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Quo vadis Oberschlesien?

15. November 2002

- Nach der Umstrukturierung der Industrie eröffnen sich neue Perspektiven für diese Region

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Warschau, NOVEMBER 2002, MONATSZEITSCHRIFT BUSINESSMAN, poln.

Oberschlesien hat die negativen Folgen der wirtschaftlichen Veränderungen in Polen sehr stark zu spüren bekommen. Die früher führenden Industriezweige wie der Bergbau oder die Hüttenindustrie werden zur Zeit einer radikalen Restrukturierung unterworfen. Sowohl die zentralen als auch die lokalen Behörden wurden jetzt vor die Notwendigkeit gestellt, dringend eine Strategie zu entwickeln, um es der Region Schlesien zu ermöglichen, ihren Platz nach dem Beitritt Polens zur EU zu finden.

Schon heute hat jeder zehnte von den insgesamt 3 304 ausländischen Investoren, die eine Investition in Polen im Wert von über einer Million Dollar getätigt hatten, sein Geld in Schlesien angelegt. Demnach ist diese Region nicht dazu verurteilt, ewig wirtschaftliche Probleme zu haben, sie kann sich dynamisch entwickeln und nach ihrer Chance in der neuen wirtschaftlichen und politischen Wirklichkeit suchen. Das war auch ein Hauptthema der Diskussion des Businessman-Plus/GSM-Warta- Forums, das am 18. September 2002 in Katowice (Kattowitz) stattfand.

"In den Medien wird oft berichtet, dass es um unsere Region nicht gut bestellt sei. Ich bin davon überzeugt, dass der Entwicklung Schlesiens besser Informationen darüber dienen würden, welche Chancen und Möglichkeiten für Investitionen hier bestehen und wie man Hilfsmittel von der EU bekommen kann", sagte der Oberbürgermeister von Katowice, Piotr Uszok.

Für den Marschall der Woiwodschaft Schlesien, Jan Olbrycht, war dieses Forum eine Verlängerung der Diskussion in Brüssel, die während der Eröffnung des schlesischen Informationsbüros in der belgischen Hauptstadt stattfand. "Wir haben dort über die Aktivitäten unserer Verwaltung und über Möglichkeiten gesprochen, Mittel der EU in unserem Land und besonders in unserer Region sinnvoll zu nutzen. In Brüssel haben wir uns mit hochrangigen Beamten der Europäischen Union und mit Vertretern des Bundeslandes Nordrhein-Westwalen sowie der Region Wales getroffen. Diese Regionen wurden von ähnlichen Problemen heimgesucht, die mit der Restrukturierung der Schwerindustrie verbunden sind".

Beim Gedanken an Schlesien kann man sich jedoch von der Vergangenheit nicht lösen. "Es ist leicht, von der einstigen Größe der schlesischen Industrie zu sprechen, aber wir spüren genau, dass eine Epoche unumgänglich zu Ende geht. Wir sind von dem Tempo der strukturellen Veränderungen in unserer Region sehr überrascht. Die Änderungen kommen oft sehr spontan und wir stehen oft machtlos vor verschiedenen negativen Erscheinungen, die wir mit dem Mangel einer entsprechenden Wirtschaftspolitik des Staates verbinden. Eine der negativen Erscheinungen war z.B. der berühmt–berüchtigte ‘Vertrag für Schlesien‘, der Mitte der neunziger Jahre erarbeitet wurde. Er war einerseits ein Beweis für die Ohnmacht des Staates, andererseits jedoch zeigte er neue potenzielle Felder für verschiedene wirtschaftliche Aktivitäten in dieser Region auf", sagte Professor Florian Kuznik, der Rektor der Wirtschaftsakademie in Katowice.

Die Wirtschaft Schlesiens hat verschiedene Gesichter. Auf der einen Seite gibt es den Bergbau, die Stahl- und Textilindustrie, sowie die Herstellung von Maschinen und die Energieerzeugung. Dies sind traditionsreiche und alte Industriezweige. Andererseits gibt es aber auch neue Industriebereiche, die aufgrund der Umstrukturierung der Region entstehen. Diese Wirtschaftszweige stützen sich auf kleine und mittlere Firmen oder werden von großen internationalen Konzernen beherrscht, beispielsweise die Autoindustrie.

Die nicht zu Ende geführte Privatisierung in der Region trägt dazu bei, dass die strukturellen Veränderungen mit einer erheblichen Verspätung durchgeführt werden. Dies behindert auch die Entwicklung neuer Industriesektoren. Man darf dabei nicht vergessen, dass die Privatisierung in Schlesien anders als in den übrigen Regionen Polens verläuft. Hier wurden bisher ganze Industriezweige wie z.B. der Bergbau von der Privatisierung ausgeschlossen. (...)

All dies trägt dazu bei, dass die Erarbeitung einer Strategie für die Region Schlesien ziemlich schwierig wird. "Wir brauchen eine individuelle und besondere Politik der Regierung. Wichtig dabei ist auch die genaue Bewertung der Stärke und der Konkurrenzfähigkeit der Wirtschaft Schlesiens. Diese Region ist zweifellos ein sehr attraktives Pflaster für Investoren, wo bereits viel Kapital angelegt wurde und wo sich Innovationen und Ideen entwickeln", sagte Professor Kuznik. (...) (Sta)