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"Prozessverschleppung und Diskriminierung der Minderheiten"

27. März 2003

- Bericht des Europarates über die Verletzung der Menschenrechte in Polen vorgelegt

https://p.dw.com/p/3R1f

Warschau, 27.3.2003, GAZETA WYBORCZA, poln.

Im Bericht des Kommissars des Europarates Alvaro Gil-Robles, der am Mittwoch in Warschau vorgelegt wurde, wird Polen vor allem Prozessverschleppung und Diskriminierung sowohl von ethnischen als auch von sexuellen Minderheiten sowie von Behinderten und AIDS-Kranken vorgeworfen.

Der Kommissar erinnert daran, dass die durchschnittliche Dauer von Gerichtsprozessen in erster Instanz bei Strafverfahren, die z. B. vor dem Warschauer Amtsgericht Zentrum verhandelt werden, über 28 Monate und im Falle eines Zivilverfahrens über fünf Jahre beträgt.

(...) Im Bericht wird auch darauf hingewiesen, dass in der Mehrheit der Urteile, die durch den Internationalen Gerichtshof in Straßburg gefällt werden, eine Verletzung der Europäischen Konvention über Menschenrechte durch den polnischen Staat festgestellt wird. Polen hat diese Konvention im Jahre 1993 ratifiziert.(...)

Ferner sollten die Gesetze über das Verbot der Diskriminierung präzisiert werden. Sie sind zwar in der Verfassung enthalten, kommen jedoch in den Ausführungsgesetzen nicht zum Ausdruck.

Als besonders diskriminiert werden in diesem Bericht die Homosexuellen bezeichnet, denen mehrmals ärztliche oder polizeiliche Hilfe aus Angst vor HIV verweigert wurde. Ferner wurde auf Mängel bei der Betreuung von AIDS-Kranken hingewiesen. Auch die Behinderten seien isoliert und ihnen werde der Zugang zu Bildung und Arbeit erschwert.

Der Kommissar weist auch auf die Diskriminierung der Roma in Polen hin. Die Polizei, die Staatsanwaltschaft und die polnischen Gerichte verweigern oft die Aufnahme von Ermittlungen wegen Gewaltakten gegen Roma. Ferner wurden in diesem Zusammenhang auch die separaten Schulklassen für Roma-Kinder erwähnt, die eine Isolierung anstatt Integration dieser Kinder bewirken.

Nach Meinung des Kommissars wird auch die Gewalt in den Familien von den Behörden falsch behandelt. Anzeigen der Betroffenen werden oft abgelehnt, mit der Begründung, dass dies "eine private Angelegenheit" sei. (...)

In Polen wird auch Menschenhandel betrieben. Polnische Frauen und Mädchen werden in einige Staaten im Westen verkauft und nach Polen werden wiederum Frauen aus dem Osten verschleppt. (...)

Auch die Rechte von Asylsuchenden werden in Polen verletzt. Die Einreise nach Polen wurde z. B. Flüchtlingen aus Tschetschenien verweigert, darunter auch Frauen und Kindern. (...)

Der Europakommissar ist aber auch über die Lage in den polnischen Medien beunruhigt, besonders im Hinblick auf ihre Unabhängigkeit und Objektivität. Dasselbe bezieht sich auch auf den Nationalen Rundfunk- und Fernsehrat. (...) (Sta)