1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Pressestimmen von Samstag, 4. Dezember 2004

Ulrike Quast3. Dezember 2004

Anschlagsplan gegen Allawi in Deutschland / Wahlwiederholung in der Ukraine

https://p.dw.com/p/5wwE

Unter den zahlreichen Themen der Kommentatoren der deutschen Tagespresse an diesem Samstag nehmen zwei Themen besonders breiten Raum ein: Der Bericht der Bundesanwaltschaft über einen möglicherweise geplanten Anschlag auf den irakischen Regierungschef Iljad Allawi in Berlin und die Wiederholung der Stichwahl um das Präsidentenamt in der Ukraine.

Die FRANKFURTER RUNDSCHAU schreibt zu den möglichen Anschlagsplänen auf Allawi:

"Wie das Attentat verübt werden sollte, ist bisher unklar. Waffen oder Sprengstoff wurden bei Durchsuchungen nicht gefunden. Doch muss die Bundesanwaltschaft sehr konkrete Hinweise auf drohende Gewaltakte gehabt haben, sonst hätte sie nicht in aller Eile und ohne richterlichen Durchsuchungsbefehl zugegriffen. Dafür muss «Gefahr in Verzug» sein."

Die Tageszeitung DIE WELT fragt:

"Droht der Dschihad, der seine Hauptschlachten derzeit im Irak führt, nach Berlin zu kommen? Die offenbar konkreten Anschlagsvorbereitungen zeigen, daß Deutschland im Terrorkampf längst aus den Zuschauerreihen in die Mitte des Spiels geraten ist. Dazu paßt, daß das Bundesverwaltungsgericht nach Jahren das Verbot eines extremistischen Spendensammel-Vereins bestätigte, dessen Gelder ganz offenbar an Terroristen im Nahen Osten flossen. Beide Vorgänge belegen: Deutschland ist Ruhe- und Finanzierungsraum, aber längst auch Aktionsraum des internationalen islamistischen Terrors."

Im BERLINER KURIER heißt es:

"Direkt vor unserer Tür war ein Terrorattentat geplant. Iraks Ministerpräsident Allawi sollte dran glauben. Es ist misslungen. Es zeigt sich aber, dass der Terror islamistischer Banden vor keiner Grenze halt macht. Auch vor Deutschland nicht."


Die MÄRKISCHE ALLGEMEINE aus Potsdam befasst sich mit der Entscheidung des Obersten Gerichts der Ukriane, die Stichwahl um das Präsidentenamt zu wiederholen:

"Das friedliche Aufbegehren in Kiew war erfolgreich - zumindest die Stichwahl für den ukrainischen Präsidenten wird wiederholt. Entschärft ist die Lage damit noch lange nicht. Was, wenn das neue Ergebnis das alte ist? Dafür sind wir nicht auf die Straße gegangen, wird es dann heißen und wieder eng werden auf den Plätzen in Kiew. Oder, wenn es anders kommt: Werden Janukowitschs Anhänger still akzeptieren, wenn beim zweiten Urnengang Juschtschenko als Sieger hervorgeht? Die mentale, kulturelle und politische Spaltung des Landes wird bleiben. Kommt Janukowitsch ins Amt, wird es Unruhen geben. Siegt Juschtschenko, sind Spannungen mit der rohstoffreichen Ost-Ukraine und mit Russland programmiert. Beides kann sich die bitterarme Ukraine nicht leisten."

Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG meint:

"In Kiew findet also ein Kampf um eine bessere, gerechtere Gesellschaft statt. Moskau aber interpretiert ihn offensichtlich als Kampf um Einflusszonen. Der Westen - die EU und die USA - wollten Russlands Rolle am Dnjepr angeblich marginalisieren. Für Putin ist die Ukraine das Herzstück seines Konzepts, den Einfluss Moskaus in den früheren Sowjetrepubliken über die Rohstoffkonzerne wieder herzustellen. Demokratie stört da nur. Demokratisierung aber muss für die EU, die sich auch als Wertegemeinschaft versteht, oberste Priorität haben. Sie steht in der Pflicht, die Demokratiebewegung in der Ukraine zu unterstützten, auch gegen einen dräuenden Kremlchef."

Die FREIE PRESSE aus Chemnitz sieht in der Gerichtsentscheidung eine einzige Ohrfeige für die jetzigen Machthaber.

"Dies gilt einerseits vor allem für den bisherigen Minister- präsidenten Viktor Janukowitsch, der sich bereits als vermeintlicher Wahlsieger hatte feiern lassen. Gleiches trifft aber auch für den scheidenden Präsidenten zu. Leonid Kutschma schien für den Ernst der Lage zwar etwas mehr sensibilisiert zu sein. Doch mit allerlei Winkelzügen glaubte er wohl, dem Geschehen trotzdem noch seinen eigenen Stempel aufdrücken zu können. Auch in Moskau dürfte der Richterspruch einer Bombe gleich eingeschlagen sein. Präsident Wladimir Putin hat aus der Verteilung seiner Sympathien nie einen Hehl gemacht. Als wegen der nicht mehr zu leugnenden Fälschung der Druck immer größer wurde, wollte der Kremlchef wenigstens eine Wiederholung der Stichwahl verhindern. Doch auch damit ist er nun gescheitert."