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Prof. Volker Gollnick: Viele Menschen mit weniger Flügen bewegen ist eine ökologische Chance.

13. Mai 2013

Prof. Volker Gollnick, Direktor Institut für Lufttransportsysteme, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)

https://p.dw.com/p/17J74

DW:
Herr Professor Gollnick kommt vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt und ist ein Experte für Lufttransportsysteme. Es heißt, er kann eigentlich alles, vom Flugzeug entwickeln bis hin zum Flugzeuge betreiben.

Herr Gollnick, der Himmel wird wieder leerer, man poolt und bringt Passagiere zusammen. Bedeutet es denn nicht automatisch, dass dann auch wieder mehr geflogen wird, der freie Platz am Himmel ausgenutzt wird?

VG:
Natürlich. Die Verlockungen sind sehr groß und es werden sicherlich freiwerdende Kapazitäten durch neue Flugzeuge genutzt werden. Auf der anderen Seite wird die Luftfahrt durch die Emissionsproblematik, die wir einfach in großen Flughöhen haben, automatisch auf mittlere Sicht gezwungen werden, weniger Flugbewegungen am Himmel zu haben, als wir das heute oder in den nächsten Jahren noch erleben werden.

Das heißt, Sie glauben wirklich der Mensch wird einsichtig und wird sagen: "Fliegen - das ist viel zu umweltschädlich, wir fliegen weniger"?

Ich denke schon. Wichtig ist für den Menschen, dass er Mobilität hat. Mobilität kann man auf zwei Arten erzeugen, entweder mit vielen Flugzeugen wenig Menschen durch die Gegend bewegen, oder mit wenigen, großen Flugzeugen sehr viele Menschen mit weniger Flugbewegungen durch den Luftraum bewegen. Und letzteres ist eine sehr attraktive, ökologische Chance.

Aber große Flugzeuge bedeuten natürlich auch große Flughäfen. In Berlin erleben wir gerade, wie schwierig es ist, einen großen Flughafen überhaupt in Betrieb zu nehmen. Bedeutet das, es wird umständlicher auch für uns Passagiere?

Nicht notwendigerweise. Die große Herausforderung für das Fliegen in der Zukunft wird sein, dem Passagier die Flugreise so attraktiv und angenehm wie möglich zu machen -von der Haustür bis zur Haustür. Und dazu gehört natürlich auch das Ein- und Aussteigen in sehr großen Flugzeugen. Und das ist eine wichtige Forschungs- und Entwicklungsaufgabe.

So etwas dauert heute zum Teil noch relativ lange, weil man ja auch manchmal über zwei Stockwerke einsteigen muss.

Richtig. Und weil sehr häufig nur eine Tür benutzt wird bei Flugzeugen beim Ein- und Aussteigen. Wenn man mehr verfügbare Türen nutzen würde, könnte man da schon deutlich beschleunigen. Auch die Kabine kann man etwas anders gestalten, um sie für das Ein- und Aussteigen noch attraktiver zu machen.

Was gibt es noch für Alternativen, um das Fliegen ökologischer zu machen? Wie könnte man noch mehr Sprit sparen, beispielsweise?

Eine Zielrichtung ist sicherlich, dass man mit sehr großen Maschinen sehr viele Menschen auf den Hauptbewegungsrouten des Luftraumes transportiert. Eine andere Möglichkeit wäre durchaus Flugzeuge in Formationen fliegen zu lassen. Wir haben ja verschiedenste Airlines, Air France, Lufthansa, Emirates, die alle ihre eigenen Geschäftsmodelle haben. Aber sie könnten gemeinsam auf den großen Flugrouten in Formationen fliegen und damit die Widerstandminimierung ausnutzen. Damit hätten alle etwas davon.

Sie meinen, die Flugzeuge fliegen über den Atlantik so wie Vögel, wie Zugvögel. Aber die fliegen doch relativ nah beieinander, um dann auch tatsächlich weniger Luftwiderstand zu haben. Das wäre doch viel zu gefährlich.

Das physikalische Prinzip, was Sie am Beispiel der Zugvögel beschreiben, ist genau das, worum es geht. Die große Herausforderung für die Wissenschaftler ist, Sensorsysteme und Flugverfahren zu entwickeln, die das ermöglichen. In der Tat müssten dann die Flugzeuge sehr dicht aneinander fliegen. Wir reden hier über zwei- bis dreifachen Abstand einer Flugzeuglänge, also ungefähr zweihundert Meter.

Die andere Möglichkeit um Fliegen ökologisch zu gestalten, wäre natürlich ganz andere Antriebe zu verwenden, beispielsweise Elektroantriebe. Wie realistisch ist das denn?

Elektroantriebe sind ein ganz großer Traum und sind natürlich, was die Emissionen vor Ort - also gerade in großen Flughöhen – angeht, äußerst attraktiv. Die Achillesferse der Elektroantriebe heute sind die Energiespeicher.

Wird sich da etwas tun?

Ich hoffe, dass die deutlichst leichter werden.

Dann setzen wir da mal drauf. Haben Sie vielen Dank für das Gespräch, Herr Gollnick.

(Interview: Ingolf Baur)