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Priština will eine eigene Armee

Bahri Cani16. März 2014

Die Regierung des Kosovo plant einen weiteren Schritt zur vollen Souveränität: den Aufbau eigener Streitkräfte. Serbien sieht das als eine Provokation und verlangt eine Sondersitzung des UN-Sicherheitsrates.

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KFOR-Stützpunkt in Prizren (Foto: dapd)
Bild: dapd

Seit Ende des Kosovo-Krieges 1999 sorgen die internationalen Soldaten der KFOR-Mission für Sicherheit und Frieden im Kosovo. Daran beteiligt sind auch mehr als 700 Bundeswehrsoldaten. Die frühere serbische Provinz hat 2008 ihre Unabhängigkeit erklärt und wurde bisher von 106 Ländern anerkannt. Jedoch nicht von Nachbar Serbien, das den neuen Staat "nie anerkennen" will, wie es offiziell in Belgrad heißt.

Derzeit verfügt das Kosovo über Sicherheitskräfte (TMK), die 2500 Mann umfassen. Sie stehen unter dem Kommando der internationalen Truppen KFOR. Die kosovarischen Sicherheitskräfte werden zum Zivilschutz, zur Hilfe für die Bevölkerung sowie bei Katastrophen eingesetzt.

Die Regierung in Priština entschied jedoch Anfang März, dass das Kosovo eine eigene Armee bekommen soll. Ab 2019 soll sie eine Stärke von 5000 aktiven Soldaten sowie 3000 Reservisten haben und mit einem Jahresbudget von 65 Millionen Euro ausgestattet sein. Der kosovarische Ministerpräsident Hashim Thaci erklärte nach der entscheidenden Kabinettssitzung, dass dies nach der Unabhängigkeitserklärung des Kosovo am 17. Februar 2008 "die zweitwichtigste Entscheidung" seines Lebens sei. Er betonte dabei, dass "die Umwandlung der jetzigen Sicherheitskräfte in eine reguläre Armee im Interesse aller ethnischen Gruppen im Kosovo ist".

Hashim Thaci (Foto: DW)
Hashim ThaciBild: DW/B. Shehu

"Eine Kosovo-Armee war kein Thema"

Serbien bezeichnet diese Pläne der Regierung in Priština als "inakzeptabel" und verlangt eine Sondersitzung des UN-Sicherheitsrates. In Belgrad wird zudem gefordert, dass die neue Truppe keinen Zugang zu den Gebieten im Nordkosovo haben dürfe, wo mehrheitlich Serben leben. Der gleichen Meinung sind auch die dortigen serbischen Lokalpolitiker.

Im April vergangenen Jahres hatten die Regierungen von Serbien und dem Kosovo unter Vermittlung der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton ein Abkommen zur Normalisierung ihrer Beziehungen unterzeichnet. "Über eine kosovarische Armee haben wir nie gesprochen", sagt der serbische Regierungschef Ivica Dačić.

"Das Kosovo ist ein souveräner Staat und ich glaube, dass diese Entscheidung der Regierung in Belgrad, eine Sondersitzung des UN-Sicherheitsrates zu verlangen, nur die derzeitige Wahlkampagne in Serbien widerspiegelt und nichts mit rationalem Handeln einer rationalen Regierung zu tun hat", sagte der kosovarische Außenminister Enver Hoxhaj der Deutschen Welle. Die Regierung im Kosovo sei "sehr interessiert" an guten Nachbarschaftsbeziehungen mit allen Ländern der Region, einschließlich Serbien. Man habe "in den vergangenen sechs Jahren gezeigt, dass man für Frieden, Sicherheit und Stabilität in der ganzen Region" stehe. Außenminister Hoxhaj behauptet, dass "die Gründung der bewaffneten Streitkräfte in Absprache mit den internationalen Partner" geschehe.

"Der Balkan braucht mehr Abrüstung"

Für die Gründung einer Armee im Kosovo wäre allerdings eine Verfassungsänderung durch das kosovarische Parlament notwendig. Denn Streitkräfte sind bisher in der Verfassung nicht vorgesehen. Obwohl keine der albanisch-kosovarischen politischen Parteien gegen eine eigene Armee ist, wirft die Opposition der Regierung vor, eine populistische Politik zu betreiben und falsche Hoffnungen zu wecken. Wie in Serbien finden nämlich im Kosovo auch bald vorgezogene Parlamentswahlen statt - vermutlich Anfang Juni.

Die Pläne der kosovarischen Regierung kritisiert auch der deutsche Südosteuropa-Experte Franz-Lothar Altmann. "Die Sicherheit der albanischen Bevölkerung und der Serben im Kosovo sollte durch die internationale Gemeinschaft gesichert werden. Auf dem Balkan sollte man so viel wie möglich in Richtung Abrüstung und nicht Aufrüstung arbeiten", so Altmann. Fraglich ist nach der Meinung des Professors für Internationales Recht, ob eine Armee des Kosovo gegenüber einem imaginären Feind, der zunächst im Zweifelsfall Serbien sein könnte, tatsächlich den Kleinstaat verteidigen könnte. "Insofern ist der Sinn des Aufbaus einer kosovarischen Armee nicht nachvollziehbar."

Franz-Lothar Altmann (Foto: DW)
Franz-Lothar AltmannBild: DW

In dem von Belgrad und Priština vor einem Jahr unterschriebenen Abkommen über die Normalisierung der Beziehungen sind gemeinsame Grenzkontrollen vorgesehen, die nach Anlaufschwierigkeiten seit Monaten ohne größere Probleme funktionieren. Die Patrouillen bestehen aus serbischen und kosovarischen Polizisten, sowie Beamten der Europäischen Rechtsstaatlichkeitsmission EULEX. Soldaten sind daran nicht beteiligt. Die Friedenssicherung durch die internationalen Streitkräfte im Rahmen der KFOR-Mission wird aber, so Franz-Lothar Altmann, noch "eine Zeit lang" im Kosovo weiterlaufen müssen, weil die "Lage im Norden des Kosovo noch lange nicht gelöst worden ist." Altmann betont, dass es Sicherheitsgarantien für die territoriale Integrität des Kosovo nicht nur von westlichen Ländern, sondern auch von Serbien und Russland geben sollte.