach Wu minimiert werden. "Im Kriegszustand muss China in der Lage sein, THAAD komplett zu zerstören."

Es stimme einfach nicht, dass wegen des Raktenschilds südkoreanische Schauspieler aus dem chinesischen Fernsehen verbannt werden, berichtete die nationalistische Tageszeitung "Global Times" aus Peking. Die staatliche Aufsichtsbehörde für Presse, Rundfunk und Film (SAPPRFT) habe kein Verbot erlassen, hieß es weiter. Doch ein TV-Produzent aus Peking sagt in der "Joongang Daily", die SAPPRFT habe die Produktionsfirmen "schriftlich zur Zurückhaltung im Kulturaustausch" aufgefordert. "Allerdings ist es kein offizielles Verbot, sondern nur ein Hinweis."

US-Raketenabwehrsystem THAAD soll bis Ende 2017 in Südkorea stationiert werden (Foto: Reuters)
US-Raketenabwehrsystem THAAD soll bis Ende 2017 in Südkorea stationiert werdenBild: Reuters/U.S. Department of Defense/Missile Defense Agency

Kein Bierfest in Südkorea

Der Hinweis geht in die gleiche Richtung wie andere Ereignisse der letzten Zeit. Ende Juli etwa hatten zahlreiche Touristengruppen aus China die Teilnahme an einem Bierfest im südkoreanischen Daegu kurzfristig abgesagt. Der Veranstalter hatte für 1500 reservierte Gäste aus China einen Sonderzug "Chi Mak", wie das Fest auf Koreanisch heißt, von der Hauptstadt Seoul zum Veranstaltungsort nach Daegu gebucht.

Gekommen waren lediglich 200. Sie waren schließlich mit Reisebussen angereist.

Das sei eine Art "Wirtschaftsembargo der Zivilgesellschaft", sagt der Politologe Wu von der Fudan Universität. Chinesische Touristen stimmten gewissermaßen mit den Füßen ab und machten woanders Urlaub.

Ob Dichtung oder Wahrheit: Die politische Botschaft der Gerüchte ist auf jeden Fall in Südkorea angekommen. Ein Regierungsvertreter vermutet dahinter "ein Kulturembargo und ein Druckmittel, um Südkorea substanziell zu schaden."