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Problemfall Zypern

Bernd Riegert 26. April 2004

EU-Osterweiterung, EU-Verfassung ...: Die Tagesordnung des EU-Außenministertreffens ist stets vollgepackt. Diesmal musste sich die Runde zuerst mit einem aktuellen Ereignis befassen: dem gescheiterten Zypernreferendum.

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"Ja" und "Nein" auf ZypernBild: AP

Wie soll die Europäische Union mit einer geteilten Insel Zpyern umgehen, nachdem die Wiedervereinigung am Widerstand des griechisch-zypriotischen Südteils vorerst gescheitert ist? Die europäischen Außenminister beraten bei ihrer Routinesitzung in Luxemburg Plan B, der schon im März von der EU-Kommission vorbereitet wurde.

In der Richtlinie, die den Außenministern vorliegt, heißt es: Die Trennlinie zwischen türkischem Norden und griechischem Süden wird nicht als Außengrenze der Europäischen Union betrachtet, EU-Bürger können künftig auch über die Türkei und Nordzypern in den Süden einreisen. Aber: Die Grenzkontrollen zwischen Nord- und Südzypern sollen aufrecht erhalten werden.

Hilfe für Zyperns Norden

De facto tritt am 1. Mai nur der Südteil der seit 30 Jahren geteilten Insel bei - de jure ist es aber die ganze Insel, da die Teilungs Zyperns nach der türkischen Invasion von der Europäischen Union nie anerkannt wurde. Allgemein wird von den EU-Außenministern bedauert, dass die griechischen Zyprer eine historische Chance zur Wiedervereinigung verpasst hätten.

"Ich bedaure zutiefst, dass nicht ein vereintes Zypern am 1. Mai der Europäischen Union beitritt", erklärte der Außenbeauftragte der EU, Javier Solana. Gleichzeitig sagte Solana, den vereinigungswilligen türkischen Zyprern müsse nun auch finanziell geholfen werden, den großen Abstand zum wohlhabenden Süden abzubauen. Wie hoch die Belohnung sein wird, ist aber noch unklar. "Ich muss anerkennen, dass der nördliche Teil sehr mutig abgestimmt hat", ließ Solana wissen. "Das werden wir natürlich berücksichtigen."

EU-Diplomaten enttäuscht

Der EU-Erweiterungskommissar, Günter Verheugen, sagte, man könne nicht einfach Geld an den Norden überweisen, da es sich nicht um einen anerkannten Staaten handle. Entsprechende Vereinbarungen mit den Vereinten Nationen stünden Direkthilfen im Weg. Wäre die Insel vor dem 1. Mai vereinigt worden, hätte die EU zunächst 250 Millionen Euro bereitgestellt. Großbritannien tritt dafür ein, vor einer Zusage von Hilfsgeldern noch abzuwarten.

Nach EU-Kreisen sind einige Minister und EU-Erweiterungskommissar Verheugen schwer enttäuscht von der Regierung der Republik Zypern. Man fühle sich sogar betrogen, weil die Regierung während der Beitrittsverhandlungen zur EU immer den Eindruck erweckt habe, sie wolle die Wiedervereinigung. Nach der Aufnahme in die EU falle nun ein entscheidender Hebel weg, um die griechischen Zyprer zu Zugeständnissen zu bewegen.

Neues Problem für die EU

Die Chancen der Türkei, in die EU zu kommen, sind hingegen gestiegen. Die Außenminister erkennen an, dass die Regierung in Ankara einer Vereinigung Zyperns nicht im Wege gestanden habe, was eine Art Vorbedingung für die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen gewesen ist. Manche Diplomaten befürchten jedoch, dass Zypern im Dezember, dann Vollmitglied der EU, Beitrittsgespräche mit der Türkei mit seinem Veto verhindern könnte. Mit der ungelösten Zypernfrage habe die EU nach dem 1. Mai ein neues Problem am Hals, stöhnte eine Delegationsmitglied.

Mit Russland sind sich die 25 Minister weitgehend einig, dass eine gemeinsame Erklärung zur Osterweiterung der Union verabschiedet werden kann. Die Bedenken Russlands konnten bis auf einige Formulierungsschwierigkeiten ausgeräumt werden. Russland hatte sich vor allem gegen den Beitritt der baltischen Staaten zur EU gesträubt und mögliche Verluste im Handel und die Benachteiligung der russischen Minderheiten beklagt.

Neue Runde im Verfassungspoker

Die Außenminister beschlossen, am 17. und 18. Mai erneut über die Verfassung zu verhandeln. Sie wollen versuchen, bei den strittigen Punkten, besonders beim Abstimmungsverfahren, einen Durchbruch zu erreichen. Die Staats- und Regierungschefs wollen die erste EU-Verfassung bei ihrem Gipfeltreffen Mitte Juni im zweiten Anlauf verabschieden. Polen und Spanien haben signalisiert, dass sie ihren Widerstand gegen die sogenannte doppelte Mehrheit aus Staaten und Bevölkerung bei künftigen Abstimmungen aufgeben wollen.