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Pressestimmen von Samstag, 29. Mai 2004

die Redaktion hatte Reinhard Kleber.28. Mai 2004

Fall Kaplan / Debatte über Zuwanderung / UN-Mandat für den Irak

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Der spektakuläre Fall des abgetauchten Islamistenführers Metin Kaplan und die neu aufgebrochene Diskussion über das geplante Zuwanderungsgesetz dominieren die Kommentarspalten der deutschen Tageszeitungen. Ein weiteres Thema ist die Ausgestaltung einer neuen Irak-Resolution des Sicherheitsrats.

Zum Fall Kaplan schreibt DIE WELT:

"Dass einer alle juristischen Möglichkeiten in seinem Sinne nutzt, ist in Ordnung. Doch wie der Rechtsstaat seinerseits daran scheiterte, alle Register zu ziehen, ist ein böser Witz. Wer aber den Schaden schon hat, soll wenigstens daraus klug werden. Auf zwischenstaatlicher Ebene in der Europäischen Union scheint das beherzigt zu werden: Fünf EU-Staaten rücken ihre Polizeibehörden näher zueinander, andere werden wie immer folgen."

Noch schärfer geht die OFFENBACH-Post mit den Behörden ins Gericht:

"Alles schön nach den Buchstaben des Gesetzes - und der abgetauchte Kalif von Köln lacht sich schlapp. Man möchte laut aufschreien beim Blick auf diesen Staat, der sich wehrhafte Demokratie auf seine Fahne geschrieben hat, seine Wehrhaftigkeit freilich immer und immer wieder selbst amputiert. Die Gewerkschaft der Polizei verlautbarte gestern, die Möglichkeiten zur Bekämpfung islamistischer Extremisten seien hier zu Lande unzureichend. (...) Wundert sich wirklich noch jemand darüber, dass Deutschland zum beliebten Tummel- und Ruheplatz für Terroristen und ihre Helfershelfer geworden ist?"

Gerade erst hatten sich Regierung und Opposition über Grundzüge des Zuwanderungsgesetzes verständigt, da gibt es neuen Streit: Die RHEINPFALZ aus Ludwigshafen meint dazu:

"Nur wenige Tage nach dem Treffen in Berlin sollen die Absprachen offenbar nicht mehr gelten. Und so drängt sich die Frage auf, welches Spiel Edmund Stoiber wirklich spielt. Denn eines ist klar: Mit den nachgeschobenen, in der Kanzlerrunde aber bereits verworfenen Forderungen seines Innenministers wird der gerade erst mühsam gefundene Kompromiss wieder ernsthaft in Frage gestellt. Es ist aber nur schwer vorstellbar, dass Günther Beckstein ohne Rückendeckung aus der Staatskanzlei an den Chefabsprachen rüttelt. (...) In der Kommission, die das Gesetz jetzt endgültig ausformulieren soll, hat der zuwanderungspolitische Amokläufer Beckstein jedenfalls nichts verloren."

Zur Gestaltung des Gesetzestextes gibt die FRANKURTER ALLGEMEINE mit Blick auf den Umgang mit Extremisten zu bedenken:

"Das Argument, daß die Anschläge von Madrid ohnehin jedermann sensibilisiert hätten, mag zwar zu der Hoffnung berechtigen, dass auch die rot-grünen Gesetzestechniker - die Grünen werden selbst vom Katzentisch aus mitzureden wissen - jeweils die strengere Formulierung wählen werden. Aber in Wirklichkeit ist ein solches Argument doch eine gesetzgeberische Bankrotterklärung: Gesetze sollen nicht erst die Lehre aus Katastrophen ziehen, sondern ihnen vorbeugen, zumal jenen, die von Verbrechern verursacht werden können."

Und nun ein Wechsel zum Dauerthema Irak, hierzu lesen wir in der ESSLINGER ZEITUNG:

"Auch die USA wollen nach der Machtübergabe noch ein Wörtchen mitreden. Wie genau ihre Rolle aussehen soll, ist aber unklar. Der am Montag beim Weltsicherheitsrat eingereichte neue Resolutionsentwurf sieht vor, dass die Amerikaner weiterhin die uneingeschränkte militärische Kontrolle haben. Diese vage Formulierung wird der Rat bestimmt nicht ungeprüft übernehmen. Die Vereinten Nationen können so endlich wieder Einfluss nehmen auf die Geschehnisse im Irak. Völkerrechtlich gesehen ist dies unabdingbar und vollkommen richtig."

Die BADISCHE ZEITUNG aus Freiburg merkt zur Irak-Debatte im Bundestag an:

"Außenminister Joschka Fischer hat ja recht: Wahrscheinlich würden auch Nato-Soldaten im Irak misstrauisch beäugt und als Hilfstruppen der Nato-Mitglieder USA und Großbritannien diskreditiert. Und natürlich wäre eine größtenteils aus Soldaten islamischer Staaten zusammengesetzte Ordnungsmacht im Irak wünschenswerter. Nur spricht einiges dafür, dass eine solche Truppe nicht zustande kommt. Wenn in diesem Fall die UNO unter einem neuen Mandat die Nato um Hilfe bitten sollte (...), dürften sich gerade die europäischen Nato-Mitglieder nicht verweigern."