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Pressestimmen von Samstag, 26. Juni 2004

zusammengestellt von Annamaria Sigrist25. Juni 2004

Ende 35-Stunden Woche/ Konjunkturklima gedämpft/ Stimmung vor dem NATO-Gipfel

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Die Kommentare der deutschen Tageszeitungen befassen sich an diesem Samstag vor allem mit dem Ende der 35-Stunden-Woche beim Siemens-Konzern, mit der schlechten Stimmung in der deutschen Wirtschaft und mit dem bevorstehenden NATO-Gipfel in Istanbul.

Die RHEIN-ZEITUNG aus Koblenz und Mainz schreibt zu den neuen Tarifvereinbarungen bei Siemens:

"Wer die Einigung zwischen IG Metall und Siemens ausschließlich als Aufbruchsignal für längere Arbeitszeiten nutzen will, wird der Tragweite dieses Kompromisses nicht gerecht. Dessen Bedeutung geht nämlich weit darüber hinaus. Die Einigung zeigt zum einen, dass IG-Metall-Chef Peters flexibler ist, als ihm mit der Charakterisierung Betonkopf unterstellt wird. Sie beweist zum anderen, dass Belegschaften und ihre Gewerkschaften bereit sind, zum Erhalt ihrer Arbeitplätze Zugeständnisse zu machen, wenn auch die Unternehmensseite belastbare Zusagen macht. Den Fall Siemens aber jetzt zum Königsweg zu erklären, funktioniert nicht."

Im Bonner GENERAL-ANZEIGER heißt es:

"Es ist nicht zu leugnen: Die 4.000 Siemens-Beschäftigten in Bocholt und Kamp-Lintfort haben schmerzliche Zugeständnisse machen müssen, um 2.000 Arbeitsplätze zu retten. Fünf Wochenstunden Mehrarbeit, aber nicht mehr Geld. Weihnachts- und Urlaubsgeld nur noch als unsichere Bonuszahlung. Im Vergleich dazu kommen die 300.000 Bundesbeamten, die seit dieser Woche wissen, dass sie ab Oktober statt 38,5 Stunden 40 Stunden arbeiten müssen, glimpflich davon. Die Wahl zwischen wahrscheinlicher Arbeitslosigkeit oder Gehaltsverlust dürfte den meisten Betroffenen nicht schwer gefallen sein, auch wenn die Zähne knirschen."

Die RHEIN-NECKAR-ZEITUNG aus Heidelberg widmet sich dem Stimmungstief in der deutschen Wirtschaft.

"Die Stimmung in den Unternehmen ist schlecht. Die Deutschen halten ihr Geld zusammen. Denken sie an die Lage im Land, fühlen viele Bürger vor allem Angst und Unsicherheit. Und das seit Jahren. Das ist verständlich. Schließlich jagt eine Negativmeldung aus Politik und Unternehmen die nächste. Derweil wächst das Heer der Arbeitslosen. Die Firmen bauen reihenweise Stellen ab. Wer kann, verlagert Unternehmensteile ins Ausland. Woher soll der Aufschwung in Deutschland also noch kommen? Es wird Zeit, sich von der Illusion zu verabschieden, dass die deutsche Wirtschaft immer weiter wachsen kann."

Die WESTFALENPOST aus Hagen geht auf den NATO-Gipfel in Istanbul ein, der am Montag beginnt.

"Der Istanbul-Gipfel wird den Geist der Gemeinsamkeit betonen und kleinere Hilfsleistungen für den Irak zusagen. Dem wahlkämpfenden Bush muss diese dürre Solidaritätsadresse genügen. Und den Kriegsgegnern Deutschland und Frankreich bietet sich die Gelegenheit, diplomatisch wieder dabei, militärisch aber noch lange nicht mittendrin zu sein. Zur Selbstvergewisserung der Nato wird eine solche Politik der Gesten kaum beitragen. Dabei hat der Irak-Krieg die Allianz auch operativ geschwächt."

Auch die STUTTGARTER ZEITUNG beschäftigt sich mit der NATO:

"Wenn Washington den Antiterrorkampf weiterhin mit Präventivschlägen führen will, dann wird die Nato immer überflüssiger. Das wäre schon deshalb schade, weil es zu wenige transatlantische Klammern gibt. Zwar bildet inzwischen die enge ökonomische Verflechtung zwischen Europa und Amerika eine gute Grundlage für die Zukunft. Aber auch die Entfremdung zwischen Europa und Bushs Amerika ist gewachsen. Wenn die westliche Vormacht das Bündnis nur noch als lästiges Anhängsel ansieht, aus dem sie sich nach Belieben Bündnispartner für einzelne Aktionen heraussucht, dann zerfällt die Allianz. Wenn sich aber die Staaten des Westens aufmachen sollten, zusammen ein politisches, ökonomisches und militärisches Konzept für den Kampf gegen den Terror zu entwickeln, dann hätte das Bündnis wieder einen Sinn."