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Countdown in Chile

11. Oktober 2010

Der Countdown hat begonnen: Die Bergung der 33 in Chile verschütteten Kumpel steht kurz bevor. Psychologen nutzen Methoden der NASA, um sie auf ihrer Rückkehr vorzubereiten.

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Chilenische Flagge in Copiapó (Foto: AP)
Chile wartet auf den 'Día D'Bild: AP

Hubschrauber kreisten in der Nacht auf Montag (11.10.2010) über der Atacama-Wüste in Chile. Sie machten letzte Übungsflüge für die Bergung der 33 verschütteten Bergleute, die seit mehr als zwei Monaten in der San-José Mine festsitzen. Die Bergung soll voraussichtlich ab Mittwoch beginnen, derzeit wird der Rettungsschacht mit langen Stahlröhren gesichert. In einer Stahlkapsel sollen die Männer dann aus 700 Metern Tiefe an die Oberfläche gezogen werden. Je vier von ihnen werden nach einer kurzen Begegnung mit ihren Angehörigen in ein Krankenhaus in der Stadt Copiapó geflogen.

Da es jeweils eine Stunde dauern wird, einen Verschütteten aus der Tiefe hochzuziehen und die Kapsel dann wieder herabzulassen, wird die ganze Aktion knapp zwei Tage in Anspruch nehmen. Die Hubschrauber müssen deshalb auch nachts starten und landen können.

Was kommt danach

Stahlrohre zur Stärkung des Rettungsschachtes in Chile werden auf einem Anhänger angeliefert (Foto: AP)
Der Rettungsschacht wird mit Stahlrohren verstärktBild: AP

Unterdessen bereiten Psychologen die Kumpel auf den "Día D", den Tag der Entscheidung, vor. Dazu stützen sie sich auf Methoden der Raumfahrtbehörde NASA. Zum einen gehört dazu ein Kurs, wie auf unangenehme Fragen von Journalisten zu reagieren ist. Vor allem geht es aber darum, die Kumpel auf ein Wiedersehen mit ihren Familien und Freunden vorzubereiten.


Beide Seiten – Bergleute und die wartenden Angehörigen – haben in den letzten zwei Monaten unterschiedliche Erfahrungen gemacht. "Nach einer so langen Zeit der Trennung sind die Erwartungen an ein Wiedersehen auf beiden Seiten sehr hoch – doch oft erfüllen sie sich nicht genauso, wie man es sicht erträumt hat", erklärt der Psychologe Alberto Ibarra gegenüber der spanischen Tageszeitung El País. Es sei wichtig, sich gegenseitig Zeit zu geben, um wieder zur "Normalität" zurückzukehren.

Vorsorge gegen Panik

Unterstützung für die verschütteten Kumpel in Chile (Foto: AP)
Angehörige, Journalisten, Ärzte - Warten im "Camp Hoffnung"Bild: AP

In den letzten sechs Stunden vor dem Aufstieg bekämen die Kumpel ein sehr kalorienreiches Getränk, dass die US-Weltraumbehörde NASA zur Verfügung gestellt habe, sagte Gesundheitsminister Jaime Mañalich. Die Flüssignahrung soll Übelkeit während der etwa 20-minütigen Fahrt mit der Rettungskapsel vorbeugen. Es wird erwartet, dass diese auf ihrem Weg an die Oberfläche insbesondere in Kurven zehn bis zwölf Mal rotiert.

Die größte Sorge der Behörden sei es, dass es zu Panikattacken komme, sagte Mañalich. Um die Kumpel während der Fahrt beobachten zu können, ist in der Kapsel eine Kamera angebracht. Außerdem werde jeder der zu rettenden Bergarbeiter eine Sauerstoffmaske tragen und die Möglichkeit zur Kommunikation haben.

Für die Bergleute endet mit der bevorstehenden Rettung ein Drama in der Tiefe, das am 5. August begonnen hatte. Länger als zwei Wochen dauerte es, bis die Verschütteten nach dem Unglück entdeckt und dann über Schächte versorgt wurden. Es ist die längste und aufwändigste Rettungsaktion, die je im Bergbau vorgenommen wurde.

Autorin: Anne Herrberg
Redaktion: Oliver Pieper