1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Pressestimmen von Samstag, 27. März 2004

zusammengestellt von Walter Lausch. 26. März 2004

EU-Gipfel in Brüssel/ Terrorspur nach Deutschland

https://p.dw.com/p/4psl

Der Gipfel der Europäischen Union in Brüssel und die nach Deutschland führende Terrorspur, das sind die beiden Themen dieses Blickes in die Tageszeitungen vom Samstag. Der KÖLNER STADT-ANZEIGER schreibt zum EU-Gipfel, der unter anderem eine Annäherung in der Verfassungsfrage brachte:

"Die EU hat auf dem Brüsseler Gipfel einen großen Schritt nach vorn getan. Es werden natürlich auch wieder Zeiten des Zögerns und Zagens kommen. Aber die These Helmut Kohls von der 'Unumkehrbarkeit' der europäischen Integration scheint sich, wenn auch von Rückschlägen unterbrochen, doch zu bewahrheiten. In einer Krise, die diesen Namen auch verdient und nicht nur den Eitelkeiten nationaler Politikern entsprungen ist, hat sich Europa bewährt."

Der Bonner GENERAL-ANZEIGER sieht dies ganz anders:

"In den Sonntagsreden ist unverändert von gemeinsamen Werten und Zielen die Rede. Doch niemand vermag sie mehr zu erkennen. Gilt, beispielsweise, die ursprüngliche Vision von der 'politischen Union' noch? Oder hat man sich nicht vielleicht schon längst damit abgefunden, dass auch ein wenigstens einigermaßen funktionierender gemeinsamer Markt reichen würde? Wo sollen die Grenzen der Union einmal liegen? Die Antworten darauf sind überfällig. Bundeskanzler Schröder hat nicht unrecht, wenn er als Fazit der Brüsseler Veranstaltung den Eindruck mit nach Berlin nimmt, dass sich Europa bewegt. Das ist immerhin schon etwas. Aber Bewegung ist kein Wert an sich. Man muss auch sagen, in welche Richtung sie führen soll. Und diese Festlegung fehlt leider nach wie vor."

Zur nach Darmstadt führenden Terrorspur schreibt der EXPRESS aus Köln:

"Dass die Bombenleger von Madrid Verbindungen nach Deutschland hatten, ist alarmierend! Böse Erinnerungen werden wach an die Todespiloten des 11. Septembers, die ihre Wahnsinnstat in Hamburg vorbereiten konnten ohne aufzufallen. Nicht ohne Grund rechnen sechs von zehn Deutschen damit, dass die Terroristen bald auch bei uns zuschlagen. Trotz aller berechtigten Sorgen sollten wir aber einen kühlen Kopf bewahren. Wer jetzt nach schärferen Gesetzen schreit, während bei der Polizei immer mehr Stellen gestrichen werden, der ist auf dem Holzweg. Mit Paragrafen ist dem Terror nicht beizukommen, wenn es überall an Personal für die einfachsten Ermittlungsarbeiten fehlt." Die LAUSITZER RUNDSCHAU aus Cottbus stört sich am Verhalten der Union:

"Die Geschichte passt bestens ins hysterische Schema. Nach dem Hamburger Terrornetzwerk um Mohammed Atta, der zu den Selbstmordpiloten des 11. September gehörte, könnte nun auch eine Spur im Zusammenhang mit dem blutigen Anschlag von Madrid nach Deutschland führen. Bewiesen ist das nicht. Im Gegenteil. Die Generalbundesanwaltschaft erteilte allen Mutmaßungen zunächst eine klare Absage. Doch so lange wollte die Union gar nicht erst warten. Der bloße Verdacht genügte, um bei ihren Forderungen nach vermeintlich wirksameren Anti-Terror-Maßnahmen draufzusatteln. Dabei lässt sich leicht ausmalen, dass solche Ideen weder einen Anschlag wie in Madrid noch die Einnistung potenzieller Terroristen in irgendeine deutsche Stadt verhindert hätten."

Die STUTTGARTER NACHRICHTEN fordern dagegen eine schnelle Reaktion des Staats:

"Wir wissen von annähernd 30.000 islamistischen Fundamentalisten, die unter uns - aber doch weit gehend isoliert - leben. Darunter rund 300 Menschen, die zu äußerster Gewalt bereit sind. Wenn es nicht genug Personal gibt, sie rund um die Uhr zu observieren - warum werden diese nichtabgeschoben? Für sie ist bei uns kein Platz. Wer unter konkretem Terrorverdacht steht, wer sich zu Gewalt und Mord im Namen Allahs bekennt, muss ausgewiesen werden.

Diesen harten Kurs befürwortet auch die Berliner WELT:

"Die Bevölkerung hat inzwischen nicht so sehr Furcht vor dem Terror. Sie schaut stirnrunzelnd einem Staat zu, der sich in sich selbst verheddert. Sie nimmt eine Justiz wahr, die Opfer einer seltsamen Überhöhung von Grundsätzen gegenüber der harten, schlechten Realität geworden ist. Sie nimmt eine Politik wahr, die nicht bereit ist zu einer ehrlichen Bestandsaufnahme und die sich scheut, die islamistisch-terroristische Bedrohung als das wahrzunehmen, was sie ist: eine Kriegserklärung."