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Pressestimmen von Samstag, 29. April 2006

Oliver Schilling28. April 2006

Atomkonflikt mit Iran nach Ablauf des UN-Ultimatums

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Der Irankonflikt hat sich weiter zugespitzt und ist natürlich das beherrschende Thema der Tagespresse in Deutschland. Das vom UN-Sicherheitsrat gestellte Ultimatum an den Iran zum Stopp der Urananreicherung ist am Freitag abgelaufen.

Der GENERAL-ANZEIGER aus Bonn notiert dazu:

"Iran hat keine der Forderungen des UN-Sicherheitsrats erfüllt und beharrt auf seinem Recht zur Urananreicherung. Nun muss sich zeigen, ob die so genannte Internationale Gemeinschaft fähig ist, die viel beschworene Einigkeit zu bewahren. Das wird in jedem Falle schwierig."

Kritisch blickt die Zeitung DIE WELT aus Berlin auf die Rolle der UN:

"Das höchste UN-Gremium hat den Iranern kein Ultimatum gestellt, sondern lediglich Bedenkzeit eingeräumt. Diese weiter zu verlängern und erneut nur an Teheran zu appellieren, die Urananreicherung einzustellen, ist angesichts der Verweigerungshaltung der Iraner sinnlos. Wenn der Weltsicherheitsrat seine Glaubwürdigkeit nicht einbüßen will, muß das Gremium eine härtere Gangart einschlagen."

Auch die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG aus München plädiert für einschneidende Maßnahmen gegen den Iran:

"Iran muss weiter isoliert werden, das Regime in Teheran muss die Kälte der internationalen Gemeinschaft spüren, womöglich auch mit Hilfe von Sanktionen, vor allem aber in der politischen Ächtung. Ahmadinedschad lebt in der Erwartung, dass seine Politik die ständigen Mitglieder des Sicherheitsrats spalten kann. Signale aus China und Russland haben ihn in dieser Wahrnehmung bestärkt. Deswegen ist es klug, den Resolutions- und Sanktions-Apparat der UN behutsam anzuwerfen und alle Politik einem Ziel zu unterstellen: Der Sicherheitsrat darf nicht gespalten werden."

Der MANNHEIMER MORGEN weist auf die unterschiedliche Interessenslage im Weltsicherheitsrat hin:

"Gegenwärtig sieht es so aus, als könnten sich die Vetomächte auf gar keine harte Reaktion einigen. Was aber dann? Sollte es tatsächlich nicht gelingen, den Iran zum Einlenken zu zwingen, gäbe es nur eine Alternative: Die UNO könnte dem Iran das Recht auf die Urananreicherung und die friedliche Nutzung der Atomenergie nachträglich zugestehen. Kann man aber so wirklich verhindern, dass der Iran heimlich die Atombombe baut? Wer das glaubt, muss schon ein Träumer sein."

Mit Blick auf die weltpolitische Bedeutung des Konflikts bemerkt die OSTSEE-ZEITUNG aus Rostock:

"Die Welt darf (..) nicht akzeptieren, dass der Iran zur Nuklear- Macht aufsteigt. Weil zum einen für Europa und für Israel eine völlig neue Bedrohungslage entstünde und zum zweiten andere Staaten der Nahost-Region förmlich zum atomaren Wettrüsten gedrängt würden. Und schließlich würde die Gefahr wachsen, dass auch Terroristen die schmutzige Bombe in die Finger bekämen. Eine unbehagliche Vorstellung."

Die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus dem brandenburgischen Frankfurt fragt nach den Handlungsmöglichkeiten des UN-Sicherheitsrates:

"Jetzt ist guter Rat teuer. Wie sich die Dinge in der UNO weiter entwickeln, ist unklar. Die Vetomächte China und vor allem Russland sind bisher nicht geneigt, der amerikanischen Linie zu folgen, Sanktionen bis hin zum Krieg im Sicherheitsrat mitzutragen. Sollten die USA ihren Kurs der Gewaltandrohungen forcieren, dürfte das bislang einigermaßen koordinierte internationale diplomatische Vorgehen bald am Ende sein."

Auch die NÜRNBERGER NACHRICHTEN diskutieren die Auswirkungen auf die internationale Politik:

"Diese Herausforderung schuf eine die gesamte Staatengemeinschaft betreffende Bewährungsprobe. Es geht schlicht um die Frage, ob sie überhaupt noch fähig ist, ihre Normen und Verpflichtungen durchzusetzen. Andernfalls bricht das multilaterale System in seiner bisherigen Form, die brüchige, ohnehin nur mühsam bewahrte Weltordnung zusammen."

Die STUTTGARTER ZEITUNG befasst sich mit den Auswirkungen eines eventuellen militärischen Vorgehens gegen den Iran.

"Ein Schlag gegen den Iran hätte furchtbare Folgen für den gesamten Mittleren Osten und für den Ölpreis, der durch den Streit ohnehin schon in Schwindel erregende Höhen getrieben worden ist. Die sinnvolle politische Alternative zu dem Kriegsgetöse wäre die atomare Abrüstung in der gesamten Region. Dann müsste aber auch Israel abrüsten."

Der KÖLNER STADT-ANZEIGER beleuchtet das Verhältnis zwischen Teheran und Washington:

"Tiefes Misstrauen zwischen den USA und dem Iran, sowie starke Bedrohungsgefühle auf beiden Seiten stehen derzeit einer diplomatischen Einigung derart im Wege, dass - trotz katastrophaler Folgen - ein US-Militärschlag nicht auszuschließen ist. Die Folgen wären unabsehbar. Die Lage ist umso beunruhigender, als sich keine langfristige US-Strategie erkennen lässt. Will Washington den Sturz Präsident Ahmadinedschads oder des gesamten Regimes der Geistlichen? Und was würde aus dem zweifellos daraus hervorgehenden Chaos geboren? Blick man auf den vergleichsweise kleinen Irak, so ist im Falle des Irans noch weit Schlimmeres zu befürchten."

Die in Essen erscheinende NEUE RUHR/ NEUE RHEIN-ZEITUNG schreibt:

"Das Szenario erinnert fatal an die Zeit vor dem Irak-Krieg: Ein Präsident - in diesem Fall der iranische Staatschef Ahmadinedschad - schaltet auf stur, der UN-Sicherheitsrat ist uneinig über das weitere Vorgehen und die amerikanische Regierung, rüstet verbal auf. Dem Krieg der Worte folgte im Fall Irak der Krieg mit Bomben. Droht der nun auch im Fall Iran? Wahrscheinlicher als Militärschläge sind wirtschaftliche Sanktionen..."