1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
GesellschaftEuropa

Prinz Philip ist tot

9. April 2021

Als eines der größten Mitglieder der britischen Königsfamilie war Prinz Philip kaum zu übersehen - als Gatte von Königin Elizabeth II. musste er sich jedoch oft zurücknehmen. Ein Rückblick auf sein bewegtes Leben.

https://p.dw.com/p/3rlqR
Prinz Philip (08.06.2015)
Bild: Matt Dunham/WPA/Getty Images

Er wirkte schon immer wie aus der Zeit gefallen, manchmal fiel er auch aus dem Protokoll. Der deutsche Philip am Hofe der Windsors - offiziell der Duke of Edinburgh - hat die britischen Royals jahrzehntelang "politisch unkorrekt" begleitet. Was für die einen Anlass zur Kritik bot, war für andere wohltuend.

"The Hun", der Hunne, hatte ihn Queen Mum, seine Schwiegermutter, anfangs immer mal wieder tituliert - nicht nur zum Scherz. Die Heirat 1947 des deutschstämmigen Philip mit Elizabeth, der späteren Königin, galt zwei Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs als äußerst heikel für das britische Königshaus.

Beste Nebenrolle

Formell war Philip ein dänischer und griechischer Prinz, aber eben auch ein Deutscher. Einer, dessen Landsleute Bomben auf Westminster Abbey abgeworfen hatten, also auf die Kirche, in der er am 20. November 1947 Elizabeth zur Frau nahm. Er, der Prinz ohne Land und Heimat. Doch laut Elizabeth ein Gentleman.

Hochzeitspaar Elisabeth und Philip (20.11.1947)
Hochzeitspaar Elizabeth und Philip (1947): Äußerst heikel für das KönigshausBild: AFP/Getty Images

Prinz Philip hat die kleinen Nischen gefunden und besetzt, die ihm das strenge Protokoll - als Gatte immer einen Schritt hinter der Queen - zubilligte. Es war nicht nur der Humor, den er einsetzte, um die vermutlich wichtigste Nebenrolle zu füllen, die ihm durch die Heirat zugewiesen worden war. Er ließ es manchmal auch krachen. Vor allem verbal.

Bundeskanzler Helmut Kohl begrüßte er 1997 auf der Hannover-Messe mit den Worten: "Guten Tag, Herr Reichskanzler." Verbürgt ist auch dies: Er möge doch nicht so schnell fahren, mahnte ihn einmal eine Beifahrerin von der Rückbank der königlichen Limousine. Wenn sie noch einmal seinen Fahrstil kritisiere, werde er anhalten und sie könne zu Fuß nach Hause gehen, sagte Philip. Danach war Ruhe. Es war die Queen, die sich so abkanzeln ließ.

Mit Ironie das Schicksal ertragen

Aber auch die feine Ironie beherrschte er. "Meine Frau hat in Philosophie promoviert, sie ist viel wichtiger als ich", verriet ihm ein Mann in Australien. "Wir haben das Problem auch in unserer Familie", konterte Philip süffisant.

Mit gezielten kleinen Sarkasmen konnte er seine bescheidene Nebenrolle bei Hofe immer wieder aufwerten. Als inoffizieller "King of Comedy" waren ihm Beifall und Buhrufe stets sicher. Wie bei der kalkulierten Provokation auf Staatsbesuch in Paraguay unter Diktator Alfredo Stroessner. Den hatte er mit der Sottise provoziert, er sei gern mal wieder in einem Land, in dem nicht das Volk das Sagen habe. Der subtile politische Scherz, auch das ein Hobby des Prinzen.

Königin Elizabeth und Prinz Philip Mountbatten
Die britische Königsfamilie (1954): Kleine Nischen im strengen ProtokollBild: PA/AP/picture alliance

Aber auch Philip musste sich einiges gefallen lassen. Als halber Deutscher konnte er nicht auf einen Vertrauensvorschuss bauen. Als er 1956 ein Stipendienprogramm für Jugendliche auflegte, meldete sich der damalige britische Bildungsminister David Eccles mit den bösen Worten bei ihm: "Ich höre, Sie wollen eine Hitlerjugend gründen."

