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Pussy Riot vor Gericht

20. Juli 2012

Die drei Musikerinnen der russischen Punk-Band Pussy Riot sitzen seit Monaten in Haft. Ihr "Verbrechen": Sie haben gegen Präsident Putin protestiert. Ein Moskauer Gericht verlängerte nun die Untersuchungshaft.

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Die drei Bandmitglieder von Pussy Riot in einem Käfig in einem Moskauer Gerichtssaal (Foto: AP)
Bild: AP

Das Medieninteresse ist groß, als die seit mehr als vier Monaten inhaftierten Pussy Riot-Musikerinnen erstmals in einem Moskauer Gerichtssaal vorgeführt werden. Sie sind in den für Angeklagte vorgesehenen Käfig gesperrt. Ihnen wird wegen einer Protestaktion gegen Präsident Wladimir Putin "Rowdytum" vorgeworfen. Das kann mit bis zu sieben Jahren Haft bestraft werden. Die Anhörung am Freitag sollte klären, wann der Prozess gegen sie beginnt und ob dieser öffentlich oder hinter verschlossenen Türen stattfindet. Das Gericht entschied nach kurzer Zeit, die Untersuchungshaft bis zum 12. Januar zu verlängern. Es kam damit einem Antrag der Staatsanwaltschaft nach.

"Punk-Gebet" gegen Putin

Am 21. Februar, kurz vor der Präsidentenwahl, bei der Wladimir Putin erneut siegte, hatten Maria Aljochina (24), Nadeschda Tolokonnikowa (22), - beide junge Mütter - und Jekaterina Samuzewitsch (29) in der Moskauer Christ-Erlöser-Kathedrale ein "Punk-Gebet" gegen Putin angestimmt. "Heilige Mutter Gottes, erlöse Russland von Putin", sangen die mit Strumpfmasken vermummten Frauen. Das reicht; sie treffen mit der politischen Aktion Russlands Machtapparat ins Herz. Von den Bandmitgliedern, die an der Aktion beteiligt waren, werden Aljochina, Tolokonnikowa und Samuzewitsch festgenommen.

Nadeschda Tolokonnikowa (M), Maria Aljochina (R) und Jekaterina Samuzewitsch in einem Käfig in einem Moskauer Gerichtssaal (Foto: Reuters)
Gelten als politische Gefangene: Nadeschda Tolokonnikowa (M), Maria Aljochina (R) und Jekaterina SamuzewitschBild: Reuters

Ihre Inhaftierung sorgt seither für heftige Proteste. Mehr als hundert prominente russische Schauspieler, Regisseure und Musiker forderten vergangenen Monat ihre Freilassung. In Berlin protestierte Amnesty International gegen das Gerichtsverfahren und forderte die sofortige Freilassung der Frauen. Man betrachte die Angeklagten als "gewaltlose politische Gefangene", hieß es in einer Pressemitteilung. Kremlkritiker sprechen entsetzt von einer Hexenjagd wie im Mittelalter. Russland erlebe einen politischen Schauprozess, wie es ihn seit dem Fall des Kremlkritikers Michail Chodorkowski nicht gegeben habe. Der Ex-Ölmanager gilt als schärfster Gegner Putins.

Der Verteidiger glaubt an ein politisches Verfahren

"Dieses Verfahren ist politisch. Es wird direkt von Putin oder seiner Umgebung gesteuert", sagt Verteidiger Nikolai Polosow der Nachrichtenagentur dpa. Er ist überzeugt, dass die wegen Rowdytums angeklagten Frauen zu Straflager verurteilt werden. Der Vorwurf lautet "Hooliganismus aus Gründen des religiösen Hasses". Die Anklage kommt zu dem Schluss, dass Pussy Riot mit der Gotteslästerung an den "ewigen Grundfesten der russisch-orthodoxen Kirche" gerüttelt habe.

"Um die orthodoxen Christen noch tiefer in ihrem geistlichen Glauben zu verletzen (...), zogen sich die Teilnehmerinnen die Oberbekleidung aus und boten einen für einen solchen Ort unwürdigen Anblick", heißt es in der Anklage. Dass die drei Frauen noch wild herumsprangen und im Altarraum vor heiligen Ikonen tanzten, habe viele Gläubige traumatisiert, heißt es. Die Anwälte widersprechen. Sie kritisieren, dass es für einen Strafprozess keine rechtliche Grundlage gebe. "Die Mädchen hatten keine Waffen und haben nichts zerstört, so wie es für eine Anklage wegen Rowdytums eigentlich nötig wäre", kritisiert Verteidiger Polosow. Er sieht höchstens Grund für eine Ordnungsstrafe.

pg/kle (dpa, dapd, afp)