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Kriminalität

Prozessauftakt: Doppelmord in Herne

8. September 2017

Zum Prozessauftakt um den Doppelmord von Herne hat der 19-jährige Angeklagte über den Verteidiger seine Schuld eingeräumt: Er habe den Nachbarsjungen und einen ehemaligen Schulfreund getötet.

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Der Angeklagte Marcel H. gemeinsam mit seinem Anwalt Michael Emde VERPIXELT
Der Angeklagte Marcel H. gemeinsam mit seinem Anwalt Michael EmdeBild: picture-alliance/dpa/B. Thissen

"Der Angeklagte betont, dass er den Anklagevorwürfen nicht entgegentritt", sagte sein Anwalt Michael Emde zum Prozessauftakt am Bochumer Landgericht. Zu Einzelheiten wolle der 19-Jährige aber keine Angaben machen - auch nicht zu seinem Lebenslauf. "Ich gewichte das als Geständnis", sagte Emde in einer Prozesspause. Zuvor hatte es Irritationen gegeben, ob die knappe Aussage vor Gericht juristisch als Geständnis gewertet werden kann. "Mein Mandant hat durch mich einräumen lassen, dass die Fakten aus der Anklageschrift richtig sind."

Dem Mann wird vorgeworfen, im März zunächst einen neunjährigen Nachbarsjungen und einen Tag später einen 22-jährigen Schulfreund erstochen zu haben. Das Motiv soll unter anderem Mordlust gewesen sein. Bilder der schrecklich zugerichteten Leichen waren später im Internet aufgetaucht. Zum Prozessauftakt zeigte der Angeklagte keinerlei Emotionen. Während der Verhandlung sagte der mutmaßliche Kinds- und Doppelmörder kein Wort.

Tagelange Fahndung

Der Angeklagte hatte sich nach einer tagelangen Fahndung selbst gestellt und in ersten Vernehmungen die Taten gestanden. Laut Anklage soll er zunächst den neunjährigen Nachbarsjungen unter dem Vorwand ins Haus gelockt haben, er brauche seine Hilfe beim Aufstellen einer Leiter. Dort habe er dann mit einem Klappmesser 52 Mal auf das Kind eingestochen. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, dabei aus Mordlust gehandelt zu haben. Die Mutter des Jungen saß zum Prozessauftakt auch im Gerichtssaal.

Nach der ersten Tat soll der mutmaßliche Täter Unterschlupf bei einem Bekannten gesucht haben. Diesen habe er gefragt, ob er ein paar Tage bei ihm wohnen könne, weil seine Eltern weggezogen seien, sagte Staatsanwalt Danyal Maibaum. Am nächsten Tag habe der 22-jährige Bekannte bemerkt, dass nach Marcel H. gefahndet werde, und mit der Polizei gedroht.

Daraufhin habe der Angeklagte auch auf den Bekannten mit dem Klappmesser eingestochen. Es habe einen "längeren Kampf" gegeben. Der junge Mann verblutete aber schließlich nach 68 Messerstichen. Zwei Tage später soll der Beschuldigte zudem die Wohnung seines Opfers in Brand gesetzt haben, um Beweismaterial zu vernichten. Er muss sich deshalb auch wegen schwerer Brandstiftung vor Gericht verantworten.

In diesem Haus in Herne soll der zweite Mord stattgefunden habe
In diesem Haus in Herne soll der zweite Mord stattgefunden habenBild: picture alliance/dpa/R. Weihrauch

Der Angeklagte ließ sich nach Eintreten in den Gerichtssaal minutenlang fotografieren und filmen. Dabei wirkte er äußerlich völlig regungslos. Er bestand nach Angaben seines Verteidigers auch nicht darauf, dass sein Gesicht durch Verpixelung unkenntlich gemacht wird.

Er betrachte dies auch als Teil davon, sich seiner Verantwortung zu stellen, sagte Anwalt Emde. Der Prozess findet unter strengen Sicherheitsvorkehrungen statt. Bereits am Morgen bildete sich vor dem Gerichtsgebäude eine lange Schlange von Menschen, die als Zuschauer in den Gerichtssaal wollten. Viele von ihnen fanden keinen Platz.

Verfahren bis Oktober

Für den Prozess sind noch zehn weitere Verhandlungstage bis Mitte Oktober angesetzt. Am ersten Prozesstag wurden bereits erste Zeugen vernommen. Darunter war auch ein früherer Schulkamerad des Angeklagten. Dieser sagte, dass der Beschuldigte meist allein gewesen sei und oft die Schule geschwänzt habe, wohl, weil er am Computer gespielt habe.

Im Falle einer Verurteilung nach dem Jugendstrafrecht drohen dem mutmaßlichen Täter bis zu 15 Jahre Haft. Sollte er nach Erwachsenenstrafrecht verurteilt werden, ist auch die Verhängung einer lebenslangen Freiheitsstrafe möglich. Neben dem Strafprozess wird der 19-Jährige auch noch auf Schmerzensgeld verklagt. Die Mutter des kleinen Jungen fordert über ihren Anwalt 100.000 Euro.

Zur Beerdigung des Jungen in Herne kamen damals mehr als 1500 Rocker der Hells Angels und Bandidos aus ganz Deutschland. Der Stiefvater des ermordeten Kindes ist Mitglied bei den Bandidos.

cgn/jj (afp, dpa)