Die Mischung aus vorbildlicher Haltung und losem Mundwerk war  sein Markenzeichen. Als Royal setzte er dabei neue Maßstäbe und verschaffte dem britischen Königshaus hohen Unterhaltungswert. Für viele ein wohltuender Kontrast zur formvollendeten Königin, die Pflicht und Zurückgenommenheit verkörpert.

In Europa zu Hause und doch heimatlos

Auch sein vor-royales Leben war ungewöhnlich. 1921 als "Prinz von Griechenland und Dänemark" auf Korfu geboren, musste er wegen des türkisch-griechischen Krieges schon als Kleinkind das Land verlassen. Seine hochadelige Familie zerbrach im Pariser Exil. Der Vater lebte fortan mit einer Geliebten in Cannes, die Mutter Alice von Battenberg, eine Urenkelin Königin Viktorias, verbrachte den Rest ihres Lebens in Sanatorien. Seine vier älteren Schwestern heirateten allesamt deutsche Prinzen. Es war die britische Verwandtschaft der Mutter, die sich um Philip kümmerte.

Sie schickten ihn auf die besten europäischen Internate. Der Königshaus-Historiker Andrew Marr brachte die Persönlichkeit Philips auf den Punkt: Verzicht auf Selbstmitleid, der Glaube an das Sachliche, eine provokante Kantigkeit, eine gut versteckte Intellektualität und die Liebe zur Natur.

So gerüstet startete er seine kurze britische Marinekarriere, ohne britischer Staatsbürger zu sein. Mit 18 lernte er die fünf Jahre jüngere Elizabeth kennen und sie blieben über den Krieg hinweg in Kontakt. Schon 1946 hielt er um ihre Hand an. Zur Hochzeit war seine deutsche, größtenteils NS-belastete Verwandtschaft nicht erwünscht.

Getrennte Schlafzimmer

Richtige Skandale aus dem Eheleben existierten entweder nicht, oder sie versickerten im Diskretionsnetz des Hofstaates. Verbrieft ist allerdings die rhetorische Frage Philips: "Wie kann ich der Königin je untreu werden?" Um gleich selbst die Antwort zu geben. "Sie könnte sich doch nie mit gleicher Münze wehren."

Ihr gemeinsames Leben sei immer auf regelmäßigen Trennungen aufgebaut gewesen, sagte der königliche Historiker Robert Lacey. Dazu gehörten angeblich schon frühzeitig getrennte Schlafzimmer.

Königin Elizabeth und Prinz Philip (02.10.2018)
Eheleute Elizabeth und Philip (2018): "Du kannst auch zu Fuß nach Hause gehen"Bild: Alistair Grant/AFP/Getty Images

Was Philip geradezu leidenschaftlich mit der Queen teilte, war die Liebe zu Pferden. Mit Elizabeths Corgis konnte er weniger anfangen und kommentierte ihr Hunderudel entsprechend.

Meister der kalkulierten Provokation

Prinz Philips Rolle war nicht einfach. Er fühle sich wie eine Amöbe, gestand er schon in den ersten Ehejahren, als es ihm Elizabeth aus Staatsräson untersagte, den gemeinsamen Kindern seinen Familiennamen Mountbatten zu geben. Dennoch galt er stets als Kopf des Clans. Sie herrschte über das Reich, er war Chef der "Firma Windsor".

2017 ging er im Alter von 96 Jahren schließlich in "Rente" und übergab viele offizielle Aufgaben an die jüngeren Royals. "Ich denke, ich habe meinen Teil getan, also möchte ich mich jetzt ein wenig amüsieren", sagte er kurz nach der Ankündigung seines Rücktritts. Im Laufe der Jahrzehnte hatte er allein 637 Auslandsbesuche hinter sich gebracht, hatte fast 5500 Reden gehalten und diente als Schirmherr, Präsident oder Mitglied von mehr als 780 Organisationen.

Jetzt ist Prinz Philip im Alter von 99 Jahren in Windsor gestorben, wie der Buckingham Palast mitteilte. Mit seinem Tod hat die britische Monarchie nicht nur den dienstältesten Gemahl in der Geschichte des Vereinigten Königreichs verloren, sondern vor allem einen ihrer größten Sympathieträger.

Porträt eines Mannes mit Mittelscheitel und Bart
Volker Wagener Autor für DW Programs for Europe
Stephanie Höppner Autorin und Redakteurin für Politik und Gesellschaft