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Produktivität: EU nur zweiter Sieger

Barbara Gruber, Brüssel23. November 2001

Die Europäische Union ist in Sachen Lebensstandard und Wettbewerbsfähigkeit hinter die USA zurückgefallen - trotz stetiger Steigerung der europäischen Produktivität

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Der für Unternehmen zuständige EU Kommissar Erkki Liikanen hat in Brüssel eine Erklärung für diesen scheinbaren Widerspruch gegeben: "Das liegt an den niedrigeren Beschäftigungsraten in Europa und auch an der niedrigeren Arbeitsproduktivität in der Europäischen Union. In Europa liegt die Arbeitsleistung pro Arbeitnehmer 25 Prozent unter der amerikanischen Leistung. Und die Tendenz verschlechtert sich."

Diese Defizite wiederum können nach Auffassung des Kommissars auf grundsätzliche Schwierigkeiten der EU zurückgeführt werden. In Europa kämen neue Informations- und Kommunikationtechnologien viel zu langsam zur Anwendung, außerdem mangele es an Innovation. "In Europa wollen zu wenig Menschen Unternehmer werden, Risiken übernehmen und Firmen gründen. Besonders unter den Frauen wird das unternehmerische Potential in der EU nicht genügend ausgeschöpft. In den USA sind 35 Prozent der Unternehmer Frauen - Europa liegt da weit abgeschlagen".

In Deutschland, so der Bericht, sei man besonders risikoscheu. Mehr als die Hälfte der Befragten schrecke vor der Selbständigkeit zurück. Was also tun? "Im Bereich des Unternehmertums müssen weiter Barrieren abgebaut werden," sagt Liikanen, "denn die behindern die Gründung neuer Firmen. In Europa ist die Toleranz gegenüber dem ‚Scheitern' viel niedriger als in anderen Ländern und besonders den USA. Wir müssen versuchen, das Brandmal ‚Versager' zu entschärfen."

Innovation bedeutet außerdem, so Liikanen: offene wettbewerbsfähige Märkte, es muss also noch mehr liberalisiert werden. Es sollten noch mehr Investitionen in Forschung und Entwicklung fließen, und auch die geistigen Eigentumsrechte sollten nicht vernachlässigt, sondern ausreichend geschützt werden. Außerdem müsse das Internet wirklich allen zugänglich sein. Denn die Verbreitung des Internets sei für die Wettbewerbsfähigkeit eines Landes äußerst wichtig.

Im Schlüsselbereich der Biotechnologie ist die Kluft zwischen der EU und den USA besonders markant, sagt Liikanen. "Wenn man sich die europäische Biotechnologiebranche anschaut, sieht man, dass die Firmen immer noch zu klein sind. Die Forschung der Biotech-Unternehmen ist zu fragmentiert. Es findet nicht genügend Austausch statt zwischen den verschiedenen Forschungsbereichen, den diversen Institutionen. Und auch grenzüberschreitend wird nicht genügend getan."

Trotz alledem bleibe die Biotechnologie ein potentiell vielversprechender Bereich, so Liikanen. Ende der 90er Jahre wurden in dieser Branche viele neue Unternehmen gegründet. Mittlerweile gebe es eine Reihe von Biotechnologiezentren in Deutschland, Großbritannien und Frankreich - alle durchaus erfolgreich. Jetzt sollten noch die kleinen und mittleren Unternehmen aus den anderen Regionen folgen - dazu werde die Kommission auch bald einen Aktionsplan vorlegen, kündigte Liikanen an.