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Nanopartikel auf dem Vormarsch

Uta Bilow28. März 2008

Die Nanotechnologie boomt. Fast täglich kommen neue Produkte mit den winzigen Kristallen auf den Markt. Ob diese für den Menschen gefährlich sind, ist aber unklar.

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Wissenschaftler im Labor
Welche Folgen der Einsatz von Nanotechnologie für die Umwelt hat, wird noch erforschtBild: dpa

Sie gilt als Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts und damit als Eintrittskarte in die Zukunft: die Nanotechnologie. Alles, was kleiner ist als ein Zehntel Mikrometer, gehört dazu und verspricht neue Produkte und Problemlösungen auf einer Vielzahl von Gebieten, ob Informationstechnologie, Medizin, Umwelttechnik oder Optik. In Deutschland hat die Nanotechnologie-Branche eines ihrer Zentren in der sächsischen Landeshauptstadt Dresden. Dort fand vor kurzem die Tagung "Nanofair" statt, die Forscher und deren Ideen mit der Wirtschaft zusammenbringt.

Tägliche neue Produkte

Die Nanotechnologie hat ein großes Marktpotenzial. Schon heute ist sie Grundlage für Entwicklungen wie Hochleistungs-Festplatten, bunt schillernde Autolacke oder Brillengläser, die dank einer Schutzschicht nicht mehr verkratzen. Fast täglich kommt ein neues Produkt hinzu. Bei der Tagung "Nanofair" wurden jetzt neueste Forschungsarbeiten vorgestellt, die an der Schwelle zur praktischen Umsetzung stehen.

Jörg Opitz vom Fraunhofer-Institut für zerstörungsfreie Prüfverfahren befasst sich beispielsweise mit Nanodiamanten, also winzigen Kristallen aus Kohlenstoff: "Nanodiamanten sind ein sehr interessantes Material. Wir hoffen, dass man sie einsetzen kann als biologische Sensoren in Zellen, möglicherweise später auch zur Krebsdiagnostik."

Wissenschaftlerin mit Reagenzglas (Quelle: AP)
Das Insitut fuer Neue Materialien der Universität des Saarlandes entwickelt Nanopartikel, die in Tumorzellen eingeschleust werden könnenBild: AP

Den Krebszellen auf der Spur

Eine genaue Diagnostik kann für viele Krebskranke schnelle rettende Hilfe bedeuten. Und das, weil die winzigen Nanodiamanten fluoreszieren können. Sie senden, wenn man sie entsprechend anleuchtet, ihrerseits Licht aus. Da die Nanodiamanten viel kleiner sind als eine menschliche Zelle, kann man sie gezielt in Krebszellen einschleusen. Ihr Aufleuchten verrät dann die genaue Lage und das Ausmaß eines Tumors.

Die winzigen Kristalle können noch mehr. "Wir setzen sie momentan ein auf Flugzeugen, um dort Korrosion nachzuweisen und gleichzeitig zu messen, inwieweit die Korrosion fortgeschritten ist", berichtet Jörg Opitz. Bei dem Projekt arbeitet sein Institut mit dem europäischen Flugzeugbauer Airbus zusammen.

Fälschungssichere Geldscheine

Die Industrie ist auch an den Nanopartikeln interessiert, mit denen sich Claus Feldmann von der Universität Karlsruhe beschäftigt. Die winzigen Teilchen bestehen aus Metallverbindungen, in die der Chemiker kleine Mengen von fremden Atomen eingebracht hat. Diese Nanoteilchen lassen sich sogar mit einem Tintenstrahldrucker verarbeiten. Feldmann druckt auf diese Weise Muster oder Schriftzüge aus dünnen Nanopartikel-Schichten. "Die dünnen Schichten sind auf Grund der Nanopartikel transparent im sichtbaren Licht", erklärt er. "Wenn sie angeregt werden, leuchten sie, was man als Sicherheitsmarkierung beispielsweise auf Banknoten oder zu Werbezwecken verwenden kann."

Ein sehr stark vergrößerter Chip
Auf Nanoreise durch einen Chip (Ausschnitt 10nm)Bild: VDI Technologiezentrum GmbH

Aufdrucke, die aus diesen Nanopartikeln bestehen, sind völlig durchsichtig und quasi unsichtbar. Erst unter einer UV-Lampe leuchten sie rot oder grün auf. Ein großer Vorteil der Nano-Leuchtstoffe: Im Gegensatz zu den heute schon verwendeten Markierungen auf den europäischen Geldscheinen bleichen sie nicht aus.

Risiken unklar

Die Nanotechnologie hat viel Potenzial. Doch wie steht es um die Sicherheit von Mensch und Umwelt? Ob der Vorstoß in die winzigen Dimensionen gesundheitliche Risiken birgt, wird intensiv diskutiert, erklärt Andreas Leson vom Fraunhofer-Institut IWS in Dresden: "Es gibt von der Bundesregierung einen sogenannten Nano-Dialog, wo Wissenschaftler, Firmen und auch Naturschutzverbände eingebunden sind."

Das deutsche Bundesforschungsministerium fördert die Sicherheitsforschung mit Millionen-Beträgen. Auch auf EU-Ebene existieren entsprechende Projekte, sie heißen "NanoDerm", "NanoTox" oder "Impart". Noch ist die Risikodebatte in einem frühen Stadium, aber es zeichnet sich bereits ab, wo Gefahrpunkte liegen. "Nanoschichten sind völlig uninteressant unter dem Gesichtspunkt Gefährdung, oder auch die Messtechnik im Nanobereich oder die Elektronik. Wo man hingucken muss, das sind die Nanopartikel", sagt Andreas Leson.

Gefährlich wie Asbest?

Denn Nanopartikel sind so klein, dass sie offenbar sogar die Blut-Hirn-Schranke beim Menschen überwinden und dann in das Gehirn eindringen können - mit unabsehbaren Folgen. Das haben zumindest Tierversuche ergeben. Außerdem scheinen die winzigen Teilchen auch in der Lunge Schaden anrichten zu können – ähnlich wie die Asbestfasern. Nun sucht die Forschung nach Testverfahren, die rasch ermitteln, welche Nanopartikel wo gefährlich sein könnten. Noch fehlen verlässliche Daten.